Tu Fawning

Tu Fawning

Letztes Jahr war Joe Haege auf Tour mit Menomena, dieses Jahr wird er mit seiner eigentlichen Band 31 Knots auf so mancher Festivalbühne stehen. Doch noch ein weiteres Projekt wurde von dem experimentierfreudigen Musiker, zusammen mit der Songwriterin Corinna Repp, ins Leben gerufen: Tu Fawning, eine Band, die sich keinen Konventionen oder Rockklischees unterordnen will. Unser Redakteur Daniel Voigt traf Joe Haege zum Interview in Berlin.

{image}regioactive.de: Wie habt ihr euch als Tu Fawning kennengelernt?
Joe Haege: Corinna und ich spielten jeweils in der Band des anderen: Sie unterstützte mich bei den Aufnahmesessions von meiner Band 31 Knots, während ich ihre letzte Soloplatte mixte und in einigen ihrer Songs mitspielte. Weil wir dabei sehr viel Spaß hatten, entschieden wir Tu Fawning zu gründen. Anfangs waren wir nur eine Zwei-Personen-Band, aber weil wir nach einer gewissen Zeit extrem frustriert waren, immer nur alleine durch das Land zu touren, traten noch zwei Freunde von uns der Band bei.

Was soll der Bandname Tu Fawning bedeuten?

Joe: Der Name hat keine wirkliche Bedeutung. Wir wollten unserem Bandnamen etwas geben, mit dem man nicht sofort etwas assoziieren kann. Einen Namen, der mit dem Sound und der Musik zusammen wächst.

Warum habt ihr euer Album Hearts On Hold genannt?

Joe: Die Songs sind wie eine komplette Geschichte geschrieben worden und da Corinna und ich als Songwriter über unser persönliches Leben schreiben wollten, war für uns Hearts On Hold ein Begriff, der verdeutlichen sollte, dass wir hier unsere ganz persönlichen Emotionen zeigen. Die Charaktere, die wir in den Songs entwarfen, zeugen von Unsicherheit und Melancholie und sind ein Teil der Gefühle, die Hearts On Hold prägen.

Was bedeuten Emotionen für dich?

Joe: Ich finde, dass das Wort oftmals viel zu leichtfertig benutzt wird. Emotionen können sehr glückliche, sehr traurige, aber auch sehr gleichgültige Gefühle sein. Alles, was du ausdrückst, sind Emotionen. Da gibt es keine einzige Bedeutung. Das ist wie mit deinem Umfeld, das dich umgibt und sich ständig verändert. Und da kommen wir wieder zu den Emotionen. Denn auch die Emotionen verändern sich ständig. Wenn ich über meine Platte in meiner Sprache sprechen würde, dann würde ich mein Album als ein sehr emotionales Werk beschreiben, aber ich denke, dass es für die Öffentlichkeit das falsche Signal wäre. Für viele ist das Wort Emotion mit Superlativen und unglaublicher Aufrichtigkeit verbunden und denken gleich, die Platte wäre traurig. Aber für mich ist es eigentlich gar keine so traurige Platte.

Sind Emotionen gleichbedeutend mit dem Leben?

{image}Joe: Ich denke schon. Denn Emotionen führen uns und sie sind das Vehikel, das die Dinge des Lebens bewegt. Emotionen lösen etwas aus. Ob das nun in guter oder in schlechter Weise geschieht. Wenn wir Emotionen spüren, dann passiert etwas. Durch Emotionen kannst du jemand anderer werden, denn du handelst nach ihnen. Das ist das Interessante an Emotionen.

Deine Musik klingt für mich verspielt, magisch, hypnotisch, komplex, depressiv und ein bisschen melancholisch. Aber wie würdest du die Musik in deinen eigenen Worten beschreiben?

Joe: Für mich hört sich die Musik vor allem modern an und ist von einer Vergangenheit aus einem anderen Universum beeinflusst. Die Musik hört sich zwar magisch an, aber für mich ist es vor allem schwarze Magie, die meiner Meinung nach die Musik auf der Platte bestimmt.

Euer Video zu I Know You Now ist sehr rituell. Was wollt ihr mit diesem Video ausdrücken und was für ein Ritual wolltet ihr zeigen?

Joe: Das Video soll verdeutlichen, dass die Musik von einer von mir schon angesprochenen magischen, aber gleichzeitig auch düsteren und kalten Atmosphäre bestimmt wird. Diese Atmosphäre prägt dein Inneres und du musst in dich hineinblicken, um es verstehen zu können. Wir wollten eine Welt zeigen, von der wir denken, dass wir sie geschaffen haben. Unser Freund Ryan Jeffrey ist der Mann, der Regie geführt hat und es war vor allem seine Idee, dieses moderne, kalte Gefühl mit reinzubringen und all das, was man in diesem Video noch sieht und spürt.

Welche Musiker und Bands haben dich bei diesem Projekt beeinflusst?

Joe: Geprägt hat mich bei diesem Projekt vor allem sehr alte Musik. Das geht von dem R'n'B der Sechziger über den Jazz der 20er bis hin zur Weltmusik und afrikanischem Percussionsound. Dazu hat mich auch der Crooner-Sound beeinflusst. Das ist alte traditionelle Gesangsmusik und klingt ein bisschen nach Marlene Dietrich.

Habt ihr beim Aufnahmeprozess viel experimentiert oder hattet ihr gleich zu Beginn der Aufnahmen schon eine Vorstellung, wie der Sound klingen soll?

Joe: Die gesamte Platte habe ich in meinem Keller und in meiner Küche nachts oder an heißen Sommertagen aufgenommen. Das war nicht unbedingt schön, aber hat dennoch Spaß gemacht. Und ja, wir hatten das Glück, viel experimentieren zu können. Wenn man keine Deadline für die Veröffentlichung eines Albums hat und der Einzige ist, der die Platte erschafft, dann hast man viel mehr Möglichkeiten. Man versucht viel mehr auszuprobieren, als wenn man im Studio ist und verzweifelt versucht die Platte in einem bestimmten Zeitraum fertig zu kriegen. Du fühlst dich vor allem auch zufriedener und es gibt dir Sicherheit. Die Anfänge von dem Projekt Tu Fawning haben sehr viel mit meinem gesteigerten Willen zum Experimentieren zu tun.

Pauken, Trompeten, Posaunen und das Klavier sind einige der Instrumente, die ihr in eurer Musik benutzt. Wie haben diese Instrumente eure Musik mitbestimmt?

Joe: Sie haben den Sound insoweit verändert, als dass sie uns weniger als Rockband erscheinen lassen. Das finde ich schön, denn diese klassische Rockmusik habe ich immer mehr satt. Denn es gibt zwar so viele Arten von Rock, aber meistens läuft die Musik dennoch immer nach dem gleichen Schema und Rezept ab. Aber ich hoffe dennoch, dass es irgendwann mal wieder eine innovative, neue Band geben wird. Kennst du die Band Health? Die finde ich zum Beispiel herausragend, weil sie ausnahmsweise mal wieder wie eine echte und ehrliche Band klingt. Sie spielen laute Rockmusik, aber es ist kein normaler Sound, den man da zu hören bekommt. Ich mag das sehr. Der größte Teil der Rockmusik langweilt mich dagegen einfach nur noch. Dass wir sehr viele unterschiedliche Instrumente benutzten, half uns bei den Aufnahmen, etwas zu erschaffen, das weniger als gewöhnlich an Konventionen gebunden ist.

{image}Was empfindest du so langweilig an der heutigen Rockmusik?

Joe: Man findet zu viele Klischees, die ständig wieder neu aufgefrischt werden und sich ständig wiederholen. Ich wollte diese Klischees mit Tu Fawning aufbrechen. Ich denke sowieso, dass alles, was man lange Zeit macht, irgendwann langweilig werden kann. Einer der größten persönlichen Erfolge für mich ist, dass ich bei Tu Fawning glaube, dass es nicht gewöhnlich und klischeehaft klingt. Das sehe ich bei den meisten Bands leider nicht so. Sie denken zwar immer von sich, dass sie eine "neue Band" mit einem "neuen Sound" gegründet haben, klingen dann aber doch eher wieder wie eine Band aus den Siebzigern. Ich denke da eher künstlerischer, da ich immer den Anspruch habe, etwas Neues zu erschaffen.

Was für Bilder hast du im Kopf, wenn du eure Musik hörst?

Joe: Wir haben bei allen Songs Bilder im Kopf. Beim ersten Song auf unserer Platte hatte ich zum Beispiel das Bild von einer Wüstenlandschaft im Kopf. Dinge und Songs zu verbildlichen empfinde ich als aufregend. Zwar erblicken jeden Tag unzählige Songs das Licht der Welt, aber meistens existieren sie, ohne dass man die Musik verbildlichen kann. Das ist sehr schade. Denn wenn du dir Musik oder von mir aus auch Filmsoundtracks anhörst, dann sind das die Dinge, die uns alle berühren.

Ein Song von euch heißt Lonely Nights. Magst du es, alleine die Nächte zu verbringen?

Joe: Nein, ich mag eher das Gegenteil von dem. Was ich mit dem Song ausdrücken will, ist kein persönliches Gefühl, sondern es ist das Gefühl eines Charakters, den ich für den Song geschaffen habe. Ich mag diese Idee von einem Mann, der von seinem Weg abgekommen und jetzt alleine ist, weil zwar eine Frau für ihn da ist, aber das nicht seine Frau ist und er somit immer noch alleine ist. Es zeigt, dass es ein Fluch sein kann, alleine zu sein und alleine Nächte zu verbringen, die nie vorüber gehen.

Was bedeutet Einsamkeit für dich persönlich?

Joe: Alleine zu sein ist etwas ganz anderes als Einsamkeit. Einsamkeit ist nicht gut. Aber alleine zu sein, wenn man weiß, dass man einen guten Freund hat, ist eines der schönsten Gefühle.

Vielen Dank für dieses Interview!

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