BB King (live in Stuttgart, 2011)

BB King (live in Stuttgart, 2011) © Hannes Mezger

Am 1. Juli 2011 wurde das Jazzopen Festival in Stuttgart volljährig. Eröffnet wurde das über die Jahre gereifte Event von einem, man möchte nicht spöttisch klingen, sehr volljährigen großen Mann: B.B. King.

{image}Recht früh beginnt das Fest, das zum ersten Mal auf dem Schlossplatz stattfindet. Die ersten drei Tage zumindest. Bereits um 18 Uhr beginnt James Hunter zu spielen. In aller Kürze gefühlt immer im Hinblick auf B.B. King, der auf 21 Uhr angesagt ist. Über Jazzeintritts- und Getränkepreise muss man keine Worte mehr verlieren, wenn man nicht gerade Erstbesucher einer solchen Veranstaltung ist. (In Klammern sei erwähnt, dass es für rund 5000 Musikhungrige und Allgemeindurstige bloß eine Biertheke gibt). Bei Sonnenschein hämmert die altbekannte Funkrockformation Mother's Finest von 19 Uhr ab anderthalb Stunden lang eine Nummer nach der anderen raus. Allerdings ohne Höhepunkt im Programm. In Relation zu dem Hauptact des Abends in jedem Fall eine Vorband. Eine solide, laute, bemühte, wach machende (nicht, dass das Publikum erst wach hätte werden müssen) Leistung. Hervorgehoben werden sollte alleine Gary "Moses Mo" Moore, der neben seinem mechanischen Tanzstil, durch den sein dünnhaariges Haupt noch lustiger über die Bühne flirrt, beste Laune und herzlichste Bemühung zeigt.

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{image}Um 20:45 Uhr sammelt sich B.B. Kings Gefolgschaft, wenn man die musikalischen Begleitgrößen (beispielsweise Melvin Jackson am Saxofon) unter dem König so nennen darf, schon auf der Bühne. Bevor der Protagonist sich die Ehre gibt, stellt sich jeder Künstler mit einem Solo vor, die Menge feiert, als wäre das Konzert zu diesem Zeitpunkt schon am Höhepunkt angelangt. Die Stimmung auf der Bühne scheint großartig, aber in einer bestimmten Art und Weise bewegen sich die Musiker noch in stiller Demut sehr zurückhaltend, bis B.B. von stark tönendem Beifall empfangen wird. Ein Stuhl wird mittig platziert, die Eminenz hereingeführt.

{image}Pathetisch: Der Name ist Programm. Der King thront auf dem Stuhl in ruhiger Gelassenheit und freudiger Zufriedenheit, die ihn zu einem, dann zu einem zweiten, dann zu einem x-ten Scherz veranlasst. Fantastische Unterhaltung zu Beginn des Konzerts. Manche älteren Herren spielen jahrelang Dame auf der eigenen Sonnenterrasse im Südschwarzwald, andere ältere Herren spielen über dreißig Jahre zusammen bis ins hohe Alter auf den Bühnen der ganzen Welt. Die Vertrautheit ist nach außen hin deutlich zu spüren, die Zufriedenheit stellt sich beim Zusehenden zusehends ein. Mit dem ersten angestimmten Song stehen 5000 Begeisterte auf, 10000 Hände hängen in der Luft. Bewunderung, Nostalgie, Achtung. Vor allem Achtung ist es, die dem betagten Herren, der am Vortag noch in Paris aufgetreten war, entgegengebracht wird. Das Alter sieht man ihm deutlich an, ohne das Ganze kritisch zu beäugen. Jeder altert.

{image}Das Konzert hat sehr gut begonnen, hält sich auch noch, bis die ersten Wiederholungen in Ansagen und Humor auftauchen, dann fällt der Spannungsbogen rapide ab. B.B. King scherzt über einen Zettel auf der Bühne, der ihn darauf hinweisen soll, pünktlich um 22.30 Uhr das Konzert zu beenden. Er lacht, reißt den Zettel ab, aber es wird sich bestätigen, dass es länger nicht hätte gehen können. Seine kindliche Art, Dinge zu erzählen, die Zeitloses betreffen, dringt mit jedem gesprochen Satz ins Herz des Empfängers. So auch, als er einen kleinen Jungen auf die Bühne bittet, ihn ernst und liebevoll, dankbar umarmt, und meint: "I thought I was crazy for a second. Just in this moment I saw myself at this age again."

Die Veranstaltung lebt von Erinnerung. Das letzte Lied, das er mit Unterstützung des Publikums spielt, ist einem seiner Freunde gewidmet, der auf anderer Ebene ebenfalls ein Freund aller Zuhörer ist: Louis Armstrong. Zehn Minuten marschieren Heilige durch Stuttgart. Um 22.20 Uhr verlässt B.B. King sich lange verabschiedend die Bühne.

Abschied. Es klingt nach – Abschied.

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