Stefan Häublein ist Mastermind und Chef-Rocker bei S.ym. Das Multitalent spielt Gitarre, Piano, Schlagzeug und auch gerne die erste Geige, selbst wenn er auf die hinteren Plätze verwiesen wird.

Stefan Häublein ist Mastermind und Chef-Rocker bei S.ym. Das Multitalent spielt Gitarre, Piano, Schlagzeug und auch gerne die erste Geige, selbst wenn er auf die hinteren Plätze verwiesen wird.

Während Berlin seine Hippness-Hegemonie langsam ausbaut, kann man in Barcelona das Ende eines solchen Prozesses beobachten. An der Spree beginnen die ersten Gärtner des Kreativkapitalismus die urwüchsige DIY-Kunsttszene zu bewirtschaften, in Barcelona dagegen sind die Claims längst klar abgesteckt. Wo Großevents die aktuellen Trends mitbestimmen und nicht nur nachzeichnen, ist es schwer für neue Bands, sich zu behaupten. Eine arbeitet hart daran: S.ym, das Projekt eines Exil-Mannheimers.

{image}S.ym, das ist vor allem eine Idee von Stefan Häublein, der schon seit mehreren Jahren in Barcelona wohnt. Er schreibt die Songs, ist Frontmann, spielt Gitarre und singt. Der Rest der Band setzt sich gewöhnlich aus drei weiteren Musikern zusammen, deren Besetzung bis dato aber ständigen Wechseln unterworfen war. Neben Häublein ist der Franzose Arnaud Spicq die einzige Konstante der letzten Jahre. Der Mann am Bass war auch mit dabei, als die Band den IndiePendent Bandcontest für sich entscheiden konnte, und er wirkte bei den Aufnahmen zum aktuellen Debütalbum Closer And Closer mit.

{image}Diese Idee hinter S.ym besteht darin, die repetitiven Strukturen elektronischer Musik mit klassischen Rockinstrumenten zu spielen und – anstatt nur eines DJs – eine komplette Band für die Unterhaltung des Publikums sorgen zu lassen. Musikalisch sieht sich Häublein dementsprechend in der Tradition von Acts wie The Prodigy oder Kosheen, die schon früh damit begannen, auf der Bühne den Sampler und die Plattenspieler gegen Instrumente einzutauschen. Das Ergebnis sind Songs, in denen die Tanzaffinität von Elektro mit dem Groove von Rock unterlegt wird und die dank der Liveperformance einer kompletten Band mitreißender kaum seien können. Will man irgendwo im aktuellen Musikgeschehen einen Anker zur Verortung des Sounds von S.ym auswerfen, würde dieser sich wohl am ehesten in der Nähe der Kalifornier !!! und ähnlichen Vertretern des Dance-Punk verfangen.

{image}Aber auch wenn das Konzept, der Sound und die Bühnenpräsenz stimmen, Barcelona ist bei weitem kein Biotop voller Möglichkeiten für Newcomer. Der Sieg des Bandwettbewerbs hat dann auch nur "...eine kleine Tür einen Spalt weit aufgemacht. Wir haben erst den Fuß und dann den Arsch in den Spalt gedrückt", so Häublein über den Sieg beim IndiePendent.

Die Bandszene in Barcelona ist groß, dafür mangelt es aber an Venues für Bands, deren Besucherzahlen nur knapp in den dreistelligen Bereich hineinragen. Die Nacht in der Metropole am Mittelmeer pulsiert zwar, aber fast ausschließlich im Rhythmus der Clubbeats, für die die Stadt so berühmt ist. Die Bars besucht man zum Essen und Trinken, nicht für die in britischen Pubs üblichen Kleinkonzerte. Danach zieht es neben den Einwohnern auch die Millionen von Touristen im Stadtzentrum in die Clubs, in denen der DJ der Star ist. Selbst dort, wo noch vor ein paar Jahren die letzten Freiräume waren, in den Bezirken Poble Nou oder Raval, fressen sich immer mehr Glas-Stahl-Konstruktionen der Dienstleistungsgesellschaft hinein. So verschwinden die letzten Venues, die noch eine Bühne für kleinere und lokale Acts bieten, ohne dass sich der Szene wie in Berlin einfach in einen neuen Bezirk diffundieren könnte.

{image}Zudem wird der Kampf der Bands um mediale und publikumswirksame Auftritte seitens der Veranstalter schamlos ausgenutzt, denn es gibt "...massig ausbeutende Wettbewerbe und wenige, die dir weiterhelfen könnten", wie Frontmann Häublein aus eigener Erfahrung weiß. Eine Ausnahme bildet der bereits erwähnte IndiePendent-Bandcontest, den S.ym 2010 für sich entscheiden konnten. Neben der Siegprämie von 1000 Euro durfte die Band eine EP in einem professionellen Studio aufnehmen und zusätzlich gab es noch einen Videodreh obendrauf.

Am Ende wurde aus der EP dann sogar ein ganzes Album. Im Juni 2011 erschien das Werk unter dem Titel Closer And Closer bei dem neu gegründeten Label Onarama Records.

"In Barcelona gehen alle mit dem Ellenbogen voraus. Hier heißt es 'Go out and play!' und die Frage 'Wie?' Musst du dir selbst beantworten. Die Industrie weiß schon lange nicht mehr, was sie will, nur noch was sie nicht will", fasst Häublein die Erfahrungen, die er mit S.ym in Barcelona gemacht hat, zusammen. Solche Ernüchterung stand zum Beispiel beim Dreh für das Video ins Haus, als deutlich wurde, dass das Produktionsteam selbst wesentlich mehr an der Promo interessiert war, als am eigentlichen Video. Ein guter Clip ist trotzdem daraus geworden:

Trotz aller Widrigkeiten: S.ym werden sich nicht unterkriegen lassen, steht auf ihren Fahnen doch: "S.ym ha venido para quedarse! - S.ym ist gekommen, um zu bleiben!"

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