James Blake

James Blake © Polydor

Bei seinem Auftritt im Kölner Luxor überzeugte James Blake mit einem dermaßen perfekten Sound, dass es fast irreal war: Am Ende klang beinahe jedes Lied wie aus der Konserve, ein richtiges Live-Gefühl wollte sich nicht einstellen. Begeistert konnte man aber trotzdem sein.

{image}Schon lange vor dem Konzerttermin musste der Ticketsuchende bei jeder Verkaufsstelle "Ausverkauft" lesen, was aber einige Wagemutige nicht davon abhielt, vor dem Luxor doch noch ihr Glück zu versuchen, um an eine letzte Karte zu kommen. Einige schafften es dann auch noch und konnten um kurz nach 21 Uhr die Vorband genießen, für die allein sich das Anstehen schon lohnte. Denn Cloud Boat aus England gaben auf den Hauptact des Abends James Blake einen guten Vorgeschmack. Die aus zwei Musiker an Gitarre und Sampler bestehende Band spielte sphärische Musik mit einem starken Bass, an einigen Stellen sehr hochgepitchtem, aber trotzdem wunderbarem Gesang und guten Ideen im Songwriting. Leider wurden mit der Zeit aber auch einige Längen und Wiederholungen deutlich, die im Endeffekt das Gesamtbild aber nicht trübten: Cloud Boat kann man auf dem Schirm behalten.

Um 22 Uhr betraten James Blake und seine beiden Mitmusiker die Bühne. "James Blake is known for injecting some soul into the genre of dubstep", schreibt die englischsprachige Musikdatenbank allmusic.com; ein guter Wegweiser für das, was jetzt kam, denn der Londoner vermischte auch in Köln laute Bässe und ruhige Passagen. Dabei klangen die ruhigen Passagen dank der Anlage des Clubs besser, die lauten Bässe hingegen schwächelten leider etwas. Hinzu kam die viel zu niedrige Bühne des Clubs, die bestimmt nicht wenigen Zuschauern die Chance verwehrte, Blake mit eigenen Augen zu sehen. Das entzog dem Ganzen leicht den Charme eines Livekonzerts, besonders weil sich der Londoner auch wenig experimentierfreudig zeigte und seine Songs so spielte, wie man sie von der Platte kannte. Natürlich baute Blake hier und da kleine Ideen ein, aber selbst damit klangen Songs wie Give Me My Month beinahe wie aus der Konserve. Dabei ist das "wie" zu betonen, denn Blake und seine Band, Gitarrist Rob McAndrews und Schlagzeuger Ben Assiter, spielten alles live. Das hörte man spätestens, als auf einem Sample die lauten Jubelschreie des Publikums immer und immer wieder abgespielt wurden und für eine großartige Stimmung sorgten.

{image}Neben Give Me My Month und anderen Songs aus dem aktuellen Album James Blake war auch Platz für "ältere" Stücke wie Klavierwerke von der gleichnamigen EP, bevor es zu den Hits kam. Und so durfte Limit to Your Love, das Cover von Feists Songs aus ihrem Album The Reminder, natürlich nicht fehlen. Der Unterschied zur Version der Kanadierin war live neben dem zerbrechlich wirkendem Gesang von Blake vor allem der exorbitante Bass, den höchstwahrscheinlich nicht alle Leute so erwartet hatten. Denn gerade wenn man den Song zuvor nur mit Köpfhörern oder preiswerteren Boxen gehört hatte, kannte man dieses für den Song wichtige Element nicht oder hatte es bisher nur erahnt. Jetzt im Luxor aber zeigte sich deutlich, warum James Blake und Dubstep in einem Atemzug genannt werden. Geschenkt ist da eigentlich schon, dass Blake hier endlich einmal etwas mehr gab und das Ende des Songs in eine Dubhölle voller Halleffekte verwandelt wurde.

"All that I know is / I'm fallin', fallin', fallin' / Might as well fall in". The Wilhelm Scream bot als vorletzer Song dann nicht nur live einen schönen Schlusspunkt vor der Zugabe, auch der Background ist interessant. So rührt der Titel vom gleichnamigen Soundeffekt her, der in unzähligen Filmen den gewaltsamen Tod einer Figur passend untermalt. Egal ob "Jäger des verlorenen Schatzes", "Stirb Langsam 3", "Krieg der Sterne" oder "Die Teufelsbrigade", in dem der Effekt zum ersten Mal verwendet wurde: Sobald der Wilhelmsschrei erklingt, hat es jemanden erwischt. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Schrei zum Running Gag in der Filmbranche, behielt aber seine Funktion als Todesschrei bei, was dem Song von James Blake zum einen natürlich nocheinmal eine tiefere Dimension gibt, gleichzeitig den Inhalt aber auch etwas karrikiert.

Ein musikalisch und verwandtschaftlich wichtiger Punkt ist hingegen, dass James Blake einzelne Elemente aus einem Lied seines Vaters James Litherland benutzt. Where To Turn heißt das gute Stück und erschien 2006 auf dem Album 4th Estate. Im Vergleich der beiden Songs ergibt sich eine ganz andere, aber nicht weniger interessante Seite des Wilhelm Screams:

Zurück zum Konzert: In Köln näherte sich nach knapp 50 Minuten Auftritt alles dem Ende zu, mit einem bisher unveröffentlichtem Song ging James Blake in seine Zugabe über. Dieser geriet an dem Abend leider noch nicht allzu spektakulär, Blake ist aber dafür bekannt, an seinen Songs weiterzuarbeiten: Als I Never Learnt To Share im Sommer 2010 im Netz erschien, wurde der Song von ihm umgeschrieben und in einer knapp eineinhalb Minuten längeren Version auf das im Februar diesen Jahres erschienene Album gepackt.

Nach dem Konzert stand beim Nachsinnen in einer russischen Bar mit einer Flasche Baltika 3 in der Hand fest: James Blake spielte in Köln ein technisch perfektes, aber kurzes und unspektkuläres Konzert, dass unter seiner Perfektion und unter der schlechten Sicht auf die Bühne zu leiden hatte.

Setlist James Blake

Unluck | To Care (Like You)| Give Me My Month | Tep & The Logic | I Never Learnt To Share | Lindisfarne | Klavierwerke | Limit To Your Love | The Wilhelm Scream | E----- T-----

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