Silbermond veröffentlichen am 23. März ihr viertes Studioalbum "Himmel Auf".

Silbermond veröffentlichen am 23. März ihr viertes Studioalbum "Himmel Auf". © BB Promotion

Für Silbermond ging's im letzten Jahr buchstäblich Schlag auf Schlag. Nachdem letztes Jahr die erste eigene Clubtour lief, wurde das Zwischenstadium quasi übersprungen, an diesem Abend in Ludwigshafen spielten die Vier aus Bautzen vor über 4000 Zuschauern. regioactive.de plauderte mit Gitarrist Thomas Stolle, dieweil Sängerin Stefanie Kloß nach einer Gehirnerschütterung in der letzten Woche mediale Ruhepause hatte.

Vor jedem Silbermond-Gig spielt außer der regulären Vor-Band ein lokaler Act (in dem Fall Soma, sodass Redaktionsmitglied und Soma-Basser Dirk Geibel quasi frei hat), eine sympathische Geste, die natürlich auch immer ein kleines Mehr an Publikum zieht. Dementsprechend ist die Atmosphäre im Backstage-Bereich locker, Thomas Stolle macht einen entspannten, freundlichen und professionellen Eindruck. Interviews sind wohl mittlerweile Alltag für ihn.

ra: regioactive.de ist ein Online Portal, das sehr stark in den sogenannten Newcomer-Bereich involviert ist. In gewisser Weise seid ihr auch noch Newcomer, obwohl wenn ihr solche Hallen vollspielt.

{image}Thomas: In gewisser Weise schon. Im letzten Jahr ist es ja völligst abgegangen, für uns in der Form völlig unerwartet. Wir waren erst mal froh ein Platte aufnehmen zu können. Es ist ja heutzutage unheimlich schwer von Musik leben zu können und das war uns auch bewusst. Vor 2 ½ Jahren waren wir an der Stelle, an der es für viele Bands oft aufhört: Wir waren fertig mit Schule oder Zivildienst und damit standen wir vor der Frage, ob wir studieren oder versuchen alles auf eine Karte zu setzen und als selbstständige Musiker unser Leben zu bestreiten. Und für diesen Weg haben wir uns entschieden, wir haben unser letztes Geld zusammengekratzt und gewusst, dass es für das nächste Jahr in jedem Fall reicht und wir jetzt alles geben müssen. Wenn's nicht geklappt hätte, hätten wir ja auch immer noch studieren können. Ja, dann haben wir eine Plattenfirma gefunden mit der wir gut zusammen arbeiten können, die unsere Philosophie verstehen und dann ging es eben ab.

ra: Wisst ihr nach so einem Jahr überhaupt noch wo euch der Kopf steht?

Thomas: Ja schon, absolut, wir sind da total gefasst. Man muss sich bewusst machen, dass dieser .... Hype – blödes Wort – aber ja, dieser Hype für deutsche Musik in ein paar Monaten vorbei sein kann. Auf der anderen Seite muss man auch die ganzen Sachen jetzt einfach mitnehmen und genießen. Für einen Musiker ist es das größte auf Tour zu gehen, es ist ein Gefühl, das fast nicht mehr zu toppen ist.

ra: Das ist jetzt eure zweite eigene Tour?

{image}Thomas: Ja, die erste war vor einem halben Jahr. Das war ein Traum. Wir haben uns gefreut wie kleine Kinder als der Nightliner zum ersten Mal auf den Hof fuhr. Wir sind um ihn herum getanzt wie Indianer. Wir haben zu Hause angefangen und waren dann im Logo in Hamburg: Ausverkauft. Vorher dachten wir: Wer soll denn, um Gottes Willen, in Hamburg auf unser Konzert gehen?

ra: Das war clubmäßig so die Größenordnung um die 300 Zuschauer? Damals wart ihr hier in der Gegend auch im Cafe Central, die ja das Konzert heute Abend auch veranstalten?

Thomas: Ja, genau. Wir hätten vielleicht auch schon größere Sachen spielen können aber die Club Tour war uns eben wichtig. Das war einfach Wahnsinn, das waren ja sozusagen historische Clubs und eine geile Zeit. Man steht ja so ein bisschen mittendrin: Einerseits die Intimität kleinerer Hallen, andererseits möchte man nicht, dass Leute draußen vor dem ausverkauften Club stehen und gern das Konzert sehen würden. Aber das wird heute sicherlich auch ein schönes Konzert werden.

ra: Gab es einen Punkt von dem du sagen würdest: Ab da ging's los, ab da wurde alles anders?

{image}Thomas: Schwer zu sagen. Das war wohl die zweite Single. Plötzlich lief die im Radio und die Leute auf den Konzerten haben angefangen mitzusingen. Ganz schnell stehst auf einem Festival vor 35 000 Leuten und die singen die ganze Platte mit. Da denkt man nur noch: Was geht jetzt eigentlich ab? Das Album stieg auf Platz fünf ein! Das ist Wahnsinn. Wir haben eine halbe Million Platten verkauft. Das kann man sich kaum vorstellen.
Der glücklichste Umstand für uns war, dass wir uns überhaupt getroffen haben. Und das in einer kleinen Stadt (Anm.d. Red.: Bautzen). Wir haben alle am gleichen Strang gezogen, das passiert nicht vielen Musikern.

ra: Die Entscheidung nach Abi und Zivildienst alles auf ein Karte zu setzen ...

Thomas: Ja, klar. Wir waren zu dem Zeitpunkt völlig frei und haben den richtigen Entschluss gefasst. Wir haben überlegt, was wir nun machen würden, uns dabei immer im Kreis gedreht und sind jedes Mal bei der Musik gelandet.

ra: Dann kamen kleine Clubs und die Siege bei verschiedenen Wettbewerben?

Thomas: Ja, wir haben in Clubs oder Cafes gespielt, dort saß zufällig jemand, dem's gefiel und der wieder ein anderes Konzert veranstalten wollte und so ging das seinen Lauf. Es wurde Schritt für Schritt größer. Wir lernten unseren Produzenten kennen, haben Sachen aufgenommen und an Plattenfirmen verschickt. Die waren zwar interessiert, und haben uns auch auf ein Show Case in Berlin eingeladen, sagten aber: Ja, ihr seid toll, aber der Name ist nicht gut, ihr braucht einen Keyboarder, eure Songs sind nicht radiotauglich etc. Aber an solchen Sachen wie dem Namen hängt eben viel, das gibt man nicht einfach auf nur weil irgendwer sagt, es sei nicht gut. Da dachten wir eben: Gut, sucht euch eine andere Band.
Wir hatten dann kurz darauf ein Konzert in Bautzen, was letztlich ein kleines Nest mit 45 000 Einwohnern ist auf dem jemand von der BMG aus München war. Die Dame kommt ursprünglich aus Bautzen, ihr Job bei der BMG ist eigentlich ein ganz anderer, und sie saß da, quasi im Urlaub, zufällig auf der Bierbank. Danach sprach sie uns an, wir waren noch von dieser Plattenfirmen-Geschichte genervt, und Ulf, unser Manager gab ihr dann unser Promo-Paket mit. Sie hat das dann in München jemanden von der musikalischen Abteilung gegeben. Nach zwei Wochen rief uns dann jemand an und kam daraufhin zu einem Auftritt bei uns in der Gegend, was ja von München aus kein Katzensprung ist. Er war danach mit uns trinken, wollte wissen, was für Menschen wir sind, da hat einfach gleich die Chemie gestimmt. Er wollte uns verstehen, sogar unsere Eltern kennen lernen, eben unsere Philosophie verstehen. Irgendwann hat er uns einen Vertrag angeboten und dann ging alles ziemlich schnell. Es war eine andere Erfahrung, man lernt ja echt Leute von Plattenfirmen kennen, die nicht mal wissen was ein Gitarrenamp ist, wo man denkt: Hallo, was suchst du bei ner Plattenfirma?

ra: Eure Platte habt ihr mit der BMG gemacht. Kam der Produzent von denen oder wie lief das?

{image}Thomas: Nein. Wir konnten das mit unserem Team, mit dem wir schon in Berlin aufgenommen hatten, machen. Als Band musst du natürlich spielen können aber dann brauchst du auch Leute, die dir gewisse Sachen abnehmen. Musikern sagt man ja nach, dass sie etwas unorganisiert seien und bei mir persönlich trifft das auch zu. Das alles ging auch Step by Step, jemand hat sich ums Booking gekümmert, nach und nach kamen Leute dazu, wir sind da mittlerweile wie eine kleine Familie.

ra: Das heißt, ihr konntet die Platte aufnehmen und das wurde dann abgenickt? Diese Freiheit hat man bei seinem Debüt bei einer großen Firma nicht unbedingt ...

Thomas: Es ist eben nicht so, dass man gegen einander arbeitet und wir etwas aufgesetzt bekommen. Letzten Ende müssen wir es vertreten und die Leute von BMG mit denen wir zu tun haben, arbeiten mit uns zusammen.

ra: Das sind gute Vorraussetzungen um den Hype zu überleben. Du hast's ja schon angesprochen, es ist eigentlich schon so, dass ihr gar nicht mehr viel größer werden könntet. Ihr müsst jetzt sehen, dass ihr da bleibt. Und in Punkto deutschsprachige Popmusik wart ihr zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Thomas: Uns ist klar, dass wir die nächste Tour vielleicht "nur" vor 1000 statt 4500 Leuten spielen. Aber wenn du als Band so gewachsen bist, dann kommst du damit klar, und der Erfolg schmeckt um so besser. Und sicher, es gehört auch Glück dazu. Als wir angefangen haben Musik zu machen und zu hören gab es kaum deutschsprachige Musik im Radio, das ist jetzt völlig anders.

ra: Jetzt geht eure Tour erst mal langsam aber sicher in Festivals über. Ihr spielt z. B. bei Rock am Ring.

Thomas: Ja, und da sind wir auch total dankbar. Das ist ein Traum. Da wird uns auf jeden Fall der Allerwerteste ordentlich auf Grundeis gehen.

ra: Wie sehen eure Pläne für eine zweite Platte aus? Gibt's da schon was konkretes?

Thomas: Ein paar Ideen. Es ist auf Tour schwierig was zu schrieben, ich hab zwar ein Laptop dabei aber die eigentliche Arbeit findet bei uns im Proberaum statt. Zwischen den Festivals werden wir uns an neue Sachen machen. Aufnehmen würden wir gern so im Oktober.

ra: Du machst einen ziemlich frischen Eindruck. Wie sieht's bei Silbermond mit den Aftershowpartys während einer Tour aus?

Thomas: (zeigt auf einen vorrübergehenden, an einer Bierflasche nuckelnden Menschen, der zwar sehr gut gelaunt aber nicht unbedingt so frisch wie Thomas wirkt) El*ke, unsere Vorband, ist da wesentlich krasser als wir. Man genießt das schon, hat viel Spaß und macht viel Blödsinn. Aber es gibt – im Gegensatz zu El*ke – immer einen Punkt, an dem man sagt, ok, ich muss morgen ein gutes Konzert spielen.

(Gut gelaunter, unfrischer Passant setzt sich zu uns) Hi, ich bin Mücke (Gitarrist von El*ke. Anm. d. Red.).

ra: Hi. Ihr erledigt also das Feiern für Silbermond mit?

Mücke: Jo. Genau.

Thomas: Im Vergleich zu uns schon. Das gute ist allerdings, dass sie am Vortag feiern und trotzdem ein gutes Konzert spielen können.

Mücke: Macht ihr doch auch. So ein, zwei Bier vorm KOnzert sind doch ok, oder?

Thomas: Bei euch, bei uns gibt's da so ein ungeschriebenes Gesetz: Vor der Mukke keinen Alkohol.

ra: War das schon immer so?

{image}Thomas: Äh, nee. Wir haben mal Johannes vor einem Gig mit einem härteren Getränk abgefüllt. Und das Konzert war dann so richtig grotte. Johannes kam danach zu mir und meinte: Man, das war vielleicht ein geiles Konzert. Ich dachte mir: Hallo, das muss man doch mitkriegen? Sogar das Publikum meinte: Wart ihr betrunken? Seitdem sind wir da rigoros.

ra: Zu Mücke: Solche Erfahrungen hattet ihr nicht?

Mücke: Ich hatte mal einen Gig im Sage vor dem gesamten Management und war ziemlich dicht. Es war gut, es war geil. Es hat allen gefallen.

ra: (Allgemeines Gelächter) Ok, das sind wohl alles Erfahrungswerte.

Thomas: Ok, ich muss jetzt Soma, den ersten Support Act ansagen.

ra: Herzlichen Dank für das Interview.

Thomas: Ja, sehr gern.

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