Dieter Ilg - Otello Trio (live in Mannheim, 2010)

Dieter Ilg - Otello Trio (live in Mannheim, 2010) © René Peschel

Im Rahmen der Konzertreihe mit dem geistreichen Titel "JazzToday" traten Dieter Ilg mit seinem Otello-Trio und das Tord Gustavsen Ensemble in der Alten Feuerwache in Mannheim auf. Beide Konzerte hielten einige Höhepunkte bereit, wiesen aber auch offensichtliche Schwächen auf.

{image}Der deutsche Bassist Dieter Ilg hat sich mit der Jazz-Bearbeitung der Verdi-Oper Otello offensichtlich einen Traum aus Studientagen erfüllt. Solcherlei rückwärtsgewandte Bemühungen von Männern im fortgeschrittenen Alter erregen bei kundigen Beobachtern stets gerechtfertiges Misstrauen. Der Beginn des Auftritts des Otello-Trios scheint zunächst die unguten Ahnungen zu bestätigen: Schlagzeuger Patrice Heral, von Ilg auf seiner Homepage erbarmungslos als "kreative Wundertüte" bezeichnet, vollzieht schauerliches und unnötiges Beatboxing. Die ersten Stücke wirken trotz anerkennenswerter Bemühungen um Variation blutleer, kalkuliert, hölzern und vorhersehbar. Mit zunehmender Dauer des Konzerts gelingt es der Band allerdings, die anfängliche Ausdruckslosigkeit zu überwinden. Eine wichtige Rolle spielt dabei Pianist Rainer Böhm, dessen lebendiges und lyrisches Spiel der Musik mit melodischer Intensität verleiht und das Abgleiten in selbstgefällige Manierismen verhindert.

{image}Wenn Patrice Heral keine stimmlichen Verrenkungen vornimmt, dann erweist er sich als ausdrucksstarker und leidenschaftlicher Schlagzeuger, der in der Lage ist, Ilgs manchmal etwas zu nüchternes Bassspiel anzufeuern. Das Publikum ist jedenfalls begeistert und verabschiedet die Musiker in der gut gefüllten Feuerwache nach ihrem etwa einstündigen Konzert mit tosendem Applaus.

Nachdem der norwegische Pianist Tord Gustavsen jahrelang mit seinem Trio aufgenommen hatte, erweiterte er es im letzten Jahr um den Saxophonisten Tore Brundborg und die Sängerin Kristin Asbjornsen zum Tord Gustavsen Ensemble und nahm das Album Restored, Returned für ECM auf. Als Quartett mit Mats Eilertsen (Bass) und Jarle Vespestad (Schlagzeug), also ohne die Vokalistin, traten die Musiker in Mannheim auf.

{image}Vom ersten Ton des Saxophonisten ist eindeutig, dass die Erweiterung des Trios zum Quartett an diesem Abend nicht funktioniert. Brundborg klingt wie ein besonders gelehriger Garbarek-Kopist, dem es gänzlich an musikalischer Eigenständigkeit mangelt. Es gelingt den Musikern nicht, einen überzeugenden Ensemblesound zu entwickeln. Die meisten Stücke wirken, als musizierten sie aneinander vorbei, besonders Brundborg wirkt, als wäre er nicht in die Gruppe integriert.

Es ist kein Zufall, dass ein als Trio gespieltes Stück ohne den Saxophonisten mit Abstand das Überzeugendste ist, das Gustavsen an diesem Abend gelingt. Die drei Stimmen, Klavier, Bass und Schlagzeug, verschmelzen darin zu einer beeindruckenden Einheit aus Klang und lassen erkennen, was bei einem reinen Trio-Konzert möglich gewesen wäre. Der Versuch, alte Kompositionen in neuem Quartett-Gewand darzustellen, misslingt hingegen gründlich. Im letzten Stück des Abends klingt die Band wie eine schlechte Kopie von Keith Jarretts European Quartet der 1970er. Der Beifall des Publikums fällt daher vergleichsweise verhalten aus. Es bleibt abzuwarten, ob die schlechte Tagesform oder die Unvereinbarkeit der musikalischen Ausdrucksweisen die Ursache für den schwachen Auftritt darstellten.