Dee Dee Bridgewater
Foto: Mark Higashino

Dee Dee Bridgewater Foto: Mark Higashino © DDB Productions, Inc.

Mit ihrem neuen Album zollt Dee Dee Bridgewater nach Ella Fitzgerald erneut einer der ganz großen Jazz-Sängerinnen Tribut: Billie Holiday. Dabei zählt die fast 60-jährige Chanteuse selbst längst zu den Grand Dames des Genres. So trat sie in den 70er Jahren bereits mit Größen wie Sonny Rollins, Dexter Gordon, Dizzy Gillespie und Ray Charles auf und wurde im Laufe ihrer Karriere mit Auszeichnungen überhäuft. Im Heidelberger Schloss huldigte sie ihrem großen Vorbild Lady Day, der Königin des Jazz.

{image}Als die sommerliche Abendsonne das Heidelberger Schloss gerade in seinen schönsten Farben illuminierte, betrat Denise Garrett die Bühne des Königssaals, um das magische Szenario über den Dächern der Stadt mit den richtigen Klängen zu vertonen. Lady Sings the Blues hieß das Konzept heute, bei dem Dee Dee Bridgewater Stücke von Billie Holiday interpretierte. Ganz in schwarz gekleidet und mit einer Grace-Jones-anmutigenden Glatze, stimmte sie schon bald eines der bekanntesten Lieder von Lady Day an: Strange Fruit. Obwohl ein solcher Klassiker, den Billie Holiday 1939 in New York mit emotionaler Schlagkraft als Aufschrei gegen die Lynchmorde vortrug, kein leicht zu covernder Titel ist, gelang es Dee Dee und ihren vier Begleitmusikern zumindest den nötigen Tiefgang zu erzeugen.

{image}Der Abend war geprägt von Gegensätzen. So folgte auf das behagliche Don’t explain ein musikalischer Weckruf mit New Orleans Flavor, bei dem Bridgewater zu einer lasziven Tanzeinlage überwechselte. Aus einer Lounge-Atmosphäre heraus, in der sie sich dekadent die Luft zufächerte und schmiegsam wie ein Kätzchen auf dem Stuhl breit machte, setzte sie just im nächsten Moment zur Attacke mit vollkehliger Jazzröhre an. Genau mit dieser, in größerem Umfang eingesetzten Stimme unterscheidet sich Bridgewater von der großen Billie Holiday, die wenig dazu neigte bis zum Äußersten zu gehen.

Besonders viel Aufmerksamkeit widmete Dee Dee ihren Musikern, die, wie sie erklärte, alle unverheiratet und blutjung sein müssen, um mit ihr auf Tour gehen zu dürfen. Mit der Bemerkung "I'm a cheap Babe these days", machte sie sowohl ihrem Drummer Gregory Hutchinson und dem Pianisten  Edsel Gomez schöne Augen. Besonders abgesehen hatte sie es aber auf ihren Saxophonisten Craig Handy, dessen Nachnahme ihre Phantasie allein schon zu sexuellen Anspielungen anregte und schließlich bei dem Bluessong Fine And Mellow in einem offen ausgetragenen Flirt endete. Bei Your Mother’s Son-In-Law, einem Song aus den frühen Billie-Jahren Anfang der 1930er, passte sie sich mit ihrem Körper sogar seitlich in den Korpus des Kontrabasses ein, um die Schwingungen aufzunehmen, die Stefan Lievestro damit verbreitete.

{image}Obwohl sexuell etwas unausgeglichen, sprühte Dee Dee Bridgewater nur so vor Lebenskraft. Lover Man (Oh, where can you be?) gab es deshalb in einfühlsamer Leidenschaft vorgetragen. A foggy Day (in London town) widmete die Mutter der Jazzsängerin China Moses kurzerhand der Stadt Heidelberg. Mit der Ballade Good Morning Heartache hatte Bridgewater dann das komplette neue Album Eleanora Fagan (1915-1959): To Billie With Love From Dee Dee (2010) durchgesungen. Dee Dee Bridgewater konnte das Publikum durch ihre witzigen Ansagen heute oft zum Lachen bringen und schaffte es dennoch, die Melancholie und den Schwermut der Billie Holiday Balladen zu transportieren.

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