Michael Kiwanuka

Michael Kiwanuka © Universal Music

Michael Kiwanuka bringt mit seinem Debütalbum "Home Again" die perfekte Platte zum Frühlingsbeginn: Songs, die Sonnenstrahlen transportieren. Grooves, die zum Ablegen der Jacke zwingen. Und Sounds, die wie Krokusse und Kirschblüte klingen.

{image}Gäbe es einen Grammy für die stilechteste Retroplatte des Jahres, Michael Kiwanuka wäre wohl ohne Konkurrenz, auch wenn das Jahr 2012 gerade erst begonnen hat. Das Cover lässt sein Gesicht nur zur Hälfte beleuchtet in einen warmen braunen Hintergrund übergehen, diese Platte hätte genauso 1970 in die Neuerscheinungen gepasst – und die Musik peilt auch genau dieses Zeitalter an. An dieser Stelle jedoch den Retrobezug auf ein billiges Revival zu reduzieren, wäre ein großer Fehler.

Kiwanukas Talent als Sänger und Songwriter wird auf diesem Debütalbum eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Natürlich denkt man an Richie Havens, an Terry Callier und auch an Otis Redding. Und natürlich scheint 1970 durch alle Poren oder Rillen von Cover und Platte. Aber man muss erst einmal solche Songs schreiben wie Tell Me A Tale, I Won’t Lie, Worry Walks Beside Me oder die Single und Titeltrack Home Again. Songs, die zwar auf dem Album wunderbar geschmackvoll instrumentiert und arrangiert sind, aber auch auf einem akustischen Soloauftritt die Zuhörer in ihren Bann ziehen würden.

{image}Stilistisch bewegt sich die Platte zwischen Soul, wie man ihn auf Gayes What's Going On findet, Folk im Terry Callier'schen Sinne und groovigem Pop der Marke Bill Withers. Querflöte, Saxophon und Streicher umspielen die Stimme von Kiwanuka und machen die Platte zum klanggewordenen Frühlingsboten.

Schaut man sich die Linernotes an, stellt man fest, dass es Kiwanuka und Produzent Paul Butler bis auf wenige Ausnahmen zu zweit eingespielt haben. Butler, seines Zeichens Kopf der Band The Bees, musste sich in der Frage, wer als Produzent und Sidekick in Frage kommt, dem Wettbewerb mit Ethan Jones (Sohn von Glynn Johns, der u.a. Ryan Adams, Rufus Wainwright, Kings Of Leon und Laura Marling produzierte) stellen. Die Sessions mit Jones sind einerseits auf der Deluxe Edition und anderseits (bislang teilweise) auf der 10“ EP Home Again erschienen und stellen auch einen Mehrwert zum regulären Album dar, da sich auch 3 Songs darunter befinden, die nicht den Weg auf die LP gefunden haben.

Auch in der Frage der Spieldauer ließ sich Kiwanuka von 40 Jahren alten Standards leiten: es sind genau 10 Songs, die Albumlänge ist unter 40 Minuten. Aber auch in dieser Frage kann man ihm zu der Entscheidung, nicht etwa noch weitere Tracks auf die CD zu packen, nur gratulieren. Nach diesen knapp vierzig Minuten möchte man das Album gleich noch einmal von vorn hören – anders als bei vielen Alben, deren letztes Drittel bei den meisten Durchläufen nicht mehr zum Zuge kommt, weil man vorher abgeschaltet hat.

Mit Home Again beweist Michael Kiwanuka, dass die Vorschußlorbeeren, die er nach seinen ersten beiden, nur digital veröffentlichten EPs erhielt, gerechtfertigt waren. Er hat das Potential das Genre des folkigen Soul neu zu beleben.

Die Frage, wann andere Labels "ihre Antwort auf Kiwanuka" ins Rennen schicken, ist nur eine Frage der Zeit.

Wertung: ++++½ (von +++++)

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