Das Zwillingspärchen Nr.1 der deutschen Festivalszene lockte 130.000 Menschen zu den Bühnen, wo Altmeister wie Metallica und Morissey zusammen mit Frischlingen wie Dir en grey und Bullet for my valentine spielten, umspült von Deutschrockwellensurfern wie Sportfreunde Stiller oder Tomte. regioactive.de hatte sich unter die Massen zu Rock im Park gemischt.

18 visions eröffnen den Musik-Marathon am Freitag den 2.6. um 12.20 auf der Alternastage, vor mehreren Hundert Hardcore-Fans, deren Müdigkeit am (für Rocker!) frühen Tag ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben steht. Dass Rock im Park nicht nur Rock ist, wird direkt im Anschluss bewiesen. Nach seiner Echo-Auszeichnung als „Bester Live-Act“ darf der ehemalige Aggro-Rapper Bushido auf diesem Festival der Superlative nicht fehlen, dachte sich wohl Veranstalter Marek Lieberberg.

Das Publikum sah das etwas anders: Aus erster Verwunderung, was denn ein Rapper auf einem Rock-Festival zu suchen habe, wird schließlich fokussierte Ablehnung. Hunderte rufen (noch vor Bushidos Eintreffen auf der Bühne) „ Wir wollen keine Hip Hop-Schweine“. Unbeirrt legt Bushido dennoch mit seiner Live Combo unter „Einsatz seines Lebens“ los. Flaschen, Becher und alles was sonst noch greifbar ist, fliegen auf die Bühne. Mit gekonnten Ausfallschritten weicht Bushido den Wurfgeschossen aus – kommt es bei seinen Shows öfter zu derartigen Attacken? Sein Kumpel SAAD muss dagegen einiges einstecken und die Show bierdurchnässt durchziehen. In seiner Presseinfo ist zu lesen: „Ein Mann, zwei Meinungen. Bushido wird vergöttert oder verachtet, dazwischen gibt es nichts“.

Der Berliner gibt sich gelassen und kontert mit der Frage, ob es denn auf die Becher Pfand gäbe, das er zusätzlich zu seiner Gage kassieren könne. Seine Enttäuschung über die negative Resonanz ist ihm dennoch anzumerken: „Ey Alta, ich dachte die Rocker wären korrekte Leute“. Er ist trotz allem Vollprofi genug um seine Show bis zum Ende durchzuziehen und seine Drohung: „Ey Alta, wenn ihr so scheiße seid, dann überzieh ich einfach, mir scheiß egal“ nicht wahr werden zu lassen.

Mit seinen Anspielungen auf die niedrigen Temperaturen und die teilweise sehr widrigen Camping- Bedingungen macht Bushido sich ebenfalls keine Freunde im Publikum. Vielmehr erntet er als Reaktion für diese Aussage und Witze über den allgemeinen Alkoholpegel („ Es ist schon halb 8 Uhr Abends und ihr seid noch fit, obwohl ihr schon seit drei Tagen am Saufen seid, ich respektiere das wirklich“) entblößte Hinterteile und tausende Rockfans, die den Rücken zur Bühne kehren und die Mittelfinger in die Luft strecken.

Aus dem Song „nie ein Rapper“ wird kurzerhand „nie ein Rocker“... Zwei Männer sind schließlich nötig um die fast 200 Becher von der Bühne abzutransportieren, obwohl schon während der Show Putzteams auf der Bühne unterwegs sind. Bushido zieht seine persönliche Konsequenz und sagt den Gig bei Rock am Ring am nächsten Tag ab.

Back to the Festival roots geht mit den italienischen Gothic Metallern Lacuna Coil. Sie zeigen eine ordentliche Show, deren Sound allerdings deutlich unausgewogen und zu basslastig erscheint. Zeitgemäße Korn-verwandte Gitarren paaren sich mit klassischen Gothic-Einflüssen und großartigen Songs. Betörend ist zudem das dramatische Wechselspiel der engelsgleichen Stimme Cristinas und dem diabolischen Gegröle ihres Gesangspartner Andrea Ferro. In den USA verkauften Lacuna Coil als erste italienische Rockband über 300.000 Tonträger und auch ihr frischgepresstes Album Karmacode (April 2006) geht weg wie warme Semmeln.

Heiß geht es auf der Alternastage mit den In Flames weiter – der Name ist Programm: ein gigantischer Bühnenaufbau, Explosionen und Pyroeffekte. Mit „the quiet place“ legen die Schweden gleich mächtig los. Sänger Anders Fridén überzeugt live nicht ganz und klingt auf den Silberlingen zweifelsohne böser. Über seinen modischen Geschmack lässt sich auch streiten: Zu weißem Hemd und roter Krawatte trägt Anders rot/schwarz gestreifte Kniestrümpfe zu am Knie geknüpften Bundhosen. Den gesanglichen „Defizit“ machen die beinharten Gitarrenbretter und die überzeugende Bühnenshow wett.

Das Publikum ist restlos begeistert und bescheinigt den In Flames den besten Auftritt des Festivals. Lange Jahre spielten In Flames stilbildend für die gesamte Göteborger Szene äußerst schnellen, melodischen Death Metal mit vielen Tempowechseln, der sich hauptsächlich auf schwere und melodische Bass-Riffs und aggressive Drums stützt. Der Gesang stellte eine komplexe Mischung Growls und „cleanen“ Vocals dar. Die neueren Songs sind einfacher strukturiert - melodisches, eingängiges Riffing - und der Gesang rau aber clean. „You wanna hear some hits? – cause this is the only thing we got”.

Die Kultband Bloodhound Gang sorgt nicht nur für jede Menge Spaß auf der Bühne und im Publikum, sondern macht ganz nebenbei noch richtig gute Musik. The Bloodhound Gang scheißen auf alles. Ihr Motto, lässt sich am besten mit „Das Leben macht zwar keinen Sinn, aber wir mögen es so“ zusammenfassen. Die Fünf aus Philadelphia verkörpern das Gegenteil von political correctness und prügeln alle kulturellen Wert ins Abseits: dreckig, gemein und abartig, asozial, ignorant, schweinisch, fies und ekelhaft.

Sänger Jimmy Pop kehrt mit „enjoy the silence“ zu den Bandwurzeln (Depeche Mode Coverband) zurück, begleitet vom frenetisch mitgrölenden Publikum. Bassist Evil Jared Hasselhoff fährt ihm mit den Worten „no, Jimmy Pop, Depeche Mode ist schwul, wenn du weitermachst pisse ich dir in dein fucking face“ in die Parade. Gesagt, getan. Zwei Songs und eine Flasche Jägermeister durch den Bierbong später stimmt Mr. Pop dasselbe Lied an, während der Basser sein Gemächt entblößt und Wasser lässt. Obwohl die Stagehands sofort mit Handtüchern zu Hilfe eilen, bleibt Jimmy Pop gelassen und legt kräftig mit der „Ballad of Chasey Lain“ los.

Seiner Wut lässt er lieber an Adam Perrys Schlagzeug aus, das er auf der Bühne herumwirft. Nicht verwunderlich, denn im Streit hätte er gegen den Hünen Hasselhoff sowieso keine Chance. Dieser hat ohnehin vielmehr damit zu tun sich die Kleider vom Leib zu reißen, sich mit den Stoffresten seines Unterhemdes sämtlichen Schweißes aus ALLEN Körperspalten zu entledigen und dieses ins Publikum zu werfen. Die Texte der Bloodhound Gang kennt das Publikum, bei der deutschen Nationalhymne, die Jimmy Pop auf einer Kindertröte anstimmt, sieht’s erwartungsgemäß schlecht aus. Freude an Trash - das ist doch was Schönes!

Diese Marschrichtung wird auf der Alternastage beibehalten: Ein verrückter Wikinger, ein Matrose, ein Wehrmacht-Offizier, ein Soldat mit Stahlhelm, Ape Lincolns Klon und ein Jeansmännchen. Nein nicht Village People, sondern Turbonegro sind hier am Werk. „Die Kids von heute lassen sich nicht mehr durch das Abbeißen von Fledermausköpfen beeindrucken. Die Hard-Rock-Szene lässt sich nicht mehr provozieren, das einzige, wovor Rocker wirklich Angst haben, sind homosexuelle Männer die laute Musik spielen.“ nehmen Turbonegro Stellung zu ihrem Kleidungsstil. Gründungsmitglied Thomas Seltzer formulierte den Namen wie folgt: „Ein Turboneger ist ein großer, gut bestückter, bewaffneter männlicher Schwarzer in einem schnellen Auto. Wir sind seine Propheten“.

Unglaublich, wie sich die Turbonegro-Fanbase in Deutschland ausgebreitet hat. Tausende Kutten mit der Aufschrift „Turbojugend“ laufen durch die Nacht und antworten auf die Frage „Haben wir Freunde hier?“ mit der gegrölten Antwort „ooohohooh, I got erection“. 1700 Turbojugenden sind weltweit organisiert. Dementsprechend gut ist die Resonanz beim Turbo-Publikum, das sich zur Feier der Death Punks noch nicht komplett ins Koma gesoffen hat. Mitgegröle bei jedem Song unter wildem Umherschwingen von Hanks Spazierstocks lassen den Abend lautstark ausklingen.

Am nächsten Morgen, wenn man morgen als die Zeit nach dem Aufstehen definiert, legen Stone Sour sich auf der Centerstage bei fast schon sommerlichen Temperaturen mächtig ins Zeug. Die Kombo um Slipknot-Sänger Corey Taylor präsentiert alte Songs und promotet ihr neues Album „Come What(ever) May“, das erfreulicherweise früher als geplant am 28. Juli erscheint. Corey zeigte sich mal von seiner gepflegten Seite in sauberen Jeans, Jacket, gewaschenen und geföhnten Haaren, aber mit der kraftvollen Stimme, die man von ihm gewohnt ist.

Die Umbaupausen vertreiben sich die Fans mit allerlei Saufspielen oder damit Becks, den beliebtesten Mann des Festivals, zu ärgern: Becks, das sind die netten Jungs, die immer freundlich im grünen Anzug mit einem riesigen Rucksack und einem langen Fähnchen Bier mit einer Spritzpistole unters Volk bringt.

10 Jahre nach ihrer Trennung spielen Alice in Chains wieder live. 1992 im Kielwasser der aufkommenden Grunge-Welle gelang ihnen mit dem Album "Dirt" der Durchbruch. Am 5. April 2002 starb Sänger Layne Staley an einer Überdosis Heroin und Kokain. 2006 geht Alice in Chains mit Sänger William DuVall wieder auf Tour. Erstaunlicherweise haben die vier Musiker aus der Grunge-Hochburg Seattle durch den Verlust nur wenig an Sound eingebüßt. Rockstarmäßige Rüpeleien gehören natürlich zum harten Stagealltag - Gitarrist Jerry Cantrell bringt direkt die Marshall Wand mit Fußtritten zum Einsturz. Wie gut, dass man Stagehands hat, die alles wieder aufbauen.

Am späten Nachmittag wird es noch mal richtig hart. Die japanischen Superstars Dir en grey sind mit fünftem Album auf Deutschland-Tour und auf der Bühne – Visual Kei - der Sound der ersten Stunde.

„Das erstaunlichste, begeisterndste und bizarrste Rock´n´Roll-Konzert der Saison“, schwärmt die BZ“. Der Sänger präsentiert sich total durchgeknallt: Mal zuckersüß singend, im nächsten Moment schreiend wie ein abgestochenes Meerschweinchen rennt er über die Bühne oder windet sich unter Schmerzen. Schließlich noch eine „Hommage“ an den frühen Iggy Pop als er sich die Brust aufschneidet und sein Blut auf seinem nackten Oberkörper und der ganzen Bühne verteilt.

Eher lächerlich wird es jedoch als er sich einen Eimer mit gekühlten Getränken über den Kopf stülpt und den weiteren Teil des Songs „im Eimer“ performt. Naja, vielleicht sieht man das im Fernen Osten anders, aber das Publikum schwankt merklich zwischen Jubeln und Kopfschütteln. Auch die Musik ist für europäische Ohren sehr gewöhnungsbedürftig, geht aber in Richtung Metal und ist deutlich westlicher geprägt als die anderer J-Rock Bands.

Korn, die Könige des NU Metal zeigen, dass sie diesen Namen mit Recht tragen. Die vier Kalifornier, die seit 2005 ohne den zweiten Gitarristen Brian Welch auskommen, haben sich für ihre Performance Verstärkung in Form einer Background-Sängerin, einem Percussionist, Sampler und Keyboarder, sowie einem 2. Gitarristen geholt.

Verkleidet wie die Figuren, die auf dem Cover des aktuellen Albums „see you on the other side“ zu sehen sind, rocken sie im Bühnenhintergrund und lassen den Korn-Sound noch gewaltiger klingen. Sänger Jonathan Davis, der passionierte Sammler von Massenmörder-Memorabilien und Pornofilmen, präsentiert sich von seiner allerbesten Seite: Keine Spur von Depression oder Alkoholismus und in deutlich besserer körperlicher Verfassung als noch letztes Jahr bei Rock am See. Eigentlich von der Klassik kommend, deckt er ein breites stimmliches Spektrum vom affektierten Chorknaben über bizarre Stimmexperimente bis hin zu emotional aufgeladenem Keifen, Winseln und Brüllen ab und malträtiert zwischendurch einen Dudelsack.

Bass-Virtuose Arvizus Slap-Bassspiel überzeugt auf ganzer Linie und lässt einige Knie weich werden. Die düsteren, zynischen und expliziten Lyrics bringen das Publikum zum Ausrasten. Es scheint, als ob viele nur gekommen sind, um Korn live bewundern zu dürfen. Dutzende werden von den Security aus der tobenden Menge herausgezogen oder brechen zusammen, weil sie dem gewaltigen Druck nicht standhalten. Mit der überwältigenden Zahl der Crowdsurfer kommt das Sicherheitspersonal schließlich nicht mehr zurecht, sodass einige in den Graben vor dem Wellenbrecher fallen und der Boden desselben schon nach kurzer Zeit tatsächlich blutgetränkt ist.

Nach vier Jahren live-Abstinenz präsentieren sich Tool mit ihrem neuen Album „10.000 days“ der Öffentlichkeit wieder in gewohnt mystischem Ambiente. Einen gigantischen logistischen Aufwand betreiben die fünf Progressive Rocker mit Unmengen an Movingheads und Videowänden. Enttäuschend sind dann allerdings die Animationen, die leider sehr an eine Visualisierung des Windows Media Player erinnern ... Das konntet ihr schon mal besser.

Der Sound ist gewaltig und fast noch besser als auf CD. Ungewöhnlich locker gibt sich Sänger Maynard James Keenan, der sich während des Konzerts sogar bewegt und rhythmisch zur Musik - wie die Figuren in den Toolvideos - „tanzt“. Bislang war man auf Konzerten eher gewohnt, dass die gesamte Band fast regungslos auf der Bühne steht und Musik und Licht wirken lässt.

Sonntagmorgen, dritter Tag des Musik Marathons: Bewundernswert, wer diesen Morgen ohne üblen Kater - oder besser gesagt Tiger – übersteht und sich aus seinem 0815 Iglu oder seinem High-End-Planengebäude samt Fernseher, Kühltruhe und Generator quält. Glücklich diejenigen, die im Vollrausch eine geruhsame Nacht verbracht haben, denn unter den Betrunkenen, die ständig ins Zelt fallen oder sich auch einfach zu dir legen und den ewig munteren Helga- Suchtrupps fällt es doch sehr schwer einigermaßen nüchternein Auge zuzumachen.

Kein Wunder also, dass die Konzerte am frühen Mittag noch nicht besonders stark frequentiert sind.  Um kurz nach vier haben sich dann dennoch die Meisten aus ihren Schlafsäcken gequält um die Metal-Frischlinge von Bullet for my valentine zu hören. Ihrem Ruf als „live- Säue“ werden die vier Jungs aus Wales absolut gerecht. Die Gitarrenriffs klingen noch fetter als auf Platte und der Gesang und das metalcore-typische Gekreische gehen durch Mark und Bein. Sänger Matthew ist der Stolz förmlich ins Gesicht geschrieben auf derselben Bühne zu rocken, auf der später die großen Vorbilder der Band – Metallica – spielen werden.

Trotz der mehrtägigen Strapazen, die die Festivalbesucher hinter sich haben, wird ordentlich gebangt und gemosht, obwohl man sich doch eigentlich schonen sollte, denn der dritte Festivaltag hat noch eine ganze Menge zu bieten. Strahlender Sonnenschein und nur ein paar kleinere Wölkchen am Himmel lassen einige Damen etwas Haut zeigen und auch die harten Metaller im Kilt krempeln ihre Kniestrümpfe etwas weiter runter.

Zur selben Zeit geht es auf der Alternastage etwas ruhiger zu. Bis vor drei Jahren war Tomte nur den Fans der „Hamburger Schule“ ein Begriff. Doch seit dem 2003er Album „Hinter all diesen Fenstern“ und spätestens seit ihrer aktuellen Platte „Buchstaben über der Stadt“ sind die Jungs um Thees Uhlmann in aller Munde.

Natürlich fährt die Band auf dem Zug des momentanen Deutschrockbooms mit, jedoch ohne sich anzubiedern und ihren Stil zu verwässern. Tomte sind ganz natürlich geblieben und wirken nicht halb so arrogant wie Tocotronic – das ist bei Rock im Park deutlich zu sehen. Die fünf Jungs suchen den Kontakt zum Publikum und freuen sich vor allem über die kleinen Dinge im Leben: Thees Uhlmann hat die Muße minutenlang von einem Entenpaar zu erzählen, das ihn bei seinem morgendlichen Freibadbesuch durch die Zuneigung zueinander so glücklich stimmte.

Für andere vielleicht eine Lappalie, für ihn jedoch etwas ganz besonderes – und das spüren auch die Besucher von Rock im Park. Nach diesem Konzert hat sicher niemand mehr schlechte Laune, oder wie Thees Uhlmann im letzten Lied singt: "Die Schönheit der Chance, dass wir unser Leben lieben, so schwer es auch ist."

Deutlich merkt man, dass bei einigen am dritten Tag die Luft etwas raus ist und auch ein für einen Festival-Marathon intensives körperliches und mentales Training im Vorfeld nötig ist. Vereinzelt schaut man sich einige interessante Konzerte an, spart aber seine Kräfte…. Für wen wohl ?

Wer würde denn würdiger als Metallica den 10. Geburtstag von Rock im Park und das 20jährige Bestehen von Rock am Ring feiern, denn schließlich haben die Rockdinosaurier ja auch ein Jubiläum zu feiern: 20 Jahre Master of Puppets! Die erfolgreichste Heavy Metal-Band aller Zeiten zelebriert den Geburtstag ihres Albums indem sie völlig überraschend die gesamte Platte spielen. Beinah zweieinhalb Stunden rocken die amerikanischen Superstars für zigtausende ekstatische Besucher der Centerstage.

Als ob die Bühne und der Technikaufwand nicht schon gigantisch genug wären. Metallica muss noch einen drauf setzen! Zu den je 28 qm Videoscreens rechts und links der Bühne kommen noch einmal ca. 100 qm im Rücken der Band. Unzählige zusätzliche Movingheads, ein riesiger Bühnenaufgang samt Galerie,  und unzählige Mikrofone, sodass James Hetfield und Co nahezu überall singen können, bilden eine eindrucksvolle Kulisse für den größten Auftritt des Festivals.

Ob "Wherever I May Roam" oder “Sad But True“ - nahezu jeder Song wird von der Masse mitgesungen. Der Sound ist gigantisch. Noch am anderen Ende der Festivalwiese spürt man den Bass vibrieren und fühlt die geballte Kraft der 50.000 Watt. Plötzlich wird alles still. Es ertönen die ersten Akkorde von „Nothing Else Matters“. Sofort gehen die Arme in die Höhe, Feuerzeuge leuchten, viele, vor allem weibliche Fans sind den Tränen nahe. Eine unglaubliche, wunderschöne Stimmung.

Den furiosen Abschluss bilden „One“ und „Enter Sandman“ begeleitet von Feuerwerk, ungeheueren Flammen und dem Gesang von 50.000 Zuschauern. Es folgen minutenlange Beifallsstürme.

Am anderen Ende der Wiese geht es unterdessen bereits weiter. Der britischen Acid-Jazz-Band Jamiroquai um Bandleader Jason „Jay“ Kay kommt die Ehre zu als letzter Mainact das dreitägige Rockspektakel zu beenden. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, was kurz zuvor Metallica dem Park geboten hatten.

Davon unbeeindruckt stürmt Jay als spaciger Indianerhäuptling auf die Bühne, wo ihn schon seine Band nach einem minutenlangen Intro erwartet.

Mit mitreißenden funkigen Beats und rockigem Low Fi-Sound der aktuellen Platte "Dynamite" sowie den großen Hits der 14 jährigen Bandgeschichte heizt Jamiroquai den Besuchern der Alternastage noch mal richtig ein. Eine Show voller Lichteffekte und Jay Kays abnormen Tanzeinlagen, bei denen selbst Michael Jackson ins Staunen gekommen wäre, runden den gelungen Auftritt ab. Doch nicht nur der Bandleader tanzt wie ein Berserker, auch die Audience kann bei Songs wie "Deeper Underground", “Space Cowboy“ oder “Cosmic Girl“ kaum still halten und bewegt sich fast so funky wie Jay Kay selbst.

Es mag vielleicht an dem, das ganze Festivalgelände ständig vernebelnden Grasgeruch oder an den Unmengen von Alkohol liegen, auf alle Fälle scheint dem Publikum der herbe Stilwechsel zwischen Metallica und Jamiroquai wenig auszumachen. Ganz im Gegenteil: Selten hat man an diesem Festival die Zuschauer so entspannt, fröhlich und zufrieden gesehen und selbst einige grimmig schauende langhaarige Gesellen wippen anerkennend mit ihren Köpfen Alles in allem, ein würdiges Ende für ein geniales Festival.

Einige der Besucher brechen noch in derselben Nacht ihre Zelte ab, andere werden bis zum nächsten Mittag ihr Lager geräumt haben. Das Ausmaß der Verwüstung, dass 50.000 junge Menschen hinterlassen ist kaum vorzustellen, aber schließlich haben die zahlreichen Helfer ja ein Jahr lang Zeit den Park für nächstes Jahr herzurichten.