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David Bowie (Pressefoto, 1977) © Jones/Tintoretto Entertainment Co. L.L.C, Sukita, EMI Music

Im Gegensatz zu anderen vieldiskutierten Reissues der vergangenen Monate erfuhr die Wiederveröffentlichung von David Bowies "Station To Station" auf EMI Music nur vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit. Vielleicht ist das dem Umstand geschuldet, dass das 1976 erschienene Album zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Die 3-CD Deluxe Edition bietet daher die überfällige Möglichkeit zum Wiederhören und zur Neueinschätzung.

Auf drei CDs bietet die jüngst veröffentliche Deluxe Edition des David Bowie-Klassikers nicht nur das Original-Album, sondern auch einen sensationellen Livemitschnitt aus dem Jahr 1976. "Station To Station" repräsentiert den Übergang vom soulbeeinflussten Young Americans zu den abstrakt-experimentellen Alben der Berliner Trilogie ("Low", "Heroes", "Logder").

Auf dem während seines Aufenthalts in Los Angeles entstandenen Album präsentiert sich David Bowie immer noch als Soulsänger, aber die Arrangements pendeln genial zwischen Rock, Funk, Soul und Krautrock. Dass es Bowie gelang, diese disparaten Einflüsse zu einem kohärenten Werk zu verschmelzen, macht einen Gutteil seiner Faszination aus. Sein Songwriting war trotz der von ihm angenommenen Persona des Thin White Duke niemals persönlicher und offener. Es scheint fast so, als habe es Bowie die Kraft verliehen, die Vergangenheit zu bewältigen und Kraft für Veränderungen, namentlich für die Rückkehr nach Europa, zu gewinnen.

Nicht allein das von den Analogbändern exzellent remasterte Album lohnt die Anschaffung der Deluxe Version. Zusätzlich enthält sie noch das Konzert von Bowie vom 23. Mai 1976 aus dem Nassau Coliseum in Uniondale, New York. In schierer Qualität steht es keinem anderen Auftritt von Bowies nach, ja es übertrifft sogar das legendäre Santa Monica-Konzert aus dem Jahre 1972. Nie hat Bowie besser gesungen, niemals hat er mit größerer Überzeugung und Flexibilität seine Lieder vorgetragen.

Die soulige Gesangsvariation in "Life On Mars" ist von so überwältigender Genialität, dass niemand, der sie gehört hat, sie wieder vergessen wird. Obwohl offensichtlich nicht vollständig, begeistert die auslandende Version von "Panic In Detroit", die gewaltige Inszenierung von "Station To Station", das erhabene "Word On A Wing" und der leidenschaftliche Rock von "Suffragette City".

Wie fantastisch ist es, Bowies Lachanfall zum Beginn von "Changes" mitzuerleben: Weit davon entfernt, das Lied neu abzubrechen, integriert er ihn in das Lied, das er in der Folge mit zärtlicher Leidenschaft singt. Wie konnte dieser Mann, der sich in diesen Jahren hauptsächlich von Kokain und Milch (!) ernährte, gleichzeitig diese grenzenlose Kreativität und gnadenlose Präzision aufrechterhalten? Es wird wohl immer ein Rätsel bleiben.

Wem die Deluxe Edition nicht reicht, der kann weitaus tiefer in die Tasche greifen und sich die Super Limited Deluxe Edition zulegen, die zusätzlich zu vier Versionen von Station To Station (analoges und digitales Master auf CD, Vinyl und DVD) auch noch die Singles-Mixe und das Konzert auf Doppel-CD und Doppel-Vinyl enthält. Aber seien wir ehrlich: Wer sich das trotz der heftigen Redundanz des Materials kauft, hat zu viel Geld oder ist eine Art Superfan.

Wertung: +++++

 

So werten wir:

+

schnell auf ebay damit, bevor es jemand merkt

++

hier mangelt es an so einigen Ecken und Enden

+++

das kann sich wirklich hören lassen

++++

ein TOP-Album

+++++

definitiv ein "must have"

 

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