Bosse

Bosse © Patrick Wamsganz

Als Vertreter für Niedersachsen tritt Bosse zusammen mit Anna Loos von Silly mit der Single "Frankfurt Oder" beim Bundesvision Song Contest 2011 an. Im November und Dezember steht dann seine "Wartesaal"-Tour an, die den Sänger in über zwanzig Städte bringt - über Mangel an Beschäftigung kann er ganz und gar nicht klagen. Vor seinem Auftritt bei Rock im Stadtpark in Magdeburg traf sich Julian Reinecke von regioactive.de mit Bosse zum Gespräch.

{image}regioactive.de: Deine neue Platte Wartesaal wurde Anfang 2011 veröffentlicht. Was für eine Resonanz hast du seitdem bekommen?
Bosse: Es ist besser gelaufen als ich gedacht hätte, viel besser jedenfalls als bei den anderen Alben. Viele Leute entdecken das Album immer noch für sich, was sich an den ziemlich hohen Wochenverkäufen ablesen lässt. Die Resonanz der Fans war ganz toll und die Tour war auch bis auf wenige Ausnahmen ausverkauft.
Wartesaal ist nicht mehr im Eigenvertrieb erschienen wie es bei dem Album Taxi der Fall war. Inwieweit hat es deinen musikalischen Alltag verändert?
Bosse: Mein musikalischer Alltag hat sich dadurch nicht verändert. Ich habe noch genauso viel zu tun wie vorher auch. Was sich aber verändert hat ist der geschäftliche Alltag. Taxi haben wir damals zu viert gemacht, während wir jetzt auf ein Team von 15 bis 20 Leute zurückgreifen können. Dadurch brauche ich mich um vieles nicht mehr kümmern. Ich entscheide zwar immer noch alles mit, bin aber weniger in das Tagesgeschäft eingebunden und muss mich nicht um E-Mails und solche Dinge kümmern. Bei Taxi war ich bereits nach zwei Monaten völlig fertig von dem ganzen Tagesgeschäft.

{image}Bei Taxi hat Sebastian Madsen mitgewirkt, bei deinem aktuellen Album Anna Loos von Silly. Mit wem würdest du denn noch gerne zusammenarbeiten?

Aus Deutschland gibt es eigentlich nur noch einen und das ist Sammy Deluxe.

Im Hinblick auf das Genre wäre das eine merkwürdige Mischung, oder?

Genau, deswegen wäre es ja auch so schön. Wir mögen uns sehr gern und er wäre so ein Typ, mit dem ich mir das vorstellen könnte.

Frankfurt Oder wurde als dritte Single veröffentlicht – wieso?

Frankfurt Oder habe ich bereits zum zweiten Mal veröffentlicht. Für mich war es immer ein absoluter Lieblingssong, schon damals war er mein Single-Favorit. Als wir dann das Angebot vom Bundesvision Song Contest bekommen haben und ich gesagt habe, dass Anna da auch mitmachen könnte, war die Plattenfirma davon begeistert.

Welche Version von Frankfurt Oder gefällt dir besser?

Ich mag die alte Version sogar etwas lieber, weil sie musikalisch eben so entstanden ist. Ich wollte den Song noch einmal remixen, weil das Album Guten Morgen Spinner von der damaligen Plattenfirma nicht so gut angepackt wurde. Auf Wartesaal haben wir einen Remix des Songs gemacht, der sich auch nicht mehr so um den Text dreht sondern ihn in eine Tanznummer verwandelt. In der neuen Version gibt es aber wieder eine Akustikgitarre und ein Klavier, um die Verbindung zwischen alter und neuer Version herzustellen.

Du trittst dieses Jahr beim Bundesvision Song Contest für Niedersachen an. Wie kam es dazu?

Ich weiß auch nicht so richtig, wie das hinter den Kulissen abläuft. Ich wurde von meiner Plattenfirma gefragt, ob ich für Hamburg, Berlin oder Niedersachen antreten will, da ich dort überall schon gelebt habe. Ich habe mich für Niedersachsen entschieden, weil ich dort geboren bin. Und ich finde man sollte für das Land antreten, in dem man geboren wurde oder die meiste Zeit seines Lebens verbracht hat.

{image}Mit welcher Platzierung rechnest du?

Ich kann es gar nicht einschätzen. Ich rechne mir im Vorhinein eigentlich gar nichts aus. Ich habe zwar eine große Fanbase und Anna bzw. Silly auch, aber dort spielen auch andere Bands, die eine große Fanbase haben. Am Ende kommt es auf das Lied und vor allem auf den Auftritt an. Es kann viel gut und viel schief gehen. Ich hoffe, dass wir unter die ersten zehn kommen.

Wen siehst du denn weit vorne?

Ich glaube Jennifer Rostock wird ziemlich weit vorne sein. Frida Gold und Juli sind aber auch nicht zu unterschätzen.

Wer sind deine persönlichen Favoriten?

Ich liebe Thees Uhlmann, ich mag Frida Gold und Andreas Bourani, für die ich damals auch einige Songs geschrieben habe. Jupiter Jones kenne ich auch schon ewig und mag ich auch sehr. Kraftklub finde ich auch sehr toll. Aber mein Favorit ist glaube ich Thees.

Wo wir gerade bei Thees sind. Er war jetzt gerade einige Tage in Kanada und hat dort einige Auftritte absolviert. Wäre das auch mal was für dich im Ausland aufzutreten?

Eigentlich nicht. Ich habe schon mehrfach Angebote z.B. vom Goethe-Institut bekommen, das mir eine kleine Tour in Argentinien angeboten hat. Das möchte ich aber erst machen, wenn in Cottbus mehr als 1000 Leute zu meinen Konzerten kommen und ich eine solche Auslandstour als Belohnung betrachten kann.

Du warst vor einigen Wochen bei RTL und hattest dort einen Gastauftritt bei Gute Zeiten, Schlechte Zeiten. Wie kam es dazu?

Die haben ebenfalls bei mir angefragt. Ich musste zunächst schmunzeln und  überlegen, wie viele Möglichkeiten es gibt, meine Musik im deutschen Fernsehen zu präsentieren – und da gab es nur noch GZSZ. Bei Ina Müller war ich schon, dort darf man auch nur einmal hin oder nach 5 Jahren mal wieder.

{image}Deine letzten drei Videos hast du in Tokio gedreht. Wie kamst du darauf?

Es gibt da so ein Typen, den ich schon aus dem Sandkasten kenne. Wie die meisten anderen hat er bei Taxi komplett umsonst mitgearbeitet. Ich habe dann bei Wartesaal zu ihm gesagt: "Ich habe jetzt ein Majordeal unterschrieben und etwas Geld übrig. Du kannst dir jetzt aussuchen, was wir machen!". Wir sind zuerst nach Singapur, dann nach Shanghai und dann nach Tokio gereist. Und ich fand Japan einfach am schönsten. Da mein Bruder in Japan gelebt hat, kannte ich es aus den Filmchen, die er dort gedreht hatte, als ruhiges Land. Und ich hatte einfach Bock auf Ruhe. In den Videos davor bin ich so viel gelaufen und diesmal wollte ich, dass die Videos mehr Ruhe ausstrahlen.

Hattest du Einblick in die dortige Musikszene?

Ja, wir waren auf einem Konzert. Man muss dazusagen, dass die Band eine Woche später auch im Prime Club in Köln gespielt hat, was etwas komisch war. Wir haben zweimal eine Karaoke-Bar besucht, was uns einen guten Einblick verschafft hat, wie das Volk so singt. Es war ganz süß, es gibt 2er, 10er und 100er Kabinen. Die meisten Leute gehen aber mit ihren Frauen und Freundinnen in 2er Kabinen. Die Leute ziehen sich dorthin zurück um ihre Ruhe zu haben, singen sich Liebeslieder, knutschen ein wenig und trinken eine Flasche Wein und gehen dann wieder nach Hause.

Wie siehst du die Zukunft des Musikfernsehens? Ist es noch wichtig, gute Musikvideos zu drehen?

{image}Ja, total. Die meisten Leute machen es wie ich und nehmen sich ihren Rechner und gehen raus in den Garten, setzen sich dort hin und schalten ab. Ich kriege dann von tape.tv gesagt was es neues gibt und dann klicke ich mich so durch und setze mir die Kopfhörer auf und kann in Ruhe Musikvideos gucken. Ich habe damals beim Musikfernsehen einfach vermisst, dass ich das schauen kann, was ich will, egal wann und wo. Ich finde dass Musikvideos mittlerweile fast noch wichtiger geworden sind.

Seit geraumer Zeit wirst du zusammen mit Phillip Poisel und Gisbert zu Knyphausen in die Schublade der Singer/Songwritern gesteckt. Würdest du deine Musik selbst auch so einordnen?

Das ist immer so schwierig mit diesen Schubladen. Man kann zu meiner Musik auf jeden Fall mehr tanzen als zu der Musik von Phillip Poisel, aber trotzdem verbinden uns beim Texten ähnliche Herangehensweisen und das gilt auch für Gisbert. Was uns aber wirklich verbindet ist, dass wir deutschsprachige Musik machen.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Wirkliche Pläne habe ich noch nicht. Ich mache auf jeden Fall ein Album, das im Februar oder März 2013 erscheinen soll und wir gehen im Herbst auf Tour. Dann kommt eine Unplugged-Tour im nächsten Jahr und danach werde ich viel schreiben.

Danke für das Interview!

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