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Dee Dee Bridgewater bei Jazz & Joy in Worms: Applaus allenthalben. © Daniel Nagel

Ein lauer Sommerabend, ein randvoller Weckerlingplatz, euphorische Zuschauer, eine hervorragende Band, eine glänzend aufgelegte Sängerin - kein Wunder, dass die Eröffnung des diesjährigen Jazz & Joy-Festivals für Dee Dee Bridgewater zum Triumph wurde.

{image}Dee Dee Bridgewater hat kürzlich ihren einundsechzigsten Geburtstag gefeiert. In diesem Alter schaut man bekanntlicherweise ebenso sehr zurück wie in die Zukunft. Dabei ist ihr Augenmerk auf Jazzlegende Billie Holiday gefallen, der sie ein ganzes Album mit dem Titel Eleanora Fagan (1915-1959): To Billie With Love From Dee Dee gewidmet hat. So eröffnet Bridgewater ihr Konzert zum Auftakt von Jazz & Joy in Worms mit einigen der bekanntesten Songs der 1959 verstorbenen Sängerin: Lady Sings The Blues, Lover Man und Foggy Day. Auf Strange Fruit verzichtet sie allerdings – angesichts der sommerlichen Stimmung wäre die Anti-Lynching-Botschaft des Lieds wohl auf unfruchtbaren Boden gefallen.

Bridgewater singt die melancholischen Lieder von Billie Holiday mit ruhiger, intensiver Leidenschaft, so paradox das klingen mag. Sie macht nicht den Fehler, die Schwermut aus den Songs verbannen zu wollen, sondern verbindet sie mit ihrem extrovertierten Wesen. Das Ergebnis ist eine präzise Transformation der Musik von einer großen Jazz-Sängerin zur anderen, kongenial unterstützt von ihrer Band, aus der vor allem Saxophonist Craig Handy herausragt. Dieser spielt Flöte, vor allem aber Sopran- und Tenor-Saxophon und überzeugt mit seinen flüssigen, intensiven Soli.

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Dann wendet sich Dee Dee Bridgewater anderen Liedern zu und spielt eine überaus lebendige Version des Standards Afro-Blue und eine nicht minder brillanten, ultra-langsame, aber dafür umso verführerische Interpretation von Bésame Mucho. Ihrer vor einigen Jahren verstorbenen Freundin Abbey Lincoln zu Ehren singt Bridgewater dann deren Song The Music Is The Magic und wie alles an in diesem Abend verzaubert sie die Zuschauer mit ihrer fabelhaft ausdrucksstarken, variantenreichen Stimme, die sie ebenso präzise wie kontrolliert einsetzt.

Ein Bericht dieses Auftritts wäre nicht vollständig, ohne auf Dee Dee Bridgewaters Persönlichkeit einzugehen, die ebenso intensiv ist wie ihre Stimme. Sie vermag es ebenso Veranstalter, Publikum und Stadt freundlich zu loben und sich einige Minuten später über als unbeholfene Klatschen mancher übereifriger Zuschauer lustig zu machen. Das geschieht freilich zu recht, denn nichts ist überflüssiger und verwerflicher als die Sucht der Deutschen am un-rhythmischen Klatschen, ja am Zerklatschen von Musik frei von jedem Gefühl für Rhythmus und Timing.

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Weitaus freundlicher behandelt Bridgewater ein kleines Mädchen, das die Sängerin imitiert, während sie ihren Rock schwingend über die Bühne tanzt. Als Bridgewater aber die Bühne verlässt, um mit dem Mädchen zu tanzen, erschrickt das Kind vor der großen Frau mit der lauten Stimme und sucht Zuflucht bei ihrem Vater. Nach dem Ende des Konzerts gehen Vater und Kind aber nochmals zur Bühne, nachdem der erste Schreck überwunden ist und so kommt es zum Happy-End.

Der enthusiastische Applaus der Zuschauer veranlassen Bridgewater und Band nochmals die Bühne aufzusuchen, um als Zugabe Compared To What zu performen, ein gegen den Vietnam-Krieg gerichtetes Lied, das nichts an Aktualität verloren hat. Auf die Probleme der Welt kennt Dee Dee Bridgewater nur die Musik als Antwort. Nach dem gestrigen Abend erscheint das vollauf ausreichend zu sein.

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