Atmosphäre (live beim Splash 2012)

Atmosphäre (live beim Splash 2012) © Hannes Mezger

"Immer wenn es regnet": Das Splash! ist eines jener Festivals, die mit ziemlicher Treffsicherheit Schlechtwetterfronten abbekommen. Wobei es dieses Jahr jeweils nur kurze Zeit regnete, dafür aber jeden Tag - also typische Verhältnisse für diesen sogenannten Sommer. Das Line-Up deckte dafür alle Varietäten des HipHop ab. Von altgedienten Legenden über Newcomer bis zu den Evergreens, alles war dabei. Großartige Stimmung auf einem großartigen Gelände: So sehen 15 Jahre Splash! aus.

{image}Donnerstag, eigentlich Tag der Anreise. Doch dieses Jahr auch schon gespickt mit Auftritten. Der Deutschrap-Nachwuchs – Weekend, Olsen, Genetikk, Ahzumjot und Cro – feiert mit den schon Angereisten. Besonders zu erwähnen sind die Jungs von 257. Die Herren mit Strohhüten und HRNSHN-T-Shirts feuern ihren Ballermann-Hip Hop von der Aruba Stage – mit Gummipuppen, Badenudeln und Ansagen der Kategorie politisch unkorrekt. Headliner Cro hat den größten Zulauf. Globige Nikes, Röhrenjeans und seine Pandamaske lassen ihn aus der Masse stechen. Genau wie seine Ansagen. Man stelle sich vor, Haftbefehl würde so offen von seiner Schüchternheit erzählen. Unterstützt durch seine Liveband liefert er dem jungen Publikum vor der Bühne, was es hören will. Im Hintergrund erreicht er nicht alle mit seiner Musik.

=> Alles zum Splash! in unserem Special.

Nach den Live-Auftritten übernimmt das Flatline Soundsystem. Die Lokalmatadoren aus Chemnitz kochen ein Deutschrap-Potpourri. Neben den großen Klassikern auch Dubplates von den Beginnern und Curse. Viel falsch machen können sie mit ihrem Set nicht. Das Publikum weiß es ihnen aber zu danken. Bierduschen, Knicklichter, Freudentänze.

Freitag. Der Vortag steht vielen noch im Gesicht: Augenränder, Matschspuren vom nächtlichen Sturz und Filzstift-Penisse auf der Backe. Während sich viele noch im eigenen Müll vor dem Zelt suhlen, bietet sich aber auch die Gelegenheit, im Biergarten Platz zu nehmen. Sonne, Sonnenbrand und Demograffics aus München – ein Anlass, schon mittags Bier aus Plastikmaßkrügen zu trinken. Die Stimmung ist grandios und das Beste: Der Biergarten steht nicht auf dem Gelände bei den Bühnen, er steht direkt auf dem Zeltplatz.

A propos Zeltplatz: Neben dem klassischen Flunkiball-Spielen und Bierbong-Ballern wird mit einem erstaunlichen Ideereichtum sich die Zeit vertrieben. Der Eine angelt mit seinem Bierflaschenköder, andere rufen hübsche Mädchen in den Recall.

{image}Auf dem Gelände bietet sich ein Mammutprogramm. Auf zwei Bühnen reiht sich Auftritt an Auftritt, am Strand erklingen Beats der gediegeneren Kategorie und dann gibt es ja auch noch den Biergarten. Die Verspätung von Nas und der Ausfall von Mo Trip wirbeln das Abendprogramm der beiden Bühnen ordentlich durcheinander. Gerüchten zufolge war Nas versehentlich an einem falschen Flughafen gelandet und hatte den Weg zum Gelände dann per Bahn zurückgelegt. Daher, und nicht unbedingt zu seinem Nachteil, spielt er nicht um 20.15, sondern gegen halb zwölf. Mit Liveband hämmert er durch die Boxen. Nasty Nas in your Area! Wie gewohnt werden vor allem die Lieder seines Kultalbums Illmatic gefeiert. Zuvor hatten schon Kollegah und F.R. die Fahne des Deutschrap hochgehalten – jeder auf seine Art.

Marsimotos Auftritt kündigte sich schon den ganzen Tag über an: Grüne T-Shirts und grüne Rauchbomben, überall. Green Berlin wird zelebriert. Kool Savas ist ein würdiger Headliner. Auch Curse, der einen Kurzauftritt im Savas-Programm einnimmt, stellt klar, wer der King of Raop ist. Savas sieht zufrieden aus. LMS wird in einer unfassbaren Lautstärke mitgerappt. Unfassbar.

Ausfall Nummer drei der Nacht ist dann Action Bronson. Warum? Unklar. Im Gegensatz zur Backpacker-Fraktion ist das Major Lazor egal. Diplo und Switch feiern auf ihre Art, Prädikat versexter Junggesellenabschied. Und wer nach dieser Show noch kann, wird von Skream mit Elektroschocks bearbeitet.

Samstag. Der Wecker in Form von Gebrüll bereitet schon auf den ersten Auftritt vor. "Was macht mein Label? Es fickt die Biatch". Taktloss' Slot wird nicht seinem Status auf dem Zeltplatz gerecht. Im Biergarten sorgen Edgar Wasser und Fatoni für Laune unter den Biertrinkern. Einsatz vergessen? Egal. Refrain vergessen? Egal. Alle sind bester Laune. Wie auch die Jungs mit dem Ghettoblaster; Prince von Bel Air in der Dauerschleife.

{image}Nach einer Regendusche klart der Himmel wieder auf. Sonne im Gesicht, De La Soul auf die Ohren – es ist wunderbar. Die teils schon ergrauten Herren aus Long Island liefern ein zeitloses Set. Und zeitlos geht es auch weiter: Torch, Deutschrap-Urgestein aus Heidelberg. Gemeinsam mit seinem Partner Toni L lädt er zu einer Zeitreise für die Hip Hop-Kids. Wir waren mal Stars – jaja, denkt sich der ein oder andere und begibt sich in Richtung Aruba Stage, zu Big K.R.I.T., Südstaatenrap. Der Rest freut sich auf Max Herre, gemeinsam mit Joy Denalane und Afrob. Das Publikum singt mit. Wenn der Vorhang fällt, Mit Dir. Prädikat zeitlos.

Und zeitlos die Vierte folgt: Die Beginner – Eizi Eiz, Denyo und DJ Mad. Zu Beginn ist schon klar, die Herren aus Hamburg werden Großes liefern. Arme hoch, mitsingen. Der Blick von den Stufen hinter der Bühne ist grandios – die Bühnenbeleuchtung, die Masse an Menschen. Alles passt. Nicht so bei Doom. Der Slot parallel zu den Beginnern beschert ihm eine beschauliche Zuhörerschaft. Außer einigen Hartgesottenen findet er keinen Anklang. Wie wäre es wohl in einem kleinen Club gewesen... Vorfreund verpufft. Schade.

Das Schöne am Splash ist die Auswahl der Angebote. Auch nachts noch. Wer nach den ganzen Konzerten noch Lust auf Feiern hat, bleibt an der Aruba Stage und tanzt zu A-Traks Beatmenu. Oder begibt sich zum Grenada Floor – Dâm Funk aus dem Stones Throw-Roster zerfunkt den schmucken Betonkasten. Es wird hell. Was ein Tag!

{image}Sonntag. Der Zeltplatz gleicht einem Schlachtfeld. Die ersten Zelte brennen. Der Rerecall am Wegrand erfreut sich regem Zulauf und auch der Angler mit dem Bierflaschenköder hat wieder ausgeworfen. Auch die Jungs mit dem Prince von Bel Air-Dauerschleifenset sind wieder da. Konsequent.

Es ist heiß. Der See wird zum Magnet des Geländes. So fällt der Ansturm auf End of the Weak eher bescheiden aus. Auch bei Moop Mama ist es gerade so halb voll. Erst der lautstarke Auflauf aus Frankfurt Richtung Hauptbühne lässt das Gelände füllen. Vega kommt. Seinen Anhängern gefällt es.

Der gehypte Macklemore aus Seattle liefert auf der Hauptbühne ein solides Set. Retrogott und Hulk Hodn stehen dem in nichts nach. Allerdings ist ihr Hype vorüber. Die Show wirkt deutlich souveräner als noch vor Jahren, als sie im maßlos überfüllten Zelt spielten. Die Stimmungskurve steigt permanent. Kraftklub sind hierfür der Hauptgrund. Die Truppe aus Karl Marx Stadt ist lustig unterwegs, was mitunter auch an ihrem dreitägigen Festivalaufenthalt liegen mag. Solides Raphandwerk auf rockige Beats, Casper als Überraschungsgast – die Jungs beherrschen die Menge. Nebenan erfüllen Dilated Peoples ihren Job. Gut gelaunt liefern sie ihr CA-Rappacket. Mac Miller selbst schein überwältigt von der unfassbaren Menschenmasse, die sich zu seinem Auftritt einfindet. Frenetischer Jubel, fliegende Bierbecher und Pyrotechnik. Mac Miller rennt von links nach rechts.

Daumen hoch fürs Splash 2012. Abgesehen von einigen Kleinigkeiten war es ein grandioser Event! Danke.

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