Tindersticks, hier bei einem Auftritt im Jahr 2010, spielten in Heidelberg ein überzeugendes, aber kein überragendes Konzert.

Tindersticks, hier bei einem Auftritt im Jahr 2010, spielten in Heidelberg ein überzeugendes, aber kein überragendes Konzert. © Jan Wölfer

Tindersticks präsentieren in der nicht ausverkauften Stadthalle Heidelberg ihr neues Album "The Something Rain". Sie überzeugen, spielen dabei aber nicht alle Qualitäten aus, die die Band und ihr Repertoire besitzen. Mitunter wird der Sound auch ungewohnt laut und rockig, was bei einer Band wie Tindersticks eher stört als mitreißt. Das Publikum ist dennoch begeistert und gibt am Ende des Konzertes teilweise sogar Standing Ovations.

{image}Das Vorprogramm bestreitet Thomas Belhom, der bei der Reunion der Tindersticks 2007 am Schlagzeug saß, 2010 jedoch durch den aktuellen Drummer Earl Harvin ersetzt wurde. Belhom bestreitet seinen Auftritt allein unter Verwendung einer Gitarre, eines Keyboards, eines Schlagzeugs und eines Samplers, mit denen er geschmackvolle Soundschichten schafft, auf die er dann französische und englische Texte singt. Was sich bei den ersten beiden Liedern noch als sehr reizvoll erweist, wird jedoch spätestens mit der dritten, instrumental gehaltenen Nummer zur Gewohnheit und danach stellt man fest, dass die Songs doch sehr stark einer Masche folgen und wenig Abwechslung und auch wenig Höhepunkte bieten. Das Publikum zeigt sich dennoch von seinem Auftritt angetan und spart nicht mit Beifall.

Tindersticks haben für ihr neues Album The Something Rain überwiegend gute Kritiken bekommen und spielen konsequenterweise schwerpunktmäßig die Songs der neuen Platte – allerdings nicht wie auf anderen Konzerten der aktuellen Tour am Stück und in der gleichen Reihenfolge. Überraschenderweise bleiben die Songs des Vorgängeralbums Falling Down A Mountain auf dieser Tour ebenso komplett außen vor wie auch die des Vor-Vorgängers The Hungry Saw. Stattdessen rückt Simple Pleasures stärker in den Vordergrund. Eröffnet wird der Auftritt mit dem einzigen Song des Debütalbums Blood. Der Sound in der altehrwürdigen Heidelberger Stadthalle ist zu Beginn des Konzertes gleich sehr gut. Das gediegene Ambiente passt perfekt zu der Band, die schon während ihrer gesamten Karriere Wert auf ein stilvolles Outfit und Erscheinungsbild gelegt hat. Während der ersten zwei Songs spielt die Band in ihrer Basisbesetzung als Quintett, bei Dick's Slow Song kommt der Multiinstrumentalist Terry Edwards, der die Band auf ihrer aktuellen Tour unterstützt, hinzu.

{image}Stuart A. Stapels wirkte schon als er noch in den Zwanzigern war wie ein Mann in den Vierzigern. Als Endvierziger ist er endlich so alt, wie er immer schon schien und das Bild von ihm entspricht perfekt dem Image als melancholischer Dandy. Der Opener des aktuellen Albums, das durch seinen Sprechtext geprägte Chocolate, gewinnt in der Livefassung stark an Dynamik, was der Nummer noch einen Kick verleiht, der der Studioversion abgeht. Die folgenden Show Me Everything und This Fire Of Autumn zeigen die Tindersticks dann in einer Härte, die man von ihnen sonst nicht gewohnt ist. Zu sagen, sie hätten "abgerockt" würde ihnen nicht gerecht, obwohl Bassist Dan McKinna bei dem ersten der beiden Songs gar eine Basssaite killt.

Leider wird der anfangs wirklich gute Sound durch das lauter werden der Band und insbesondere auch ein Anheben der Lautstärke der Stimme von Staples deutlich schlechter. Frozen, das auch auf dem neuen Album eher ein Schwachpunkt ist, gerät gar zu einer lärmenden Indierock-Nummer. Was bei anderen Bands durchaus dazugehört und auch mitreißen kann, wirkt bei den Romantikern aus Nottingham eher unpassend. "It's a bit echo-y here", sagt Staples, bevor er mit Come Inside den letzten Song ansagt. Dieser gerät dann auch durch die Töne, die Keyboarder David Boulter aus gefüllten Gläsern holt, wieder sehr ansprechend.

Die Zugabe beginnt mit dem wunderbaren If She's Torn aus dem Simple Pleasures-Album. Das aus dem Publikum von einigen lautstark geforderte Tiny Tears spielt die Band nicht, dafür gibt es aber das ebenfalls von dem zweiten Album stammende Cherry Blossoms. Danach kommen Tindersticks noch einmal auf die Bühne, um das Konzert mit Medicine von The Something Rain zu beenden. Viele Zuschauer erheben sich aus den Sitzen, um eine Standing Ovation zu bereiten, die Band bedankt sich artig. Tindersticks stellen in Heidelberg unter Beweis, dass ihre Klasse auch an durchschnittlichen Abenden ausreicht, um das Publikum zu begeistern. Wer die Band schon häufiger erlebt hat wird jedoch festgestellt haben, dass sie ihr Potential, sowohl was die Songauswahl aus ihrem reichhaltigen Repertoire als auch die Performance an sich betrifft, nicht voll ausgeschöpft hat.

Setlist:

Blood | If You're Looking For A Way Out | Dick's Slow Song | Chocolate | Show Me Everything | This Fire Of Autumn | A Night So Still  | Don't Ever Get Tired | I Know That Loving | Slippin' Shoes | Frozen | Come Inside

Zugaben: If She's Torn | Cherry Blossoms | Medicine

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