Rainer Pusch

Rainer Pusch

Die diesjährige Verleihung des Neuen Deutschen Jazzpreises begann am Freitag mit zwei exzellenten Auftritten des diesjährigen Kurators Bojan Z sowie des Saxophonisten Rainer Pusch.

{image}Der Erfolg des Neuen Deutschen Jazzpreises, der seit 2006 von der IG-Jazz Rhein-Neckar verliehen wird, lässt sich nicht nur am stetig wachsenden Zuschauerzuspruch, sondern auch an den namhaften Kuratoren ablesen, die für die Auswahl der Bands zuständig sind. In diesem Jahr gelang es den Verantwortlichen, den serbischen Pianisten Bojan Zulfikarpašić, genannt Bojan Z zu gewinnen. Der Tradition gemäß spielte er am Freitagabend ein Konzert mit einem speziell für diesen Anlass zusammengestellten Quartet. Den Konzertabend eröffnete jedoch eines der Gründungsmitglieder der IG-Jazz, der Saxophonist Rainer Pusch. Pusch erhielt Ende der 1980er Jahre durch ein Stipendium die Gelegenheit karnatische, also klassische süd-indische Musik am Kalakshetra College of Fine Arts in Chennai zu studieren. Aufgrund der Einladung der IG-Jazz konnte seine Bearbeitung verschiedener Ragas in der Alten Feuerwache in Mannheim aufzuführen. In kurzer Zeit stellte er eine aus Norbert Scholly (Gitarre), Norbert Dömling (Bass), Cris Gavazzoni (Schlagzeug) und dem aus Sri Lanka stammenden Sänger und Perkussionisten Manickam "Yoga" Yogeswaram bestehende Band auf die Bühne und nannte sie Karuna Kshetra.

Rainer Pusch versprüht eine ungeheure Begeisterung für karnatische Musik, in den Pausen erzählt er von der komplizierten musikalischen Struktur dieser Musik, von ihrer langen, jahrhundertealten Tradition und von seinem Stolz, dass sein Lehrer (karnatische Musik kann man nur mündlich lernen, erzählt er) Stücke für ihn geschrieben habe. Seine Bearbeitung karnatischer Ragas ruht auf einem überraschend konventionell erscheinenden Fundament, das an Jazz-Rock der 1970er erinnert und auf dem Puschs leidenschaftliches Saxophonspiel ruht. Im Mittelpunkt steht aber fraglos der Gesang von "Yoga", dessen ausdrucksstarker – und für westlich geprägte Ohren – exotischer  Gesang bemerkenswert mühelos mit der Musik verschmilzt. Dennoch stellt sich die Frage, ob es besser gewesen wäre, das Konzert lediglich auf Saxophon und Gesang zu beschränken. Für diese Sichtweise spricht ein genialer Moment am Ende des Konzerts, in dem Saxophon und Gesang in einem Moment unerhörter Harmonie parallel erklingen. Die Reduktion auf zwei Instrumente hätte möglicherweise noch stärkere Eindrücke ermöglicht, als der vergleichsweise konventionelle Jazz-Rock Hintergrund, der durch Lautstärke und Intensität manchmal den sehr fein gestalteten Gesang überdeckt. Auf der anderen Seite hätten die Zuschauer dann auf eine wunderbar-ironische Percussion-Battle zwischen Gavazzoni und Yoga verzichten müssen, einen der Höhepunkt des fast achzigminütigen Konzerts, das die Zuschauer begeistert feiern.

{image}Nicht minder umjubelt war der anschließende Auftritt von Bojan Z, der – auf Anregung der Veranstalter – zum ersten Mal mit seinem langjährigen Freund, dem Saxophonisten Julien Lourau auf der Bühne stand. Lourau fügte sich allerdings nahtlos in Bojan Zs reguläres Trio, bestehend aus Bojan Z selbst (Klavier und Fender Rhodes), Thomas Bramerie (Bass) und Martijn Vink (Schlagzeug) ein. Eine wesentliche Stärke von Bojan Zs Quartet besteht darin, binnen weniger Augenblicke einen gänzlichen Umschwung der musikalischen Stimmung so herbeizuführen, dass er natürlich und folgerichtig wirkte. Seine vielbeschworene Vielseitigkeit ist somit auch eine Vielseitigkeit der Stimmungen und der Ausdrucksformen. In manchen, ruhigeren Augenblicken des leisen Anschlags scheint die Zeit fast stillzustehen, dann wieder beschleunigt Bojan Z Dynamik und Intensität und bringt die Musik dadurch in die Nähe des Siedepunktes. 

Lourau ist in der Lage, sich einer Vielzahl musikalischer Spielweisen zu bedienen, er kann sowohl lyrisch als auch frei und wild klingen. Bramerie und Vink bilden eine unauffällige, aber ungeheuer solide Rhythmusgruppe, während Bojan Z mit der ihm eigenen Variabilität in der Lage ist, spannungsvolle Kontraste zu erzeugen. Seine Einflüsse mögen sich auf ganz unterschiedliche Musikrichtungen von Funk über Jazz  bis zu Folk und Rock erstrecken, entscheidend für das Gelingen ist, dass Bojan Z in der Lage ist, diese Einflüsse zu einem harmonischen Ganzen zu vereinigen, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Nach einem mehr als neunzigminütigen Konzert verabschiedet das Publikum Bojan Z und seine Band mit begeistertem Applaus.

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