Mit Django Bates konnte die IG Jazz Rhein-Neckar einen der kreativsten und vielseitigsten Musiker der europäischen Jazzszene als Kurator für den Neuen Deutsche Jazzpreis 2012 gewinnen.

Mit Django Bates konnte die IG Jazz Rhein-Neckar einen der kreativsten und vielseitigsten Musiker der europäischen Jazzszene als Kurator für den Neuen Deutsche Jazzpreis 2012 gewinnen.

Der englische Pianist Django Bates nutzte das Eröffnungskonzert des Neuen Deutschen Jazzpreises in Mannheim zur Verneigung vor einem der größten Jazzmusiker aller Zeiten, dem amerikanischen Alt-Saxophonisten Charlie Parker, auch bekannt als "Bird". Mit der Dekonstruktion und Rekonfiguration bekannter Kompositionen des legendären amerikanischen Alt-Saxophonisten und einer Auswahl seiner eigenen Stücke gelang ihm ein vorzüglicher Auftritt, der das Publikum allerdings erst ganz am Ende mitriss.

{image}Es hat sich längst als Tradition etabliert, dass der jeweilige Kurator des Neuen Deutschen Jazzpreises am Vorabend des eigentlichen Wettbewerbskonzerts ein Konzert in der Alten Feuerwache spielt. In diesem Jahr trat der englische Pianist und Komponist Django Bates mit seinem Belovèd Bird-Trio auf. Wie der Name schon verrät, steht die Musik von Charlie Parker ("Bird") im Mittelpunkt des Auftritts der Band, zu der neben Bates auch Bassist Petter Eldh und Schlagzeuger Peter Bruun umfasst.

Parkers Bedeutung für die Entwicklung des Bebops und die Gestalt des modernen Jazz kann unmöglich überbewertet werden. Seine Kompositionen sind längst Teil des Standard-Repertoires geworden, sein Einfluss erstreckt sich auf jeden, der in den letzten 60 Jahren ernsthaft Alt-Saxophon gespielt hat. Die Auswahl von Parker-Stücken wie Scrapple From The Apple, My Little Suede Shoes und Confirmation bzw. Hard-Bop-Klassikern wie Tadd Damerons Hot House oder Miles Davis Donna Lee wird durch einige Eigenkompositionen von Bates ergänzt, die sich weitgehend nahtlos in das Programm einfügen. Angesichts der Bekanntheit von Parkers Kompositionen ist es nur konsequent, wenn Django Bates sich bemüht, diesen neue Seiten abzugewinnen, indem er ihre innere Struktur aufbricht und die Einzelteile neu zusammensetzt.

{image}Besonders bemerkenswert ist die rhythmische Gestaltung des Klavierspiels, das mit überraschenden Wendungen und unerwarteten Brüchen glänzt. Damit erinnert es an zwei große Pianisten, die in starkem Maß als Meister der Rhythmik glänzen, nämlich an Thelonious Monk und Cecil Taylor. Bates besitzt nicht die singuläre Genialität  Monks oder Taylors unbeugsame Radikalität, aber in dem tosenden Klavierläufen, den Bates auszeichnen, erinnert er manchmal an dessen überbordende Dynamik. Immer wieder streut Bates auch Melodien oder Fragmente von Melodien ein und hält so den Bezug zu den Parkerschen Kompositionen. Die Interpretationen wirken in der Suche eines Mittelwegs zwischen radikaler Dekonstruktion und werkgetreuer Darbietung gleichzeitig respektvoll und innovativ. Charlie Parkers Musik wird bewahrt und doch in die Gegenwart transformiert.

{image}In seinem Bemühen unterstützt wird Django Bates von Peter Bruun, dem lässigsten Schlagzeuger der Welt. Mit einer gerade aufreizenden Nonchalance lässt er seine Hände, Besen und Drumsticks über das Schlagzeug tänzeln. Bruun ist ein sanfter Drummer, jemand der die Musik nicht dominiert oder überfrachtet, sondern zielgerichtet gestaltet. Insofern bildet er einen Kontrast mit Bassist Petter Eldh, der mit seinem teilweise manischen Spiel gewisse Gemeinsamkeiten zu Bates aufweist. Dessen Eigenkompositionen ergänzen die Hard-Bop-Klassiker hervorragend. Das tieftraurige All The Way Down besitzt beispielsweise eine geradezu tragische Intensität und zeigt, dass Bates auch ruhigere, melancholischere Seiten besitzt.

{image}Das Publikum tut sich dennoch mit dem Auftritt des Pianisten und seines Belovèd Bird-Trios etwas schwer, was sich an der Intensität des Applaus ablesen lässt, der eher respektvoll ist und sich erst ganz zum Schluss auch Jubel beinhaltet.

Die Gründe sind mir persönlich nicht ganz klar, empfand ich das Konzert doch als auf eine positive Weise sperrig und originell, aber gleichzeitig als sehr intensiv und unterhaltsam. Übermäßige Akademisierung oder Verkopftheit habe ich gerade nicht wahrgenommen, es scheint aber so, dass das Teilen des Publikums anders gegangen ist. Wie groß die Unterschiede in der Wahrnehmung eines Konzerts sein können, hat sich ja schon häufig gezeigt.

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