Joan As Police Woman

Joan As Police Woman © Greyzone Concerts

Joan As Police Woman ist das Projekt der aus New York stammenden Sängerin und Violinistin Joan Wasser. Mit "The Deep Field" hat die ehemalige Freundin des verstorbenen Musikers Jeff Buckley Anfang dieses Jahres ein neues Album veröffentlicht. Unser Redakteur Daniel Voigt traf Joan Wasser in Berlin und sprach mit ihr über das aktuelle Album, ihre Heimatstadt New York City, Liebe, Nervosität und die Natur.

{image}regioactive.de: Dein neues Album heißt The Deep Field. Wie kamst du auf diesen Titel?
Joan Wasser: Ein Teil des Sternenhimmels wird als Deep Field bezeichnet, das vom Weltraumteleskop Hubble aufgenommen wurde. Das Besondere am Deep Field ist, dass dieser Bereich des Weltraums eine Reihe von neuen, jungen Galaxien beherbergt. Das Teleskop soll herausfinden, wie diese Galaxien geformt und aufgebaut sind. Ich sah Fotografien aus diesem Bereich und ich fand die Aufnahmen wunderschön und dass sie diesen so einen poetischen Namen gaben. Andererseits kann The Deep Field auch eine Allegorie für den eigenen Verstand sein. Denn der Geist eines Menschen kann für sich selbst stehen und im Innern des Körpers bildhaft eine eigene Galaxie für sich darstellen.

Du hast gesagt, deine Platte wäre die fröhlichste und offenste Platte, die du je gemacht hast. Wie schwer ist dir diesmal der Schreibprozess gefallen?

Joan: Die Platte ist zwar sehr persönlich, aber eigentlich sind auch alle meine anderen Alben sehr persönlich. Ich weiß gar nicht, wie man Musik machen soll, die nicht persönlich ist. Was den Schreibprozess angeht hat es mir schon immer Spaß gemacht Songtexte zu schreiben. Dennoch fühlte ich mich bei manchen Songs zwar gut, bei manchen anderen aber auch sehr schlecht. Das kam von der schwierigen Phase, die ich bei meiner letzten Platte durchmachen musste. Deswegen entschied ich nach einer Weile, dass ich am besten für eine etwas längere Zeit mit dem Schreiben meiner neuen Platte aufhören und stattdessen lieber eine Cover-Platte machen sollte. Als ich dann wieder mit dem Schreiben begann, fühlte ich mich schon um einiges frischer. So nahm ich acht Songs letztes Jahr und fünf weitere Songs im Sommer auf. Dann mixten wir das und heute sitze ich nun hier.

Hast du dabei viel mit dem Sound experimentiert?

{image}Joan: Ich finde, dass zu viele Pläne nicht gut für meine Musik sind. Zuerst habe ich versucht, dem Sound eine Basis zu geben, damit man auf dieser Basis aufbauen kann. Fünf Bassisten und ein Schlagzeuger halfen mir dabei. Dazu benutzten wir immer den selben Raum. Ich nehme sowieso meine Platten immer am selben Ort, besser gesagt im selben Studio, auf. Der Name des Studios ist Trout Recording und der Produzent heißt Bryce Goggin. Wenn man beim Schaffen von kreativen Dingen möglichst entspannt ran geht, dann empfinde ich das als das Beste für die Musik. Wir spielten den Song also immer wieder ein, aber entschieden nicht sofort, welches Material wir davon benutzten. Dann bat ich einige meiner Lieblingsmusiker aus New York ins Studio zu kommen und die Songs mit mir nochmal zu spielen. Viele hatten den Song zuvor noch nicht hören können und ich gab ihnen auch keine Tipps. Sie sollten den Song stattdessen erst einmal ohne vorherige Interpretation spielen. Das finde ich toll, denn nur so kannst du ihre ganz eigenen Interpretationen und Emotionen einfangen. Und dann gestaltete ich die Songs mit ihnen weiter, indem wir uns die Songs noch einmal gemeinsam anhörten und ich sie bat, bei den Aufnahmen genau so zu spielen, wie sie es getan hatten, als sie die ersten Impulse und die ersten Emotionen für diese Songs verspürt hatten.

Du stammst aus New York City. Wie beeinflusst dich diese Stadt?

Joan: Ich mag New York City sehr gerne, weil es eine sehr vielfältige Stadt ist, ob es nun um das Kulturelle, Regionale oder Finanzielle geht. Es leben dort Leute aus jeder Ecke der Welt. Das ist die Art von Stadt, in der ich leben möchte. Berlin ist in dieser Weise ja ähnlich. Und New York City beeinflusst auf jeden Fall auch meine Musik, weil ich dort eine Reihe von Musikstilen aus unterschiedlichen Gegenden kennenlernen konnte und eine Reihe von Erfahrungen im Kommunizieren und Interagieren mit Menschen machen durfte und immer noch mache.

Deine Platte beginnt mit den Worten: "I want you to fall in love with me" und ein Song heißt Run For Love. Was bedeutet der Begriff "Liebe" für dich?

Joan: Liebe kann es auf unterschiedlichen Ebenen geben. Ich liebe zum Beispiel das Leben. Liebe ist so als würde man in einem gottähnlichen Zustand leben, den du in unterschiedlichen Situationen entweder mit deinem Liebhaber, deiner Mutter oder deinem Freund teilen kannst. Du akzeptiert das Wesen dieser Personen so wie sie sind. Ob der Geliebte nun etwas tut, mit dem du einverstanden bist oder nicht. Du akzeptierst, dass die Person nicht perfekt ist, weil du weißt, dass sowieso niemand perfekt sein kann. Liebe ist für mich also die totale Akzeptanz von etwas.

Ein anderer Song heißt Nervous. Bist du selbst eine nervöse und rastlose Person?

Joan: Ich denke ja, auch wenn ich versuche, meine Gedanken immer wieder herunterzufahren. Doch ich kann schon dann nervös werden, wenn ich mich an einem Platz wiederfinde, der für mich fremd wirkt. Ich meine damit kein fremdes Land. Ich meine damit eine Art von Interaktion, obwohl ich in diesen Momenten gar nicht darüber nachdenke, dass ich nervös oder verwundbar wirken könnte. Ich habe es sogar ein wenig zu schätzen gelernt und mag das Gefühl, weil es bedeutet, dass ich mich herausfordere und mit mir auf eine gewisse Weise selbst kämpfen muss.

{image}Im Song I Was Everyone geht es wiederum um Selbstzweifel. Welche Rolle spielen Selbstzweifel in deinem Leben?

Joan: Selbstzweifel hatte ich schon mein ganzes Leben lang. Vor allem in der Zeit, in der ich am unsichersten und verwundbarsten war. Das Gefühl kenne ich auch beim Songschreiben. Dort denkt man ständig darüber nach, ob die jeweiligen Songs auch gut genug für einen sind und fragt sich, ob diese auch nicht zu sehr wie andere Songs klingen. Oder wenn man Selbstzweifel auf die Liebe zu einer bestimmten Person bezieht, dann fragt man sich: Mag mich die Person ebenfalls? Liebe ich die Person noch mehr? Es geht um Fragen, die einen verrückt machen können. All jene Fragen des Lebens, worüber wir keine Kontrolle haben. Es geht darum, sich keine Gedanken mehr darüber zu machen und einfach das zu tun, was man will. Denn das ist dein Leben.

In deinem Booklet und Artwork zu deinem Album finden sich eine Reihe von Naturbildern. In welcher Weise inspiriert dich die Natur, wenn du Songs schreibst?

Joan: Wenn ich in die Natur hinausgehe, dann fühle ich mich, als hätte mir jemand Acid gegeben. Ich lebe in einer Stadt und wenn ich aus der rausgehe und in den Wald gehe, dann fühlt sich das für mich sehr frei an. Das Großartige an der Natur ist, dass du sie nicht völlig verstehen kannst, sondern sie ihre ganz eigenen Regeln hat. Die Natur lebt und tut, was sie will. Sie sorgt sich nicht um andere Sachen und hat keine Emotionen, wie wir diese kennen. Um sie herum ist alles sehr friedvoll, denn sie verrichtet einfach nur ihre Dinge. Es ist schön dieses Gefühl der Ruhe spüren zu können. In der Natur geht einfach alles seinen Lauf und das zu wissen und spüren zu können, fühlt sich gut an. In dieses gute Gefühl spielt natürlich auch diese unglaubliche Schönheit der Natur und ihre komplexe Gestaltung mit rein.

Vielen Dank für dieses Interview!

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