Dendemann

Dendemann

Daniel Ebel ist vom Vintage verweht. So jedenfalls lautet das Thema des zweiten Soloalbums von Dendemann, mit dem er den zweifelhaften 80er-Jahre-Charme stilecht mit Oberlippenschnauzer und zu eng geratener moonwashed Jeansjacke aufleben lässt. Wie er selbst sagt, hat er den Ghettoblaster mittlerweile durch eine Stratocaster ausgetauscht, um nun mit seiner Band, den Freien Radikalen, "astreinen Garagenrap" abzuliefern. Beim Live-Termin in Heidelberg ging der Mann mit der Reibeisenstimme dabei bis ans Äußerste.

{image}Ein Blick auf die HipHop-Szene 2010 zeigt, dass "Stumpf ist Trumpf" nach wie vor das Motto der Stunde ist. Das hat Dendemeier natürlich längst erkannt und fährt – dekoriert mit abgetakelten Accessoires der 80er Jahre – nun selbst einen erbarmungslos primitiven Kurs. Seit Rabauke und Dende sich 2003 als Eins Zwo aufgelöst haben bildet Vom Vintage Verweht zwar den musikalischen Tiefpunkt, in Sachen geistreiche Wortwitzeleien ist der Hamburger Rapper aber immer noch die Speerspitze in Deutschland. Eben Metapher Than Leather, wie er mit einem Songtitel gekonnt auf die 80er-Raphelden Run DMC anspielt.

{image}Im restlos ausverkauften Karlstorbahnhof war es zunächst DJ Maxi, der mit einem schwungvollen Set aus Deutschrap-Hits und 90er Boom Bap für den passenden Einstieg sorgte, bevor Seine Dendeheit mit Band die Bühne erklomm und sich als Freie Radikale GbRdH vorstellte. Dende, der optisch eine Mischung aus Magnum und Murdock vom A-Team abgab, schien direkt mit dem fluxkompensatorbetriebenen De Lorean aus den 80ern angereist gekommen zu sein. Energetisch wie ein Rockstar feuerte er in voller Lautstärke einen neuen Track nach dem anderen ab. Über Beste Wo Gibt und Inhalation landete der derbe Storyteller schließlich bei Gut Und Gerne, dass er von der Band in unterschiedliche Variationen ableiten ließ und mal im Lil Kim und mal im De La Soul Gewand zum Besten gab. Auch Das Erste Mal folgte diesem Schema und wurde auf den Untersatz von Grandmaster Flash’s The Message dargeboten.

{image}Ruhephasen gönnte sich LaRusso, wie Daniel sich in Anspielung auf Karate Kid gerne nennt, nicht. So powerte der Mann mit der Fohlenlunge im Wechseltakt alle Titel seiner beiden Soloalben Die Pfütze des Eisbergs (2006) und Vom Vintage Verweht (2010) ab. Bei ErsoIchso, Endlich Nichtschwimmer und Hörma! bekam Deutschlands rockigste Rapröhre tatkräftige Unterstützung aus dem Publikum. In Anbetracht des jungen Durchschnittalters seiner Zuhörer musste Dende sich bei seinen Ansagen aber selbst ermahnen "Zielgruppenkompatibel zu bleiben", was seinen Späßen über das Kabelfernsehen der 90er Jahre allerdings keinen Abbruch tat. "Kabel verpflichtet", fiel im passenderweise ein, als er den Kabelsalat seines Mikros entwurstelte.  

Es Geht Bergab gab es anschließend noch als Street Dance Remix, bevor die Band sich nach Stumpf Ist Trumpf 3.0 und I’m a Record Junkie und zurück langsam ins Backstage zurückzog. Mit einem gewagten Stagedive-Stunt à la Colt Seavers ließ sich der Hamburger zu ausgefeilten Punchlines wie: "Da hilft es nichts zu leugnen oder abzuwinken/ denn das Christkind bringt heute Vestaxteller und Seratoschinken" quer durch den Karlstorbahnhof bewegen. Für eine wohl bekommene Abwechslung zu dem durchgehend blechernen Rockgedräsche sorgte nun DJ Maxi ("King") mit Vogelperspektive und alten Eins Zwo Beats. Danke, Gut, das selbst schon aus einem weit entfernten Jahrzehnt erklingen zu schien, markierte den Höhepunkt einer schweißtreibenden Show, die Dende mit einer klebrig-erfrischenden Bierdusche und Hand Aufs Herz beendete. Für Hörtnichtauf und weitere Zugaben erschien die Band anschließend noch einmal. Aus der "randvollen Propskasse" gab es jetzt noch die obligatorische Respektbekundung an die hiesigen Rap-Vorreiter aus Heidelberg. Schlagfertig wie Sprühsahne hat Dende heute erneut am Mikro ein Iglu zum Scheiterhaufen gemacht!

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