So ruhig wie auf dem Foto war es nur kurz beim dritten Mannheimer Brückenaward.

So ruhig wie auf dem Foto war es nur kurz beim dritten Mannheimer Brückenaward. © Anne-Laure Fontaine

Im letzten Jahr musste der Mannheimer Brückenaward, das größte kleine Festival der Quadratestadt, vor dem Regen fliehen und nach innen verlegt werden. Bei der dritten Ausgabe ging es wieder ins Freie, genauer gesagt unter die Eisenbahnbrücke über den Neckar, die die Mannheimer Stadtteile Neckarstadt und Jungbusch miteinander verbindet. 1000 Besucher ließen sich hier die Sonne auf den Bauch scheinen und die Ohren von sechs Bands verwöhnen.

{image}"Etabliert" kann man das nennen. "Auf Erfolgskurs" auch. Aber lassen wir die Plattitüden weg und fangen lieber mit dem Aberglauben an. Denn wenn Petrus in diesem Jahr mit dem Regen so lange wartet, bis die Aufräumarbeiten des Mannheimer Brückenawards beendet sind, muss man auf dem richtigen Kurs sein. Nicht nur deswegen ist das non-kommerzielle Festival für seine Veranstalter ein voller Erfolg: "Wir haben die Besucherzahl im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt. Und obwohl wir dieses Mal weitaus höhere Ausgaben hatten, blieb von den Spenden der Zuschauer trotzdem wieder Geld übrig, das wir weitergeben können."

In den letzten Jahren gingen diese Spenden unter anderem an die Opfer von Flutkatastrophen, diesmal wird der Mannheimer Club Mohawk unterstützt. Der teilt das Schicksal vieler kleiner unabhängiger Clubs der Republik und hat Raum- und Existenzprobleme und freut sich deshalb über jeden zusätzlichen Euro in der Vereinskasse. So werden drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Musikszene in Mannheim hilft sich selbst, sichert Auftrittsmöglichkeiten fernab der "etablierten" Orte und bringt frischen Wind in die Festivallandschaft der Region.

{image}Der Wind kommt schon durch die kleinen Ideen, die den Brückenaward ausmachen. Um die Sache spannender zu machen, verriet man beispielsweise nicht die Reihenfolge der Bands. Eine gute Idee, denn so konnte schon die erste Band des Abends vor vergleichsweise vielen Zuschauern spielen.

Dass mit Black Wolf Mountain dann eine Combo auf der Bühne stand, die sonst wohl eher nicht bei strahlendem Sonnenschein spielt, ist geschenkt. Was da dem unbedarften Besucher als "Rock" angekündigt wurde, ging dann mal direkt auf die Fresse und bot eine gelungene Abwechslung zum Djing von Sven Väth. Der spielte auf der gegenüberliegenden Seite des Neckars gerade sein Set ab und versüßte so ganz konstenlos die Umbaupausen auf dem Brückenaward.

Etwas ruhiger und psychodelischer wurde es danach mit Sophie's Earthquake, passend zur Bühnendeko: Die bunten Rädchen waren wohl direkt beim letzten Hippiefest in der Region geklaut worden. Hätte die Band bei Nacht gespielt, wäre sie auf die perfekt zur Musik passenden Visuals von Projektor Pearson gestoßen. Der hatte schon im letzten Jahr für die passende Stimmung gesorgt, damals aber Indoor, weil man dank miesem Wetter kurzzeitig das Feld räumen musste. Diesmal gab er seine Brückenaward-Open-Air-Premiere und wir können nur feststellen, dass sich nichts so gut für Projektionen eignet wie ein grauer Brückenpfeiler, der in die Höhe ragt.

{image}Bis wir uns von meterhohen Projektionen faszinieren lassen konnten, ließen wir uns aber noch die Nachmittagssonne auf den Bauch scheinen und lauschten den Klängen der Drunken Pilots. Die konnten sich irgendwie nicht ganz entscheiden, was sie denn spielen wollen: Indie oder doch eher Stoner. Um uns nicht zu verwirren, schauten wir uns die Jungs später zum Bandnamen passend vom Freibierzelt aus an. Hier gab es neben dem Gerstensaft auch noch kostenlose Salate, Muffins und viele weitere Wohltaten für den Magen.

Gesättigt und vom Durst befreit verabschiedeten wir die Sonne, umspielt von S.yms genialen Klängen. Bereits im Januar stellten wir die Band und die Idee hinter ihr vor, nämlich "repetitive Strukturen elektronischer Musik mit klassischen Rockinstrumenten" zu paaren. Was kompliziert klingt, ließ Sven Väth einpacken – da hätte selbst der Altmeister noch dazulernen können.

Karmacopters Setlist sah daraufhin vom Bühnenrand aus wie eine lange Einkaufsliste; kein Wunder, die Songs waren bei den Mannheimern gefühlt auch selten länger als 1 Minute. Geballte Energie, komprimiert in kurze Songs: Was will man mehr?

Fewsel spielten schlussendlich den Rausschmeißer, irgendwo zwischen Queens of the Stone Age und auch Mastodon konnte man den Sound der Jungs einordnen. Im Vergleich zu den vorherigen Bands klang das schon fast ruhig, der Brückenaward gab auch dem Zuschauer andere Maßstäbe in die Hand.

{image}So wiederholte sich am Ende zum bereits dritten Mal ein gelungenes Konzept. Steht es auch für die Zukunft?

Das Brückenaward-Team plant auf jeden Fall die Gründung eines Vereins an, der sich sowohl um das Festival als auch um andere Projekte kümmern wird. Einem vierten Brückenaward im kommenden Jahr steht also wenig im Wege.

Nur der Platz unter der Brücke könnte langsam knapp werden: "Nach unserer Rechnung wird es 2013 richtig eng", verriet uns Christian Bethge, einer der Veranstalter, lachend später noch.