Earthbend (live auf dem la pampa Festival-Freitag 2010)

Earthbend (live auf dem la pampa Festival-Freitag 2010) © Susanne Hasse

Die Pampa, unendliche Weiten voll grasiger, einsamer und trockener Steppe im Südosten Südamerikas. Ein Inbegriff für öde und trostlose Gebiete, wo sich Fuchs und Hase, soweit sie nicht schon ihre Koffer gepackt haben und ausgewandert sind, einander gute Nacht sagen. Aber halt, das ist nur die halbe Wahrheit! Seit nunmehr drei Jahren ist sie darüber hinaus auch in Deutschland, und da vor allem im Osten des Landes zu einer festen Größe geworden.

{image}Die Rede ist vom la pampa Festival nahe Görlitz auf dem Gelände des malerischen Freibads Hagenwerder, kurz vor der polnischen Grenze, in einer Region also, die dem weitentfernten Original aus Übersee gar nicht so fremd scheint und deshalb den Gründervätern dieser Veranstaltung zur Namensfindung ideal erschien. Die drei Tage, in denen die beschauliche Kleinstadtbadeidylle dieses Jahr zur Kulisse für lange und durchtanzte Nächte wurde, fielen auf eines der heißesten Wochenenden des Jahres. Die Schwimmbar kenterte fast vor Freude, als es endlich pünktlich nach Plan zur feierlichen Eröffnung des dritten la pampa kam. Masters of Ceremonies, Sperrspitze des Line-Ups und quasi auf der Poleposition des Wochenendes platziert waren die Flanschies. Während das Publikum allerdings noch im faulen Freitagabend Baden-Bier-und-Bratwurst-Modus verharrte, spielte das Trio aus Dresden unbeeindruckt dessen seine Funk und Post-Punk-Mischung souverän ins Ziel. Gelungener Auftakt. Aber keine Zeit für lange Verschnaufpausen, das Festivalgelände rief und zwar unüberhörbar.

{image}Auf der Mainstage hatten sich die Herren der Earthband postiert, allesamt aus Finsterwalde Rockcity angereist, um mit epischem Sound und schier uneinreißbaren Klangwänden über den Platz zu fegen. Auch wenn das Publikum erst langsam eintrudelte, von Temperaturen über 30°C noch etwas bewegungsgehemmt, hieß es doch getreu dem Titel des neuen Albums der drei Musiker Attack, Attack, Attack!. Weiter ging es mit einer Überraschung im doppelten Sinn: die laut Plan eigentlich nun im Zelt an der Reihe gewesenen Aucan aus Italien mussten krankheitsbedingt leider absagen. Ähnlich, nur eben umgekehrt, erging es der US-amerikanischen Band Yacht, die eigentlich auf einem Festival in Schweden hätten spielen sollen, das aber ebenfalls abgesagt wurde. Und zählt man das mal kurz zusammen – also die Pampa mit einem fehlenden Act und eine Band mit fehlender Stage – dann wird schnell klar, wie die Sache gelaufen ist, denn Yacht waren da und haben schwer begeistert.

{image}Unmittelbar aus dem See und direkt auf die Zeltbühne, allerdings in feinstem Zwirn und mit größter Disco-Attitüde, sorgten Yacht für eins der ersten Highlights des Tages. Die versammelte Pampa feierte sich im Disco-Schritt und im selbigem ging es dann auch erst mal in eine kurze Pause zum Durchatmen und Bier holen, um zeitnah zu Polens Postrock Geheimtipp Kristen wieder fit zu sein. Nein, keine religiöse oder heilsbringende Missionarstanzgruppe mit Rockallüren, sondern feinst gewebter Gitarrenteppich auf Grunge-Konstruktion. In Polen längst keine Unbekannten mehr, denn schon über 10 Jahre im Geschäft, soll nun mit neuer Platte im Anschlag auch Deutschland im Sturm erobert werden. Ausgangspunkt die Pampa!

Der frühe Abend war angebrochen, die Außentemperatur senkte sich langsam aber fühlbar, jedoch nur die Außentemperatur. Die Zeltinnentemperatur erreichte nämlich neue Höhen, denn mit Druck und ordentlich Punkattitude ging es in die nächste Runde. Ursache für Schweißausbrüche und Spitzenwerte waren die Flashguns, Großbritanniens neueste Newcomer, die auf dem la pampa ihre Deutschlandpremiere mit Bravour meisterten. Spätestens bei der aktuellen Single I don't know, I love you gab es kein Halten mehr, die Nacht konnte kommen und sie kam. Und wie!

{image}Und dann war es auch schon so weit, in einer großen Jugendbewegung ging es kollektiv zur Mainstage hinüber, wo die Herren von Tocotronic die versammelten Pampanauten aufs Herzlichste unter den Sternen begrüßten. Wer wohl mehr Spaß an wem hatte war nicht ganz klar, Frontmann Dirk von Lowtzow kommentierte nur: "Es ist famos euch zuzuschauen la pampa!" und mit geballten Fäusten hieß es Aber hier leben, nein danke!. Die Zuschauer wollten aber sicher alle bleiben. Auch Sandy, Walter, Robbie Williams, Herbert und Horst, allesamt der Gattung Kuscheltier zugehörig, hielt es nicht bei ihren Besitzern und sie stürmten in einer großen Geste der Liebe die Bühne über die Köpfe der Security hinweg. Dies zog nicht nur eine dementsprechende Umdekoration der Bühne nach sich, sondern löste auch frühkindliche Glücksfühle in der Band aus, die den ganzen Vorgang mit ihrem Song Imitationen honorierte. Eine perfekte Mischung aus dem jüngeren Schaffen der Hamburger und altbekannten Singalongs wie Let There Be Rock oder Drüben auf dem Hügel schlossen sich an, und nach gut fünfzehn Minuten Zugabe wurden sie dann auch entlassen.

{image}Der Auftritt war ein gelungener Einstieg in eine lange Partynacht. Von den abschließenden Noisewellen der alteingesessenen Größen angefixt, konnte es auch direkt mit Electro-Noise-Pop aus Frankreich weitergehen, bevor erneut ein absolutes Highlight auf dem Programm stand: Who Made Who. Was soll man zu dieser Band nur sagen? Wer es gesehen hat, kann es ja kaum wiedergeben. Am ehesten könnte man sie wohl als eine Mischung aus Performance-Art und treibender Disco-Funk-Rock-Jazz-Combo bezeichnen, dabei treffen Elektrobeats auf choralartige Gesänge mit Discobassuntermalung. Klingt jetzt komisch, ist aber so. Immer wieder eingestreute Coverversionen allseits bekannter Dance- und Popsongs in Kombination mit Tequila-Bottleneck an der Gitarre und Fuchsschwanz-Solos beidhändig verlangten den Pampanauten alles ab. Was für ein furioses Ende für Tag eins. Vom Ende im eigentlichen Sinn konnte aber nicht die Rede sein, denn es ging im Partyzelt unter der fachkundigen Beschallung von DJ Moshpit und auf der Seebühne bei Faith Akins "Soul Kitchen" noch bis in den frühen Morgen weiter.

"Guten Morgen la Pampa! Zeit zum Aufstehen!" tönte es pünktlich 9 Uhr am nächsten Tag von der Seebühne zum Zeltplatz hinüber. Wie es in der Pampa weiterging, das lest ihr im zweiten Teil des Festivalberichts!