Das Drumherum beim MELT! 2010

Das Drumherum beim MELT! 2010 © René Peschel

Auch 2010 bot das Melt! wohl nicht nur das am besten gekleidete Festivalpublikum und eine der schönsten Kulissen, sondern auch ein großartiges Line-Up, das gekonnt zwischen Indie und Electronic wechselte.

{image}Die atemberaubende Kulisse des Melt!-Festivals kann nicht oft genug bejubelt werden, die fünf monströsen Bagger des ehemaligen Tagebaus Golpa-Nord zeigten sich auch in diesem Jahr im Licht der Lasershows von ihrer besten Seite. Dabei existiert dieser Veranstaltungsort noch gar nicht so lang. Erst im Jahr 2000 hatte man mit der Flutung des riesigen Restlochs des Tagebaus begonnen und die Arena von Ferropolis, heute das Festivalgelände u.a. des Melt!, mit einem Konzert des griechischen Komponisten Mikis Theodorakis und einer Lichtinstallation des Lichtkünstlers Gert Hof eröffnet. So entstand der See, der auch 2010 wieder eine beliebte Gelegenheit zur Abkühlung bot und nach der Ortschaft benannt ist, die in den 80er Jahren dem Tagebau weichen musste: Der Gremminer See.

{image}Abkühlung war für das regioactive.de-Team am Festival-Freitag dringend nötig, nachdem man sich durch mehrere Staus gequält hatte und mit leichter Verspätung in der Stadt aus Eisen im schönen Sachsen-Anhalt angekommen war. Die Anfahrt mit dem Melt!-Zug, ein eigens für das Festival gemieteter Zug, der von Köln aus bis vor die Tore von Ferropolis fuhr, wäre wohl entspannter gewesen, aber dafür kann man sich auch im nächsten Jahr noch entscheiden: Die Aktion war laut Veranstalter so erfolgreich, dass sie 2011 mit wahrscheinlich sogar zwei Zügen wiederholt wird. 20.000 Besucher hatte das Melt! in diesem Jahr und war, wie auch schon 2009, damit ausverkauft. Bei diesen Massen hatte man, angekommen auf dem Gelände, entweder Glück und konnte auf der Wiese zelten oder Pech und war auf den zum Zeltplatz umfunktionierten Acker getrieben.

{image}Bei gefühlten 38 Grad im Schatten war dieser Bereich leider ein sehr staubiges Vergnügen und glich eher einer riesigen Bratpfanne als einem Campingplatz. Glücklicherweise aber war der Wettergott 2010 gnädig, ein richtiger Regenschauer hätte wohl alles in eine Schlammlandschaft verwandelt. Der einzige kurze Regen am Samstagmorgen sorgte daher auch "nur" für Abkühlung, die Gummistiefel konnten im Zelt bleiben. Die sonstigen Bereiche des Festivallebens dürfen aber hier auch nicht vergessen werden: Das Essen war gut, sah man vom Dönerstand auf dem Campingplatz ab, dessen sogenanntes "Fleisch" wohl jeden zum Vegetarier werden ließ. Im sanitären Bereich hingegen war die Lage leider nicht so entspannt, teilweise ärgerlich war der Zustand der Toiletten, die vergleichsweise selten geleert wurden. Fast schon peinlich auch die Tatsache, dass die Behindertentoiletten auf dem Campingplatz nicht abgeschlossen und damit eigentlich unbenutzbar waren für diejenigen, die sie wirklich brauchten; hier sollte für 2011 unbedingt nachgebessert werden.

{image}Musikalisch startete der Freitag für das Team von regioactive.de mit HEALTH. Die vier Musiker aus Los Angeles brachten ihren Noise kraftvoll auf die Bühne, was die Anstrengung der Anreise schnell vergessen machte. Direkt danach ging es in Richtung Hauptbühne, wo Jónsi, hauptberuflich Sänger von Sigur Rós, den erste Höhepunkt des noch relativ jungen Abends setzte. Ein französischer Festivalbesucher, mit dem sich während des Konzerts ein Gespräch ergab, stellte mehrmals begeistert fest, dass der Isländer besonders live eine großartige Stimme hat. Dem kann man nur zustimmen. Aber auch die Jónsis Visuals waren faszinierend; egal ob hunderte Ameisen über die Bühne wanderten oder ein Baum mit dem Sturm zu kämpfen hatte, der Blick konnte der Show nicht entkommen. Nächstes Ziel wäre danach eigentlich Kieran Hebden alias Four Tet gewesen, aber der Hunger war am Abend doch zu groß geworden und so ging es erstmal zu den Imbissständen auf dem Gelände. Bsonders hervorzuheben sei hier die vergleichsweise riesige Auswahl für Vegetarier, auch wenn der Fleischfreund natürlich auch auf seine Kosten kam. Einer Blitzumfrage zufolge soll Four Tet  jedenfalls auch großartig gewesen sein.

{image}Der extreme Hype um The XX, der nächsten Band an diesem Abend, war zwar langsam wieder abgeflacht, auf dem Melt! zeigten die drei jungen Damen und Herren aus London aber, warum in den letzten Monaten so viel über diese Band gesprochen wurde. Live entwickeln die Songs aus dem Album XX nocheinmal eine beindruckendere Wirkung als auf Platte. Einzig leicht enttäuschend an dem Auftritt war der neue Song, der nicht wirklich zündete. Kele darauf folgend wusste zwar nicht ganz seine Hauptband Bloc Party einzuholen (noch nicht vergessen ist der Auftritt auf dem Sziget 2009), war aber trotzdem ein schöner Teil des Freitags. Ganz im Gegensatz dazu der Nachfolgeact Autokratz, den sich das regioactive.de-Team blind ohne ein Vorhören antat und damit leider tief ins Klo griff. Brauchte die Band zuallerst eine gefühlte Ewigkeit für den Aufbau, kam mit den ersten Klängen eine schreckliche Erinnerung an die 90er Jahre hoch, vom grausigen Gesang gar nicht erst zu sprechen: Bitte nie wieder!

{image}Den Mainstage-Abschluss gab danach Booka Shade, deren Klassiker In White Rooms natürlich nicht fehlen durfte. Durch das Set von Walter Merziger und Arno Kammermeier vergaß man schnell die vorherigen musikalischen Tiefen. In den letzten Stunden der Nacht ging es schließlich in Richtung Big Wheel Stage, die nicht nur einen wunderschönen Blick über den See bot, sondern bald auch noch Ricardo Villalobos für zwei Stunden eine Heimstätte bieten sollte. Mit dem etwas härteren Sound von Roman Flügel im Hintergrund und einem wunderschönen Sonnenaufgang endete der Tag dann aber doch für das Team leider bevor Villalobos auflegen konnte, und so verzog man sich mit letzter Kraft ins Zelt.

Den Bericht vom Samstag & Sonntag des Melt!-Festivals 2010 findet ihr hier.

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