The Koletzkis

The Koletzkis © The Koletzkis

Seit seinem Track "Der Mückenschwarm" ist der aus Braunschweig stammende und in Berlin lebende Oliver Koletzki einer der gefragten DJs in der nationalen wie internationalen Clubszene. Mit The Koletzkis und seiner Freundin Fran tourt er in regelmäßigen Abständen aber auch als Band durch das Land. Unser Redakteur traf Oliver Koletzki & Fran in Berlin und sprach mit ihnen über ihr Album "Lovestoned", Liebe, Berlin, Koletzkis Label "Stil Vor Talent" und die Frage, ob CDs und Vinyl irgendwann aussterben werden.

{image}regioactive.de: Euer gemeinsames Album heißt Lovestoned. Wie kamt ihr auf diesen Titel?
Oliver Koletzki: Wir kamen auf den Titel, da sich das gesamte Album und viele Texte stark mit der Liebe auseinandersetzen und weil ich und Fran uns während der Produktionsphase verliebt haben. Lovestoned fanden wir dafür einen schönen und gleichzeitig das Album zusammenfassenden Begriff, da dieser auch noch nicht so verbraucht ist wie vielleicht andere Liebesbegriffe.
Fran: Das Wort beschreibt vor allem die Anfangszeit der Liebe, wenn man richtig verknallt ist und eine rosarote Brille auf hat. Denn genau in solch einer Phase ist dieses Album entstanden.
Oliver: Richtig haben wir uns durch den Song Hypnotized kennengelernt, aber wir haben auch schon bei The Koletzkis zusammen in einer Band gespielt. Und dann haben wir uns entschieden zusammen ein ganzes Album zu machen und während den Aufnahmen hat es dann gefunkt.

Was bedeutet euch der Begriff "Liebe"?

Fran: Soll ich ganz ehrlich sein? Ich bin nämlich Diplompsychologin und habe tatsächlich schon eine Diplomarbeit über das Thema "Liebe" geschrieben. Da habe ich mir psychoanalytische Konzepte angeschaut und bin deswegen eine Liebes-Expertin im psychologischen Sinne. Persönlich bedeutet Liebe für mich vor allem, sich einander zu vertrauen. Gleichzeitig ist Liebe für mich ein Gefühl und eine Art von Entschluss. Zwar ändert sich nach einem langen Zeitraum manchmal das Gefühl und man denkt, dass da mal mehr und mal weniger Liebe vorhanden ist. Aber es geht in der Liebe besonders darum, sich zueinander zu bekennen und sich füreinander zu entschließen.

Was war der Grund dafür, dass ihr gemeinsam ein Album aufnehmen wolltet?

Oliver: Als wir beim Album Großstadtmärchen das Lied Hypnotized aufnahmen und dieses sehr erfolgreich war, haben wir gemerkt, dass wir gut zusammenarbeiten können. Und als es für mich dann an der Zeit war ein neues Album zu schreiben, habe ich mir überlegt, warum ich eigentlich nicht gleich mit Fran ein ganzes Album aufnehmen soll.

Wie würdet ihr in eigenen Worten euren Sound auf diesem Album beschreiben?

Oliver: Leicht, locker und beschwingt sowie süßlich und tanzbar. Musik, die man aber trotzdem auch im Auto und zuhause hören kann. Ein facettenreicher Sound, in dem Pop- und Housemusik mit Jazzeinflüssen und Funk vermischt werden.

Ihr singt nicht nur in englischer, sondern auch in deutscher Sprache. Dabei habt ihr mit Strandbar Berlin einen Song geschrieben, der eine Liebeserklärung an Berlin ist, oder?

Fran: Auf jeden Fall! Ich habe zwar auch mal in England gewohnt, aber ich liebe Berlin über alles und fühle mich auch als Berlinerin. Den Entwurf zum Song gab es schon vor diesem Album. Es ist ein sehr unbeschwerter Song. Wir haben auf der letzten Tour angefangen ihn zu spielen und haben gemerkt, dass die Leute auf diesen Song ziemlich abgehen. Deswegen haben wir Strandbar Berlin auf das Album genommen.

Was macht Berlin so faszinierend?

Oliver: Ich bin nach Berlin gezogen, weil ich diese Stadt einfach toll finde: Die Vielfalt der Menschen mit ihren verschiedenen Kulturen, aber auch die große Kultur an Ausgehmöglichkeiten gerade im elektronischen Bereich. Und dann ist es sehr erfrischend, dass immer wieder neue Menschen nach Berlin ziehen, denn dadurch leben in Bezirken wie Friedrichshain und Kreuzberg sehr viele junge Leute. Dann ist es schön, dass die Mieten hier sehr preiswert sind. Und für mich als Braunschweiger ist es natürlich toll, dass auch nach 22 Uhr auf den Straßen was los ist. Das hat man in meiner Heimatstadt nicht immer erlebt.

{image}Ein weiterer Song von euch heißt Kissenschlacht. Es geht um durchzechte Tanznächte. Spiegelt dies euer Lebensgefühl in Berlin wieder?

Oliver: Ich als DJ empfinde das auf jeden Fall so. In Berlin ist man hauptsächlich nachts unterwegs. Um 22 Uhr ist hier keine Sperrstunde, sondern man kann ausgehen, wann man will und das auch unter der Woche.

Fran: Als Oliver und ich Anfang 2010 zusammengekommen sind, sind wir nach Miami geflogen. Der Text ist dann auf dem Rückflugzeug von Miami nach Berlin entstanden.

Wenn ihr jetzt gerade etwas träumen würdet, von was würde dieser Traum handeln?

Oliver: Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich einer von den Menschen bin, die ihren Traum in gewisser Art leben können. Denn Musik wollte ich schon immer machen, und dass ich damit auch noch Geld verdienen kann, hätte ich früher mit Sicherheit nicht erwartet. Deswegen muss ich mich ab und zu selbst auch immer noch kneifen und schauen, ob das Ganze wirklich real ist, was ich erlebe. Aber wenn ich jetzt einen Traum hätte, dann würde ich wahrscheinlich auf einer Insel am Strand sein. Vor allem jetzt bei dieser Kälte draußen! Und ansonsten wäre es super, wenn es mit uns so weitergehen würde wie bisher oder dass ich mit meiner Musik sogar noch ein bisschen mehr erreichen könnte..

Oliver, du hast früher neben deinem Leben als Musiker und deiner DJ-Tätigkeit auch noch an der Humboldt-Universität studiert. Wie hast du dir das zeitlich eingeteilt und warum hast du dich dann schlussendlich für die Musik entschieden?

Oliver: Ich habe nur aus dem Grund studiert, dass ich damals noch nicht wirklich von der Musik leben konnte. Allerdings wollte ich schon mein Leben lang etwas mit Musik machen. Doch als ich damit anfangs nicht genug verdient habe, habe ich mir gedacht, dass es doch gut wäre, wenn ich nebenbei Musik studieren würde, um so auch ein wenig BaföG abgreifen und weiter mein bis dahin existierendes Leben führen zu können. Schnell habe ich aber festgestellt, dass die Musikwissenschaft unglaublich langweilig und trocken ist. Als ich dann von der Musik leben konnte, habe ich dieses Studium deswegen dann auch ganz schnell aufgegeben.

Viele junge Künstler haben dasselbe Problem, mittels ihrer eigenen Musik ihr Leben zu finanzieren. Habt ihr Ideen, wie man junge Künstler besser unterstützen kann?

Oliver: Ich habe ein Plattenlabel, womit ich versuche, talentierten Künstlern diese Möglichkeit zu bieten. "Stil Vor Talent" heißt es und hat sich zur Aufgabe gemacht, junge Talente zu fördern. Dass das vor allem in Berlin schwer ist, ist mir bewusst. Denn jeder zweite Jugendliche in Deutschland, der denkt, er könne auflegen, zieht nach Berlin, um DJ zu werden. Das erzeugt natürlich einen totalen Overflow, so dass der Konkurrenzkampf hier umso härter ist. Junge Leute, die Musik produzieren, sollen sich in ihr Zimmer einschließen, wie ich es ein paar Jahre getan habe, und so viel wie möglich üben. Mit der Zeit wird man immer besser und dann sollte man sich mit seinen Tracks einfach bei Berliner Plattenlabels bewerben. Oder aber man versucht gleich ein eigenes Label zu gründen. Auf jeden Fall sollte man aber etwas aktiv tun, sich jedoch nicht gleich bewerben, wenn man denkt etwas zu haben. Denn das sehe ich leider öfters als gedacht. So bekommt man z.B. manchmal Bewerbungen von Leuten, bei denen man glaubt, dass die vielleicht höchstens drei Stunden am Rechner gesessen haben und denken, dass sie damit schon einen tollen Track gemastert haben. Das ist aber oft ein Trugschluss. Man sollte sich lieber etwas mehr Zeit lassen und wenn man Glück hat, klappt das dann schon mit der Musiker- oder DJ-Karriere.

Wie kamst du auf den Namen deines Plattenlabels?

Oliver: Das war eine persönliche Sache. Mir hatte man in meiner Jugend immer gesagt, dass ich untalentiert sei, da ich zum Beispiel aus dem Schulchor geflogen bin, weil ich so schlecht singen konnte. Auch meine Eltern haben zuhause immer gemeint, dass das mit der Musik bei mir wahrscheinlich nicht klappen wird. Aber durch jahrelanges Üben hat es bei mir dann ja doch mit meiner Karriere geklappt. Deswegen will ich den Leuten mit dem Namen Mut machen. Denn wenn sie lange genug an sich arbeiten, ihren eigenen Stil finden und etwas möglichst Besonderes erschaffen, dann klappt es vielleicht doch. Das Schlimmste ist, wenn man sich entmutigen lässt. Talent ist zwar etwas, was man von Geburt an hat, aber Stil kann man sich durch Arbeit erschaffen.

Wann glaubst du selbst zu wissen, dass du gerade etwas ganz Neues zu hören bekommst?

Oliver: Ich glaube, eine ganz neue Musikrichtung wird nicht mehr erfunden werden. Wenn, dann geht es jetzt nur noch um die neuartige Mischung von Musikstilen. Wenn man zum Beispiel Techno rappen oder Jazz mit House kombinieren würde. Man kann nichts mehr neu erfinden, man kann nur noch Sachen ausprobieren und vielleicht alte Sachen auffrischen. Und versuchen, sich auf eine gewisse Art von der Masse abzuheben und den eigenen Stil zu finden.

{image}Bevorzugst du beim Auflegen eher Schallplatten oder so wie immer mehr DJs lieber den Laptop und damit das Abspielen deiner iTunes-Mediathek?

Oliver: Ich liebe die Schallplatte zwar über alles und wir bringen auch bei unserem Plattenlabel immer noch Vinyls heraus, aber ich bin über die Jahre selbst zu CDs gewechselt. Mit einem Laptop lege ich allerdings nicht auf, weil mir das dann doch zu kühl auf der Bühne wirkt. Man sollte als Besucher schon noch sehen können, dass man da als DJ etwas aktiv tut und nicht nur mit dem Laptop spielt und die Songs mit seiner Maus anklickt. Das wäre langweilig, da dann jeder perfekt auflegen würde und keine Fehler mehr passieren könnten. Aber das ist doch gerade das Interessante bei einer Live-Session.

Glaubst du, dass Vinyls und CDs irgendwann aussterben werden?

Oliver: Die Vinyl wird definitiv aussterben, weil sie groß, unhandlich und teuer in der Herstellung ist. CDs werden sich zwar noch ein bisschen halten, aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann glaube ich, dass in zwanzig oder dreißig Jahren auch die CD aussterben und ab dem Zeitpunkt alles digital vonstatten gehen wird. Sehr schade um die Cover, da wir auch bei Stil Vor Talent immer noch Fullcover für die Vinyl und die CD produzieren. Und das ist eben genau das Blöde bei digitalen Dingen. Dass man heutzutage die Cover bei iTunes nur noch in einem kleinen Kästchen sieht, obwohl da so viel Arbeit drinsteckt. Denn zumindest wir wollen dem Kunden schon noch ein richtiges Produkt verkaufen. Wenn er Geld dafür bezahlt, soll er nicht nur ein File downloaden, sondern er soll etwas Richtiges in den Händen halten. Deswegen gibt es bei Lovestoned auch ein Booklet, wo man sich die Texte durchlesen kann. Und so sind wir in dieser Hinsicht schon noch Oldschool, da wir so etwas gern bewahren wollen.

Dann kommen wir zur letzten Frage. Wenn ihr ein Mixtape zusammenstellen müsstet, welche Künstler würden sich darauf wiederfinden?

Fran: Oliver, komm, wir battlen uns! Jamiroquai.

Oliver: Warte mal, das hätte ich auch als erstes gesagt. Niko Schwind.

Fran: Beastie Boys.

Oliver: Channel X.

Fran: Sia.

Oliver: The Doors.

Fran: Camille.

Oliver: Lexy.

Fran: The Cure.

Oliver: Puh, das ist wirklich schwer so ganz spontan etwas sagen zu müssen! Sag du besser noch mal was.

Fran: Vielleicht noch ein Song von dir.

Dann vielen Dank für dieses Interview!