The Drums (live auf dem MELT! Festival-Freitag 2011)

The Drums (live auf dem MELT! Festival-Freitag 2011) © René Peschel

Die aus New York stammende Band The Drums gehört mit ihrem an die 50er Jahre angelehnten Indiepop zu den am meisten gehypten Bands der letzten Monate. Wir trafen Gitarrist Jacob Graham in Berlin und sprachen mit ihm über die Band, den Hype, die Liebe, Träume, den Tanzstil der Musiker auf der Bühne und darüber, was einen guten Song ausmacht. Das Interview fand noch vor dem Ausstieg des zweiten Gitarristen Adam Kessler statt. The Drums wird von Graham und den anderen Mitgliedern weitergeführt.

{image}regioactive.de: Wie habt ihr euch kennengelernt?
Jacob: Als ich etwa 12 Jahre alt war, lernte ich unseren Sänger Jonathan auf einem Sommercamp kennen. Uns verband, dass wir dieselbe Musik mochten und das machte uns zu Freunden, da unsere Lieblingsmusik dort, wo wir in Amerika lebten, keiner richtig mochte. Jedenfalls kenne ich dort keinen, der damals Sachen wie The Smiths oder Kraftwerk hörte. Unser zweiter Gitarrist Adam kannte wiederum Jonathan, da er mit ihm früher schon in einer Band gespielt hatte. Und Connor entdeckten wir in New York, als wir verzweifelt nach einem Drummer suchten. Ich selbst traf Connor und Adam aber erst kurz vor unserer ersten Show. Wir hatten nur eine Probe und dann spielten wir auch schon unseren ersten Gig. Und da an dem Tag auch Journalisten zugegen waren, die die Musik dazu auch noch mochten, sprach am nächsten Tag fast jeder über uns und die Show und sah uns als nächstes großes Ding. Den daraus gewordenen Hype konnten wir dann eigentlich nur noch bremsen, indem wir sagten, dass das doch erst unsere erste Show gewesen wäre.

Warum habt ihr eure Band The Drums genannt?

Jacob: Wir hatten den Namen schon fast ein Jahr, bevor wir mit der Musik begannen, ausgewählt und dachten, dass The Drums ein cooler Name wäre, da dieser nach klassischen Rockbands wie The Beatles klingt. Das gefiel uns. Denn wir lieben all die Bands, die einen Artikel vor ihrem Namen stehen haben. So klingt The Drums zwar vielleicht nicht außergewöhnlich, aber man kann sich dafür schnell an ihn erinnern.

Im Moment werdet ihr ziemlich gehypt. Was denkt ihr darüber?

{image}Jacob: Als wir die Band gründeten, glaubten wir nicht, dass wir all das erleben würden, was wir bereits jetzt schon erfahren durften. Wir haben am Anfang einfach versucht, Songs aufzunehmen und die Musik zu machen, die wir selbst machen wollten. Eigentlich dachten wir, dass wahrscheinlich niemand diese Musik mögen würde, da die meisten Leute die Musik wahrscheinlich als lächerlich empfinden würden. Und so waren wir sehr überrascht, dass die meisten Leute es dann doch mochten. Dennoch kannst du nicht davon ausgehen, dass wir, nur weil wir jetzt mehr Aufmerksamkeit bekommen, auch gleich alles ändern würden, was wir zuvor taten. Wir wollen lieber wir selbst bleiben und das tun, was wir selbst machen wollen und nicht was irgendein anderer Mensch will. Aus diesem Grund denken wir auch nicht wirklich darüber nach, wie wir in welchem Maße gehypt werden. Dafür sind wir einfach viel zu beschäftigt, was das Spielen von Shows, das Aufnehmen von Songs oder aber das Drehen von Videos angeht. Denn wir sind ziemliche Kontrollfreaks und wollen immer über alles informiert sein und alles selbst machen. Ob es sich nun um das Artwork, das Album oder das Video handelt. Und da bleibt kaum mehr Zeit, um sich auch noch darüber zu informieren, in was für einer Weise man in der Presse gehypt wird. Viel wichtiger ist es, dass alle Dinge, die wir tun, möglichst aus uns selbst heraussprudeln.

Viele Journalisten beschreiben eure Musik als Surfrock. Wie würdest du eure Musik in eigenen Worten beschreiben?

Jacob: Ich würde unsere Musik eher als Rock'n'Roll-Popmusik beschreiben. Wahrscheinlich sehen viele Leute unsere Musik als Surfrock, weil wir diesen einen Song namens Let's Go Surfing haben. Aber eigentlich hörten wir nie richtig Surfrock. Als die Platte rauskam, mussten deswegen einige Leute erst einmal realisieren, dass wir nicht nur diese "Summerbeach"-Band sind, für die uns viele nach der EP hielten.

Welche Elemente müssen deiner Meinung nach gute Songs besitzen?

Jacob: Zuallererst braucht jeder Song eine sehr schöne Melodie. Das ist für mich am wichtigsten. Zumindest in der Popmusik ist das so, denn hier dreht sich ja alles um solche Melodien. Wenn du eine gute Melodie hast, dann bestimmt und prägt diese Melodie den ganzen Song. Das gilt sowohl für die Lyrics als auch für das Songtempo. Das einzige Problem ist, dass es keinen vorgeschriebenen Weg gibt, um die passende Melodie zu finden. Dann ist es natürlich auch wichtig, dass man gute Lyrics hat, die zur Melodie passen und sich mit dieser verschmelzen können. Und dann spielt natürlich auch noch die Atmosphäre des Songs eine große Rolle. Aber im Allgemeinen ist es sehr schwierig zu sagen, was einen guten oder schlechten Song ausmacht, denn jede Sichtweise dazu ist rein subjektiv.

Welche Bands haben euch beeinflusst?

Jacob: Als Teenager liebten wir vor allem The Smiths. Das ist wahrscheinlich die erste Band, die uns wirklich verrückt gemacht hat. Aber nach The Smiths kamen dann auch noch viele weitere Bands, die uns beeinflusst haben. Zum Beispiel Orange Juice oder The Wake. Und dann gab es auch noch ein Plattenlabel namens Sarah Records, die Bands wie The Fields Mice oder Blueboy zu ihren Bands zählten und die ebenfalls großartig sind.

{image}Eure Songs klingen verträumt, leidenschaftlich und voller Sehnsucht. Wenn du jetzt gerade einen Tagtraum hättest, wovon würde dieser handeln?

Jacob: Wenn ich jetzt ein Tagtraum hätte, dann würde ich wahrscheinlich darüber träumen, irgendjemanden zu treffen. Denn über solche Sachen gehen ja die meisten Träume. Diese Thematik macht übrigens auch einen großen Teil der Popmusik aus. Denn es ist am einfachsten über die Liebe oder den Mangel an Liebe zu schreiben, da sich damit jeder identifizieren kann. Und da die Liebe eben einer der schönste Sachen der Welt ist, ist es auch die erste Sache, an die ich denken würde, wenn ich Lyrics zu einem Song schreiben müsste. Andererseits denke ich, dass die Menschen auf eine gewisse Weise auch armselige Gestalten sind, die nur selten das finden, was sie eigentlich suchen. Das kann auf die Dauer deprimierend sein, aber man versucht es komischerweise trotzdem immer wieder.

Was ist Liebe und wie weit kann/darf Liebe gehen, wenn die Gefahr besteht, dass sie dich zerstört?

Jacob: Ich glaube, dass ich diese Frage nicht einmal am Ende meines Lebens beantworten kann. Ich denke, jeder kann von der Liebe verfolgt werden. Wenn du unser Album gehört hast, dann hast du sicher auch den Song Book Of Stories noch in Erinnerung. Dort geht es an einer Stelle darum, dass man oft denkt, dass das Leben einfach wäre, es aber in Wahrheit viel härter ist, als man erwartet hat. Und das kann man wiederum auch mit einer Band wie uns in Verbindung bringen. Denn als Band ist man oft nonstop auf Tour und das kann ebenfalls sehr anstrengend sein. Viele denken, dass das Leben als Musiker nur schön und einfach ist, weil sich alle an deiner Musik erfreuen, aber das Gegenteil ist oft der Fall. Dennoch sind wir natürlich sehr dankbar, dass wir als Musiker das machen können, was wir als Menschen schon immer machen wollten: Musik als Vollzeitjob.

Ein anderer Song heißt Best Friend. Dort geht es um den besten Freund von jemandem, der verstorben ist. Beruhen die Lyrics auf wahren Tatsachen?

Jacob: Ein bisschen, aber nicht ganz. Es war der erste Song, den ich und Jonathan gemeinsam und für diese Band geschrieben haben. Wir sind beste Freunde, seit wir zwölf Jahre alt sind und als er fragte, über was die Songs textlich gehen sollten, sagte ich, dass es über beste Freunde gehen soll. Dabei geht es aber nicht direkt um uns, sondern es handelt sich um ein fiktionales Szenario zwischen zwei Freunden, von denen einer stirbt, sie aber dennoch weiter – auf anderen Wegen – beste Freunde bleiben.

Ein weiterer Song von euch heißt It Will All End In Tears? Was wird so enden?

Jacob: Das kann ich nicht genau sagen. Es können spezifische Beziehungen sein, generell das Leben, vielleicht auch unsere Band, da können viele Sachen in Frage kommen. An diesem Song sieht man aber, dass wir manchmal ein bisschen pessimistisch sind. Den Song mag ich jedenfalls sehr gerne. Auch wenn er etwas düsterer als die anderen Songs klingt und damit eine von den anderen Songs getrennte, eigene Rolle auf dem Album einnimmt.

{image}Live erinnert ihr mich in eurem Tanzstil an Ian Curtis und seine Band Joy Division. Was nehmt ihr euch für Shows vor?

Jacob: Wir wollen live vor allem eine gute Show zeigen und die Leute unterhalten, damit sich das Geld, das sie für unsere Shows bezahlen, auch lohnt. Wir fühlen uns geehrt, wenn viele zu unseren Shows kommen, denn sie werden ja nicht gezwungen zu kommen. Was unseren Tanzstil angeht: Da wird ja speziell Jonathan oft mit Musikern wie Ian Curtis, Morrissey oder Talking Heads verglichen. Ich denke, das ist gut so. Denn die Fans begeistert das. Vor allem weil man es in der heutigen Zeit meiner Meinung nach leider nicht mehr oft sieht, dass Frontmänner einer Band auch eine gute Show abliefern. Viele bleiben eher reserviert und verharren an einer Position auf der Bühne. Wenn die Leute dagegen zu unserer Show kommen und sehen, wie wir auf der Bühne tanzen, dann glaube ich, erinnern sie sich später besser an uns, als wenn wir auf der Bühne auch reserviert sein würden.

Und wie wichtig sind Posen und Styling für euch?

Jacob: Image ist für uns genauso wichtig wie zum Beispiel die Qualität eines Albumcovers. Für mich ist das fast dasselbe. Denn als Band haben wir den Anspruch, das komplette Paket zu bieten. Wenn du zum Beispiel die Ramones siehst, dann weißt du, dass das die Ramones sind, da sie alle einen spezifischen Look haben. Das wollen wir auch haben. Denn ich denke, dass der Look, das Artwork und die Musik später auch alles andere formt, was geschieht und mit was man sich befassen muss.

Vielen Dank für das Interview!

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