Keith Caputo live 2011
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Keith Caputo live 2011 Foto: Jan Wölfer © regioactive.de

In diesem Jahr machte Keith Caputo mit seiner Ankündigung, dass er eine transsexuelle Frau sei und sich entschlossen hat, das Geschlecht zu wechseln, mehr Schlagzeilen als mit seiner Musik. Ein Jammer, wie er auf der aktuellen Tour unter Beweis stellt.

{image}Keith Caputo ist ein Mensch, dessen Leben schon immer eher ungewöhnlich verlief. Geboren als ein Kind eines Junkie-Pärchens und zur Adoption freigegeben wurde er in den 90er Jahren Frontmann bei der Metalband Life of Agony und trennte sich Ende des Jahrzehnts von der Band. Er gründete eine neue Gruppe, die sich sofort wieder auflöste, nahm sein erstes Soloalbum auf, versuchte danach die zuvor aufgelöste Band wieder zusammenzubringen und ging, nachdem deren Debütalbum erschienen war, zurück zu Life of Agony. In der Zwischenzeit veröffentlichte er auch Soloplatten, die jedoch teilweise nur über das Internet zu bestellen waren und keine größere Bekanntheit erlangten. In diesem Jahr ließ der nur 1,60 große Caputo verlauten, dass er eine transsexuelle Frau sei und gern Mina heißen würde. Solange die Geschlechtsumwandlung aber noch nicht abgeschlossen sei, würde er sich Keith Mina Caputo nennen. Eine Menge Munition für die Gossip-Seiten der Musikwelt also. Und seine Musik spielt dabei in der Wahrnehmung nur eine untergeordnete Rolle. Was sehr bedauerlich ist, denn sein Debüt-Soloalbum Died Laughing war und ist nach wie vor ein Meisterwerk und auch sein bislang letztes Soloalbum A Fondness For Hometown Scars von 2008 ist von beachtlicher Qualität. Als Solokünstler verbindet Caputo die harten Rockwurzeln mit seiner romantischen Ader, die in seinen durchaus melodramatischen Songs oft eine berührende Tiefe erreicht.

{image}Angekündigt als Keith Caputo and The Sad Eyed Ladies ist der erste Eindruck als die Band auf die Bühne kommt, dass da nur eine Sad Eyed Lady steht und der Name auf seine Mitmusiker nicht zutrifft. Das Konzert beginnt dann gleich mit seinem besten Song Home von Died Laughing, die Stimmlage tiefer angesetzt als im Original. Auch vermag seine dreiköpfige Begleitband nicht dieselbe Opulenz zu erzeugen wie auf der Studioversion. Intensiv gerät die Nummer dennoch, die Zeile "I think you need a psychotherapist to clean up your brain", die in den hymnenhaften Chorus leitet, verfehlt nach wie vor ihre Wirkung nicht. Caputo bleibt für die ersten vier Songs bei seinem Debüt und stellt nach dem begeistert aufgenommenen Honeycomb mit Identify den ersten neuen Song vor.

Anschließend wird dem Drummer Jochem von Rooijen ein Ständchen zum Geburtstag gesungen und Caputo überzeugt mit dem ebenfalls neuen Alaska und dem Life of Agony-Song My mind is dangerous. Der Leadgitarrist der Sad Eyed Ladies und Projektpartner bei The Neptune Darlings, Ryan Oldcastle, hat daraufhin seinen Solospot, in dem er den Song Blessed March ankündigt. Aber bereits nach wenigen Takten bricht er ab – irgendetwas scheint mit seiner  Akustikgitarre nicht zu stimmen. Genervt verschwindet er hinter der Bühne und kommt dann gleich mit Caputo und der ganzen Band zurück. "See, you pissed him off!" nuschelt Caputo lakonisch ins Mikrophon.

{image}Gegen Ende des regulären Sets wird dann der Song Nothing to lose durch einen überlangen Schlussjam, bei dem Caputo die Bühne schon verlassen hat, unnötig in die Länge gezogen. Wie Gitarreneffekte klingen, wenn man sie alle gleichzeitig anschaltet und der Bassist dazu seine Saiten lockert, kann man sich vorstellen – muss man aber nicht, denn es kommt nicht viel dabei rum. Musikalisch der Tiefpunkt der sonst durch die exzellente Begleitband hervorragend unterstützen Show. Am Ende kommt Caputo zurück und kündigt mit Selfish den letzten Song an. Für die Zugabe kommt er solo mit Hole in the head auf die Bühne zurück und gibt dann noch zum Abschied gemeinsam mit der Band das feine New York City von Died Laughing zu Gehör. Alles in allem ein schönes Konzert, das allerdings nicht an die Form anknüpfen kann, die er vor 10 Jahren bei seiner ersten Solotour auf der Bühne gelebt hat, als er wie ein an beiden Enden der Kerze brennender Derwisch über die Bühne sprang und einem dabei auch noch das Herz brach.

Setlist:

Home | Dew drop magic | Razzberry mockery | Honeycomb | Identify | December | Lamb to the slaughter | Alaska | My mind is dangerous| Blessed March (Ryan Oldcastle– abgebrochen) | Monkey | Angry Tree | Nothing to lose | Selfish

Zugaben: Hole in the head (solo) | New York City

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