A Place To Bury Strangers (live in Weinheim, 2012)

A Place To Bury Strangers (live in Weinheim, 2012) © Anna Martin

A Place to Bury Strangers sorgten im Café Central in Weinheim wie schon so oft in ihrer Karriere für bleibende Horschäden: Mit einer extremen Lautstärke stellte die Band ihre neue EP "Onwards to the Wall" vor. Das Konzept nutzte sich aber leider schnell ab. Dabei hatte die neue Platte Gutes versprochen, dem Anspruch konnte man aber nicht gerecht werden. Besser machte es da die Vorband The Aliçka Problem.

{image}Vor zwei Jahren traten A Place to Bury Strangers schon einmal in der Rhein-Neckar-Region auf. Ihr zweites Album Exploding Head hatten sie damals auch im Gepäck, es war zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz taufrisch. Trotzdem prophezeite sein Titel, was die Band an dem Abend im Frühjahr 2010 bieten sollte: Rauchschwaden, Strobos und Schweißgeruch paarten die Brooklyner auf der Bühne mit einer extremen Lautstärke. Dazu gab es Lautstärke, Lautstärke und, verdammt nochmal, Lautstärke. Wer das ohne Gehörschutz ertrug, konnte seine Ohren danach wegwerfen.

Die Band verlor man danach schnell wieder aus dem Blickfeld. Sie tourten aber ohne großes Medienecho endlos und arbeiteten nebenher an einer neuen Platte. Die aktuelle EP Onwards to the Wall, im November 2011 erschienen, war das erste Ergebnis. Die neue Platte Worship folgt im Juni. Die EP verdeutlichte den Wechsel, der sich bereits auf Exploding Head abgezeichnet hatte: Die Band entfernte sich immer weiter von ihren Noise-Wurzeln, um die Songs im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Popelementen anzureichern. Spielten sie auf ihrem ersten Album noch puren, wunderschönen Krach mit Popelementen im Hinterkopf, gab es jetzt düsteren Pop mit Krach im Hintergrund. Das aber als Rückschritt zu bezeichnen wäre falsch. Frontmann Oliver Ackermann, der den Sound von A Place to Bury Strangers diktiert, hatte sich Gedanken über seine Herangehensweise zur Musik gemacht. In einem Interview sprach er so auch davon, dass Popmelodien eine gute Basis für einen Song seien. Einen guten Song könne man daheim auf der Konzertgitarre spielen. Lärm um des Lärmes Willen langweile ihn.

{image}Diese Einstellung änderte an den Grundqualitäten der New Yorker aber wenig. A Place to Bury Strangers blieben laut, das musste auch ihr Label einsehen: Die fertigen Aufnahmen von Onwards to the Wall waren die lautesten, die man bei Dead Oceans je zu hören bekommen hatte. Die Lautstärke musste für die Pressung halbiert werden, das war noch nie vorgekommen. Oliver Ackermann hatte die Regler auf Elf gestellt.

Beim Auftritt im Café Central in Weinheim hielten A Place to Bury Strangers ihr Versprechen, dass sie vor zwei Jahren gegeben hatten, ebenfalls: Lautstärke und Lichtexzesse prägten den Auftritt. Wo aber auf Platte feine Popnuancen den Krach durchbrachen und der Lärm nicht nur zum Selbstzweck existierte, reagierte jetzt die pure Gewalt der Dezibel. Das war keine kraftvolle Antwort auf den Sound von Onwards to the Wall, wie man es vielleicht vermuten könnte. Es war vielmehr ein Brei; Anspruch und Wirklichkeit klafften hier weit auseinander.

{image}Zuerst faszinierte die Lautstärke und ihr marktschreierisches Gehabe; es inspirierte. Das ist auch, worauf Ackermann mit seiner Musik hinaus will. In einem Interview hatte er betont, wie wichtig für ihn ein kraftvolles Gefühl sei. Durch die Dauerausführung dieser Dezibelgewalt wurde das besondere Gefühl in Weinheim aber zerstört: Da alles schrie, hörte man am Ende gar nichts mehr. A Place to Bury Strangers' Auftritt verlor im Laufe des Abends durch seine Gleichtönigkeit seine Anziehungskraft und langweilte am Ende nur noch.

{image}Nicht nur die Lautstärke war daran Schuld, auch der übertriebene Lichteinsatz gab dem Ganzen einen faden Beigeschmack: Das gleißende Licht, die Strobos und die sich scheinbar wiederholenden Projektionen liefen während des ganzen Konzerts in einer Intensität, die alle Unterschiede einebnete. Weniger wäre wirklich mehr gewesen, der gezielte Einsatz hätte dem Ganzen mehr Bedeutung gegeben. Wieviel kleine Änderungen bewirken, zeigte sich in der Mitte des Konzerts: Ackermann hing seine Gitarre in die Beleuchtung und ließ sie über der Bühne schweben. Für einen kurzen Moment verschwand die einsetzende Schläfrigkeit.

Spannender machte es da die Vorband des Abends, The Aliçka Problem. Statt auf Lautstärke und vollkommene Gleichförmigkeit setzte die Band aus Mannheim auf Abwechslung im Detail. Shoegaze blieb das am Ende trotzdem, die kleineren Spielereien am Wegesrand taten dem Sound aber nicht weh. Man muss eben nicht immer Mauern einreißen, aber kleine Löcher hier und dort schaden ebenfalls nicht. Sie sind auf jeden Fall besser, als die gesamte Nachbarschaft mit Schall- und Lichtkanonen wegsprengen zu wollen.