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Auf der Zielgeraden?

Europäische Staaten beschließen vorläufige Version der Urheberrechtsreform im Trilog

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 14.02.2019

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Europäische Staaten beschließen vorläufige Version der Urheberrechtsreform im Trilog

Das europäische Parlament in Brüssel. © Patrick Berger

Parlament, Rat und Kommission der Europäischen Union haben im Trilog eine vorläufige Version der umstrittenen europäischen Urheberrechtsreform verabschiedet.

Die rumänische Ratspräsidentschaft bestätigte, dass man sich am Abend des 13. Februar 2019 mit dem europäischen Parlament auf einen vorläufigen Entwurf einer Urheberrechtsreform für den digitalen Binnenmarkt der Europäischen Union geeinigt habe.

Ein aktuelles Urheberrecht

Vorausgegangen war diesem Erfolg in den Trilogverhandlungen ein Kompromiss zwischen Frankreich und Deutschland, ohne den die Entscheidung über die Urheberrechtsreform vorerst hätte vertagt werden müssen. Durch die erreichte Einigung könnte die Richtlinie nun sogar noch vor den Europawahlen im Mai durchgesetzt werden. 

Der Reformentwurf bemüht sich um ein Urheberrecht, das auf die durch zahlreiche aktuelle Entwicklungen im digitalen Bereich hervorgerufenen, veränderten Realitäten des europäischen Binnenmarktes reagieren soll. 

Immer wieder Artikel 13

Zentral für die Reform ist u.a. Artikel 13, auch gerne unter dem Schlagwort "Uploadfilter" zusammengefasst. Der Artikel betrifft Plattformen, die ihren Nutzern das Posten von user-generated content ermöglichen – darunter fallen u.a. YouTube oder Facebook.

Solche Plattformen müssten laut Artikel 13 in Zukunft sicherstellen, dass ausschließlich solche Inhalte veröffentlich werden, für die die Plattform die betreffenden Lizenzen eingeholt hat. So soll sichergestellt werden, dass Kreative angemessen für ihre Werke entlohnt werden

Für und wider

Der Artikel ist einer der am heftigsten diskutierten Punkte der Urheberrechtsreform. Organisationen wie etwa der Deutsche Musikrat (DMR) begrüßen die darin vorgeschriebenen Regulierungen. So hält der Generalsekretär des DMR, Christian Höppner, fest

"Der Schutz der Urheberrinnen und Urheber und die faire Vergütung kreativer Leistungen sind existenziell für den Fortbestand kultureller Vielfalt im Netz. Eine europaweite Richtlinie ist eine längst überfällige Notwendigkeit, die nicht durch die Diskussion über einzelne Aspekte in Gefahr gebracht werden darf. Es bleibt zu hoffen, dass in den wieder aufgenommenen Trilog-Verhandlungen bald eine verbindliche Rechtslage im Sinne der Kreativschaffenden beschlossen wird."

Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) hingegen kritisiert in einem offenen Brief die Reform – obwohl sie diese ursprünglich unterstützt hatte. Der Verband befürchtet, dass der Entwurf in seiner jetzigen Form den Kreativen in der EU schaden wird.

Praxisferne Vorschriften

Kritisiert wird vor allem die praktische Umsetzbarkeit von Artikel 13. Zwar lässt die Urheberrechtsreform offen, wie die korrekte Lizenzierung sichergestellt werden soll – realistisch wäre diese allerdings wohl nur mit Uploadfiltern möglich. Diese würden die hochgeladenen Inhalte vor der Veröffentlichung scannen, um festzustellen, ob diese auch geposted werden dürfen.

Uploadfilter sind jedoch noch immer äußerst fehleranfällig, können (legale) Memes, Remixe oder Parodien u.U. nicht von den "verbotenen" Originalen unterscheiden, und gerade für kleinere Plattformen tendenziell unerschwinglich sein. 

Eine alternative Möglichkeit wäre, dass sich die Plattformen alle relevanten Lizenzen sichern. Dies wäre für kleinere Unternehmen eine finanzielle Unmöglichkeit – und selbst für finanziell starke Dienste wie etwa YouTube wohl ein hoffnungsloser organisatorischer Aufwand. 

Auch Artikel 11 steht in der Kritik

Artikel 11 der Urheberrechtsreform regelt das sogenannte Leistungsschutzrecht und soll Verlage gegenüber digitalen Plattformen wie z.B. Google News stärken. Diese verwenden Zeitungsheadlines und -anleser in ihrem Angebot, um damit auf Nachrichtenartikel zu linken, ohne jedoch dafür zu zahlen. Mit Artikel 11 soll sich diese Praxis ändern. 

Während große Verlagshäuser Artikel 11 unterstützen und vorantreiben, wird er insbesondere von kleineren Verlagen und Publikationen kritisiert. Diese sind auf Content-Aggregatoren angewiesen, um die notwendige Reichweite für ihre Medien zu erhalten.

Nächste Schritte

Die aktuelle Kompromisslösung der Urheberrechtsreform sieht bezüglich des Leistungsschutzrechtes vor, dass Nachrichten-Suchmaschinen zukünftig weiterhin Hyperlinks, einzelne Worte oder sehr kurze Textausschnitte anzeigen dürfen. Die Verwendung von Überschriften oder ganzen Sätzen ist jedoch verboten. Inwieweit sich eine solche Regelung als hilfreich oder gar praxisnah erweisen wird, ist jedoch fraglich.

Der nächste Schritt im Abstimmungsverfahren zur Urheberrechtsreform wird es sein, den Mitgliedsstaaten des Parlaments den Entwurf zur Bestätigung vorzulegen. Danach muss der vorläufige Text zuerst von den jeweiligen Gremien des Rates und des Parlaments angenommen werden, bevor er dann von beiden Institutionen formal verabschiedet wird.

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