Dexys mit Sänger/Songwriter Kevin Rowland in der Mitte haben ein überzeugendes Comeback-Album veröffentlicht.

Dexys mit Sänger/Songwriter Kevin Rowland in der Mitte haben ein überzeugendes Comeback-Album veröffentlicht.

27 Jahre nach ihrem letzten Album präsentieren Dexys (ehemals: Dexys Midnight Runners) um Mastermind Kevin Rowland ein kaum noch erwartetes Comeback-Album. Nach vielen Jahren der Mühsal scheinen Kevin Rowland und Dexys den passenden Augenblick gewählt zu haben, wie das große öffentliche Interesse beweist. "One Day I'm Going To Soar" enttäuscht die hohen Erwartungen nicht, sondern ist ein großartiges Werk, in dem Attitüde und Authentizität kleinkariertes Muckertum in die Schranken weist.

{image}Diesmal spricht Kevin Rowland nicht "For God's sake, burn it down!" zu Beginn der Platte, sondern antwortet am Ende des Eröffnungstracks Now dem Chor, der "We got to go now" singt, mit einem schlichten "Alright then!". Der Tenor der Platte ist nicht der Angriff, sondern die trotzige Defensive. Einiges hat sich geändert im Dexys-Sound, aber nicht alles. Geblieben sind die Bläser, die gefühlte Referenz zu Van Morrisons 1974er Livealbum It’s too late to stop now, vor allem im letzten Viertel des Openers. Verändert hat sich seine Stimme, die nicht mehr die überschwänglichen, überkippenden Töne in den hohen Lagen produziert, dafür aber eine andere Tiefe erreicht, schließlich ist Rowland auch schon 58 Jahre alt.

Was lange währt, wird endlich gut. 1985 erschien das letzte reguläre Album, damals noch als Dexys Midnight Runners. Die Verkürzung des Namens soll übrigens weniger der Tatsache geschuldet sein, dass die Band nicht mehr die gleiche ist wie damals, sondern eher im Hinblick auf die Auffindbarkeit in Suchmaschinen erfolgt sein. Auch schon bei dem halbherzigen Reunion-Versuch 2003 hieß die Band nur noch Dexys.

Mit Mick Talbot (Ex-Merton Parkas/The Style Council) holte Rowland ein musikalisches Schwergewicht zurück, das bereits 1980 kurzfristig in der Band gespielt hatte. Und Talbot garantiert als Co-Songwriter und Co-Produzent von One Day Im Going To Soar allein die halbe Miete. Nach drei starken Nummern bringt She Got A Wiggle den ersten Griff nach den Sternen. Über einem coolen Groove croont Rowland mit der staksigen Dandy-haften Eleganz eines Robert Foster auf unnachahmliche Weise.

I’m Always Going To Love You stellt den nächsten Höhepunkt dar. Auch hier übt sich Rowland in Manierismen, neben dem stimmungsvollen Duett mit Madeleine Hyland, nimmt er eine Kartoffel in den Mund, gibt mit seinem Ba-ba-ba-ba-ba-baby fast einen Elvis-Imitator auf dem Weg zu sich selbst. "Kevin, don't talk to me! I don't even want to see you" singt Hyland, dazu tanzen die Popstreicher, Streicher im Plural wohlgemerkt, nicht die Come On Eileen-Fiddle.

{image}In dem folgenden Incapable Of Love haben Hyland und Rowland dann die Gelegenheit ihren Disput fortzuführen, auch hier fliegen die Funken. Zusammen mit dem feinen Nowhere Is Home bildet die dritte LP-Seite den besten Teil des Albums, das an keiner Stelle schwach, aber auch nicht an allen Stellen brillant ist. "I want to be everything, I wanna be the man of my dreams and I can’t be a fucking stereotype, but it’s lonely being here and living this fight but I won’t give in – I will not cave in until I become free" singt er und bringt dabei so überzeugend den Underdog-Boxer, der sein irisches Blut bereit ist zu geben und mit dieser Platte alles nach Hause holt, was er in den letzten 30 Jahren vergeigt hat.

Es hat angeblich viele Jahre gedauert, diese Platte in Form zu gießen. Jahre, in denen durchaus deutlich wurde, dass es da draußen doch noch einige gibt, die Dexys einen großen Wurf zutrauen. Die Erwartungshaltung in Bezug auf dieses Album war in Musikforen und der Presse groß. Umso größer erscheint die Freude, dass es diesmal wirklich gepasst hat. Dass die Zeit und die Platte aufeinander gewartet zu haben scheinen. Mit One Day I'm Going To Soar erhalten diejenigen, die vor 20 Jahren mit dem Film und dem Soundtrack von The Commitments angefixt wurden, nun endlich – wenn auch spät – the real thing: Eine durch und durch irisch/britische Soulplatte, bei der es um nichts weniger als das große Ganze geht. Ein Werk, wo Attitüde und Authentizität die Bedeutung von kleinkariertem Muckertum in die Schranken weist. Eine Platte, die nicht perfekt ist, aber in ihrer Haltung, ihrer Glaubwürdigkeit zwingend daher kommt und letztendlich ein Happy-End für eine Story darstellt, die viele schon als Rohrkrepierer gesehen haben. Kevin Rowland, you DID it!

Wertungen (von +++++ möglichen):

Musik: ++++

Attitüde: +++++

Insgesamt: ++++1/2

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