Mary Gauthier (live in Frankfurt, 2011) © Daniel Nagel
{image}Der Auftritt der amerikanischen Sängerin Mary Gauthier war gezeichnet von den Erlebnissen eines entbehrungsreichen Lebens. Jedoch weit entfernt davon, eine gebrochene Persönlichkeit zu sein, präsentiert sich Mary Gauthier als durch ihre Erfahrungen gestärkt. Sie schwelgt nicht in Selbstmitleid, sondern gestattet sich unsentimentale Betrachtungen, die durch ihre Offenheit und Aufrichtigkeit bestechen. Nur begleitet von Tania Elizabeth (Percussion, Violine, Harmoniegesang), spielt Gauthier akustische Gitarre und singt ihre geradlinigen Lieder mit nasaler Stimme in starkem Südstaaten-Akzent, der ihre Herkunft aus New Orleans weder verschweigen kann noch will. Mary Gauthier läuft vor nichts mehr davon.
Interessanterweise spielt Mary Gauthier nicht allzu viele Songs von ihrem aktuellen Werk (u.a. Walk On Water), dafür umso mehr von ihrem exzellenten 2007er Album Between Daylight and Dark, nämlich den Titelsong als Opener, eine großartige intensive Version von Can't Find The Way, Before You Leave und den Talking Blues Last Of The Hobo Kings, das - eingebettet in eine historisch-mythische Geschichte – den Abschied vom Leben on the road behandelt. Weitere Highlights bilden vor allem die Songs ihres Albums Oh Mercy, so der unverstellte Blick auf ihre Alkoholabhängigkeit in I Drink, eine umjubelte Version von Wheel On A Wheel und das versöhnliche Titelstück, das sie als Zugabe spielt.
Das erfreulich zahlreich erschienene Publikum nimmt die zwischen erdigem Country, Folk und Blues angesiedelte Musik mit großer Begeisterung auf. Mary Gauthier zeigt sich als schnörkellose, aber leidenschaftliche Interpretin: Ihre Lieder schwanken zwischen der Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe und den Dämonen einer Vergangenheit, die sich nicht so leicht abschütteln lassen. Aus ihnen spricht tiefe Lebenskenntnis und aufrichtige Menschlichkeit, die man bei vielen gegenwärtigen Künstlern vergeblich sucht.