Die wiedervereinigte afro-amerikanische Band The Pyramids zelebrierte ihre Fusion von Jazz und afrikanischer Musik bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof vor einem Publikum, das alle Annäherungsversuche mit Distanz beantwortete.

Die wiedervereinigte afro-amerikanische Band The Pyramids zelebrierte ihre Fusion von Jazz und afrikanischer Musik bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof vor einem Publikum, das alle Annäherungsversuche mit Distanz beantwortete. © Daniel Nagel

Die wiedervereinigte afro-amerikanische Band The Pyramids zelebrierte ihre Fusion von Jazz und afrikanischer Musik bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof vor einem Publikum, das alle Annäherungsversuche mit Distanz beantwortete.

{image}Idris Ackamoor lässt es sich nicht nehmen, die faszinierende Geschichte der Pyramids selbst zu erzählen. Eine Gruppe junger afro-amerikanischer Studenten am liberalen Antioch College in Ohio reiste nach Europa getrieben vom Wunsch, eine Band zu gründen. In Europa angekommen gründeten sie The Pyramids, verbrachten längere Zeit in Afrika (u.a. in Ghana und Kenia), bevor sie in die USA zurückkehrten. Die Gruppe veröffentlichte drei Studioalben (Lalibela, King Of Kings und Birth/Speed/Merging), die vor wenigen Jahren von Ikef Records wiederveröffentlicht wurden und neues Interesse an dieser faszinierenden Band hervorriefen. Ihre damalige Musik weist Verbindungen zu Zeitgenossen wie dem Art Ensemble Of Chicago oder der Black Artist Group, aber auch Vorgängern in der musikalischen Erforschung afrikanischer Musik wie Sun Ra und Pharoah Sanders auf. Interessanterweise fanden diese Musiker in Europa allesamt fast ein breiteres Publikum als in den Vereinigten Staaten – oder gar in Afrika.

{image}Mehr als 30 Jahre nach ihrer Auflösung im Jahr 1977 standen The Pyramids wieder gemeinsam auf der Bühne und spielen seitdem in wechselnder Besetzung in Europa und Amerika. Nun traten sie im Heidelberger Karlstorbahnhof im Rahmen von Enjoy Jazz auf. Neben Idris Ackamoor (Alt Sax, Percussion) bestanden The Pyramids an diesem Abend aus Kimathi Asante (E-Bass, Percussion), Bradie Speller (Percussion, vornehmlich Congas), Kenneth Nash (Drums) und Kash Killion (Kontrabass). Abgesehen von Killion gehörten alle Musiker den Pyramids bereits in den 1970ern an. Margaux (oder Margo) Simmons, die in der ursprünglichen Besetzung Flöte spielte, fehlte allerdings, obwohl sie in der Vergangenheit mit der wiedervereinigten Band aufgetreten ist.

{image}Von einer Band, die so lange Zeit nicht mehr existierte, kann man nicht erwarten, dass sie nahtlos an die Musik anknüpft, die sie in den 1970ern gemacht hat. Es ist nur natürlich, dass The Pyramids ihre Musik nicht mehr mit der gleichen stürmischen Leidenschaft aufführen, die sie als junge Männer (und Frau) ausgezeichnet hat. Allerdings verschwindet dadurch eines ihrer hervorragendsten Merkmale und macht einer gewissen Ethno-Behaglichkeit Platz, auch wenn Idris Ackamoor immer wieder versucht, mit seinem Saxophonspiel gegenzusteuern. Allein, seine Mittel sind begrenzt und zwar deshalb, weil er sich mit seinem relativ leisen Ton nicht immer gegen die Percussion/Bass-Wand im Hintergrund behaupten kann. Außerdem fehlt ihm die Verstärkung in Form eines zweiten Blasinstruments – wie beispielsweise Margo Simmons Flöte. Aus diesem Grund hat man gelegentlich den Eindruck, das Konzert einer afrikanischen Percussiongruppe zu erleben.

{image}Zu dem etwas komischen Eindruck des Konzerts trägt auch das merkwürdige Verhalten der Zuschauer bei, das in gebührendem Abstand zur Bühne das Geschehen verfolgt. Dabei geben sich The Pyramids alle Mühe, das Publikum zu gewinnen: Der Einzug der Band, die sich den Weg durch das Publikum bahnte, während sie dabei spielen und singen, sorgte zu Beginn sofort für gute Stimmung. Auch später unternimmt Idris Ackamoor immer wieder mit Sax und Didgeridoo "Ausflüge" ins Publikum, vermag aber diese räumliche Lücke nicht zu schließen. Es ist schon seltsam: In bestuhlten Konzerten will jeder so weit vorne sitzen wie möglich und im (auf ausdrücklichen Wunsch der Band!) unbestuhlten Karlstorbahnhof weigert sich das Publikum größtenteils zur Bühne zu kommen. Trotz reichlich Applaus von Seiten der Zuschauer beeinträchtig dieses Verhalten das Konzerterlebnis – jedenfalls für den Schreiber dieser Zeilen.

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