Fettes Brot (live beim Deichbrand Festival 2015)

Fettes Brot (live beim Deichbrand Festival 2015) © Falk Simon

Fettes Brot landeten eines der Comebacks des Jahres 2005 mit ihrem Auftritt bei Stefan Raabs Eurovision Song Contest. Der Vorsommerhit zur Winterszeit "Emanuela" versprach viel. Grund genug, um den Jungs bei ihrem Konzert im Mannheimer Capitol einen Besuch abzustatten.

Das Capitol ist restlos ausverkauft. Selbst die Empore ist zum Bersten voll. Das Publikum ist bunt gemischt – viele Mädels sind am Start, Fettes Brot ist eben ohne Zweifel eine Mädchen-Band, ansonsten HipHop-Publikum und viele junge Audiotoren neben Gästen deren Erscheinen sicher auf die jüngsten Chart-Erfolge zurückzuführen sind. Pünktlich um 20 Uhr tritt eine junge Dame auf die Bühne. Ihr Name ist Fiva MC featuring DJ Radrum. Die 26-jährige Münchnerin schafft es binnen Sekunden das Publikum zu begeistern. Selbstbewusste Reime, die den Spaß an der Party mit der eher grauen Welt draußen verbinden. Kaum 1,5 Stunden nachdem ein Verbund alter Männer Benedikt XIV, formerly known as "Ratze", zum katholischen Stellvertreter Christi auf Erden gewählt hat, baut sie das Thema in zwei ihrer Songs ein. Und Fiva MC ist nicht begeistert. Sie kann "mit gutem Gewissen von der Bühne gehen" – eine Textaussage, die sich durchaus auf ihre Inhalte bezieht. Respekt. Diese Frau macht ihrem Namen als MC (Master Of Ceremony) wirklich alle Ehre. Auftritte vor ausverkauften Häusern in der Größenordnung des Capitols sind nichts Alltägliches für sie, sie brennt, das ist im gesamten Rund des ehemaligen Kinos zu spüren und wird angemessen gewürdigt. Wer sie erleben möchte, hat übrigens am 14. Mai bei einem Poetry Slam die Gelegenheit.

Habemus brotem - zur offiziellen Hauptattraktion des Abends: Da stehen sie nun, die drei Stullen aus der Hanse-Metropole Hamburg. Einen DJ, zwei Backgroundsänger sowie eine Sängerin haben sie im Gepäck. Zu Beginn performen sie ihr neues Album "Am Wasser gebaut", das für ihre Verhältnisse ungewöhnlich ruhig gehalten ist. Eine deutliche Neuerung – die Jungs singen mittlerweile. Zwar wird immer noch in alter Manier frech gerappt, doch werden einige der Refrains ihrer neuen Songs gesungen. Sie spulen ihre neue Platte ab und wirken sehr routiniert. Im Vergleich zu Fiva MC, die noch Minuten vorher unter Beweis stellte, wie viel Spaß man an einem Auftritt haben kann und wie wichtig das Publikum ist, kommt die pure Lust am Auftritt nicht unbedingt rüber. Vor zehn Jahren wären die Brote ein solches Konzert mit einem spürbar anderen Elan angegangen. Besonders bei "Vive la Revolution" wird das routinierte Showverhalten deutlich. Schiffmeister legt eine flotte Samba-Sohle mit der Backgrundsängerin aufs Parkett während Doktor Renz dazu unmotiviert mit einer Che Guevara-Fahne herumwedelt. Ihre Single "Emanuela", die eigentlich von dem Blas-Kapellen-Charme lebt, verliert diesen völlig durch die elektronischen Beats des DJs. Wirklich schade. Das Publikum stört sich nicht weiter, es ist gekommen, um Fettes Brot zu feiern.

Nach über einer Stunde kommen die Brote dann auch langsam zur Sache. König Boris, Doktor Renz und Schiffmeister packen die alten Gassenhauer aus der Seemannkiste. Nachdem Nordisch by Nature gefeiert wurde, markiert Rio Reisers "Ich bin Müde", einen vom Publikum wenig honorierten Höhepunkt bei dem die drei Herrschaften höchstselbst Instrumente bedienen. Eine positive Seite von Bühnenerfahrung und Routine: Die Hits werden souverän und gekonnt eingeleitet. So lassen Fettes Brot Empore gegen Parkett anschreien und umgekehrt, solange bis das gesamte Capitol einem kreischenden Inferno gleichkommt. Der perfekt Einstieg für Schwule Mädchen, Video-like, der Höhepunkt des Gigs. Ebenso gekonnt ist der Einstieg zur ersten Zugabe "Jein": Der Background intoniert den Einstieg von Eleanaor Rigby der Beatles bevor Dr. Renz, König Boris und Schiffmeister in den Track einsteigen.

Nach knapp zwei Stunden verabschieden sich die drei Hamburger und hinterlassen den unwiderruflichen Eindruck, in die Jahre gekommen zu sein – eine durchaus gelungene "Best of"-Show bei der die neue Platte eben das Pflichtprogramm darstellt.

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