Tri Minh Fotostrecke starten

Tri Minh

Ein vibrierender Lärmpegel aus Gehupe und knatternden Motorrollern schlängelt sich durch die Straßen der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi. Von hier stammt Tri Minh, einer der landesweiten Pioniere der elektronischen Musik. Den Klang seiner Stadt hat er schon zum Thema gemacht, indem er Geräusche von der Straße eingefangen und sie in experimentellen Beats reproduziert hat. Im Interview erzählt er zudem über das erste urbane Musikfestival Vietnams und seine Erfahrungen, die er als vietnamesischer Electro-DJ in Europa gesammelt hat.

regioactive.de: Kannst du dich zunächst bitte kurz vorstellen?

Tri Minh: Hi, mein Name ist Tri Minh und ich bin der Veranstalter des Hanoi Sound Stuff Festivals. Mit sechs Jahren habe ich angefangen erste Instrumente zu spielen. In der Musikakademie habe ich Klavier gelernt und darin auch mein Studium abgeschlossen.

Mein Sound ist eine Fusion aus traditionellen vietnamesischen Klängen und elektronischen Elementen. Ich verwende traditionelle Instrumente, die ich zum Teil selbst einspiele, experimentiere aber auch mit Aufnahmen von Geräuschen oder Konversationen, die es auf den Straßen in Hanoi einzufangen gibt. Der Elektrosound soll am Ende typisch vietnamesisch klingen.

Von welchen Künstlern werden junge vietnamesische Musiker wie du beeinfluss?

Tri Minh: In den 90er Jahren hatte meine Generation die Möglichkeit die westliche Kultur durch Leute kennen zu lernen, die nach Vietnam zurückkamen oder Ausländer, die anfingen hier zu arbeiten. Sie brachten russische, ungarische oder auch elektronische Songs mit, die mich beeinflusst haben. Durch die aufkommenden Wirtschaftsbeziehungen bekam ich Kontakt zur deutschen und englischen Festivalkultur. Der größte Einfluss kommt heutzutage aber über das Internet.

Was ist dein Fazit des diesjährigen Hanoi Sound Stuffs?

Tri Minh: Zunächst war es unser Ziel das Hanoi Sound Stuff besser zu organisieren. Es ist sehr gut gelaufen. Im nächsten Jahr wollen wir uns trotzdem nochmals steigern. Vor allem wollen wir uns besser austauschen. Kollaborationen mit deutschen Künstlern und Musikern aus anderen Ländern sind wichtig, damit wir dem vietnamesischen Umfeld und den Künstlern hier die Gelegenheit geben können sich stetig weiter zu entwickeln und ihre Möglichkeiten besser auszuschöpfen. Das gilt besonders im elektronischen Bereich, da wollen wir etwas bewegen.

Hast du schon spezielle Musiker für das Festival 2012 ins Auge gefasst?

Tri Minh: Nächstes Jahr ist das fünfjährige Jubiläum von Hanoi Sound Stuff. Zu diesem Anlass möchten wir die Künstler einladen, die uns über die Jahre hinweg schon begleitet haben. Da ist zum einen der deutsche Electro-DJ Robert Henke, auch Mouse on Mars haben schon auf dem Sound Stuff gespielt. Einladen würde ich z.B. gerne noch Hundreds oder Clueso aus Deutschland.

Wie ist das als Electro-DJ aus Vietnam? Welche Nachteile oder vielleicht sogar Vorteile hast du, wenn du dich mit Electro-DJs aus Europa vergleichst?

Tri Minh: Also ich sehe mich weniger als Electro-DJ, sondern mehr als Musiker allgemein. Ich denke, dass ich den Europäern mit meiner Technik in nichts nachstehe. Für meine Shows arbeite ich mit Profis zusammen. Zum Beispiel mit Status.

Er ist ein vietnamesischer Künstler, der sich um alle Visualisierungen bei meinen Auftritten kümmert und sie vorher ausarbeitet. Der große Nachteil ist, dass es hier keine Community um mich herum gibt, die mit mir wächst. Hoffentlich gelingt es mir durch die Festivals die Leute hier zu ermutigen, so dass eine Community heranwachsen kann.

Eine Szene für elektronische Musik gibt es also noch nicht in Vietnam?

Tri Minh: Ich denke, dass wir vielleicht in kleinem Umfang so etwas wie eine Szene hier haben. Es gibt Künstler wie Vu Nhat Tan, Sonic, Manh Hung, Van Cuong. Außerdem haben wir Quoc Trung, einen sehr bekannten Künstler. Wenn ich so darüber nachdenke kann man vielleicht doch schon von einer kleinen Szene sprechen (lacht).

Gibt es ein offizielles Album von dir?

Tri Minh: Letztes Jahr habe ich mit Robert Henke und Vu Nhat Tan ein Album namens Hanoi Sound Scape gemacht. Wir haben Straßengeräusche in Hanoi aufgenommen und die Klänge reproduziert. So ist etwas ganz Neues entstanden, das im Kern aber dennoch den Charakter von Hanoi trägt, aber anders dargestellt ist.

Du hast schon in berühmten Clubs in Berlin aufgelegt. Wie waren deine Erlebnisse in Europa bisher?

Tri Minh: Ich habe Glück, dass mich das Goethe-Institut Vietnam unterstützt. Dadurch konnte ich schon viele Festivals in Deutschland besuchen. Auch konnte ich in vielen bekannten Clubs in Deutschland, wie dem Tresor in Berlin, auflegen. Das hat mich stolz gemacht, ich glaube ich bin sogar der einzige Vietnamese, der jemals im Tresor aufgelegt hat. Mein Set mit vielen vietnamesischen Einflüssen kam bestens beim Publikum an. Am Ende habe ich dann sogar noch einen Song von My Tam (Anm.d.R.: Popsängerin aus Vietnam) gespielt.

Ein besonderes Erlebnis hatte ich in der österreichischen Stadt Dornbirn. Das liegt im Grenzgebiet von Deutschland und der Schweiz. Da gab es einen kleinen aber berühmten Club in dem ich aufgelegt habe. Nach meinem Set, einer Kombination aus traditionellen vietnamesischen Songs und Elektromusik, hat das Publikum "Ho Chi Minh, Ho Chi Minh" Sprechchöre angestimmt. Das fanden sie witzig wegen meinem Namen Tri Minh. Aber ich denke das war nur nett gemeint, denn das Publikum hatte den Auftritt sehr gefeiert.

Was hast du dieses Jahr noch geplant?

Tri Minh: Diesen Sommer werde ich einige Auftritte in Schweden, Dänemark und Italien spielen. Außerdem steht eine kleine Tour durch Osteuropa an. Sehr gerne würde ich auch mal in Spanien auf dem Sonar Festival auftreten. Ich denke das wäre ein gutes Zeichen für Vietnam, wenn wir Künstler hätten die auf internationalen Festivals mit solcher Bedeutung spielen würden.

Was wünschst du dir für die Zukunft der Elektro- und Musikszene in Vietnam?

Tri Minh: Ich wünsche mir, dass die vietnamesischen Künstler weiter fleißig üben damit sie ihre Technik verbessern können. Wenn wir durch Auftritte mehr Kontakt mit dem ausländischen Publikum haben können wir in der Welt ein neues Bild von Vietnam verbreiten.

Viel Erfolg dabei und danke für das Interview!