Record Store Day © Record Store Day
{image}Vorweg: seit 2007 wird dieser Tag theoretisch international in zahlreichen Plattenläden begangen, um auf das Sterben ebendieser aufmerksam zu machen. Die Aktion ist sehr populär und treibt ganz eigene Blüten, so gibt es vor allem von diversen US-Künstlern Sondereditionen, die nur an diesem Tag verkauft werden. Der Erfolg scheint den Akteuren Recht zu geben und das Echo für die Plattenläden durchaus gut zu sein. Auf der Webseite wird allerdings deutlich, dass nur wenige Läden aus Deutschland an dieser Erfindung teilnehmen. Der Hauptgrund dafür dürfte vor allem der starke Fokus auf den US-Markt und die fehlende Promotion in Europa sein. Die Seite nennt lediglich 14 Läden – gut ein Viertel davon in Berlin und Köln – die an der Aktion teilnehmen. Einer dieser Läden ist der Münchner Plattenladen Optimal, der bereits 2009 an der Aktion teilgenommen hat. Hier erfahre ich, dass es um den Record Store Day im letzten Jahr kleinere Aktionen wie ein Konzert und einen Radiobeitrag gab, die für eine gute Wahrnehmung gesorgt haben. Dennoch scheinen vor allem diejenigen Käufer zu kommen, die bereits durch ihren Eigenantrieb von den zu erwartenden Sonderveröffentlichungen wissen.
Wünschenswert wäre es jedoch, neues oder längst abhanden gekommenes Publikum in die Läden zu ziehen. Auch im renommierten Flight 13, einem Mailorder und Plattenladen aus Freiburg, fällt die Bilanz eher mager aus: der Record Store Day spielt sich gegenwärtig in den USA oder England ab, ist bei uns derzeit kein relevantes Thema. Nun ist man hierzulande dennoch kreativ und willens, die Szene der Plattenläden zu beflügeln und hat eigens dafür ein Pendant zum Record Store Day ins Leben gerufen, die Plattenladenwoche. Selbige findet vom 29.10. bis 05.11.2010 statt. Und siehe da, die Liste der teilnehmenden inländischen Plattenläden ist erfreulicherweise um einiges länger als die des Bruders Record Store Day, denn ganze 91 Händler werden genannt, die während dieser Tage ebenfalls Sondereditionen zum Verkauf anbieten können. Oder könnten, denn – so Optimal und Flight 13 – ein Großteil der Ware sei für den Fachkäufer eines Independent Plattenladens schlichtweg uninteressant, wenn nicht sogar abschreckend.
So macht die Plattenwoche den Fehler und instrumentalisiert die an sich gute Idee zu einem Marketing-Gag, der bestenfalls das Publikum der Mediamarkt- oder Saturn-Kunden begeistern kann: Rammstein & Co. werden angeboten, das parallel erschienene Magazin wirkt wie ein Major-Katalog, der statt Individualität zu propagieren, einen möglichst großen Genre-Bereich abdecken will. Allen Unkenrufen zum Trotz gab es laut Informationen Dritter vom führenden Indie-Vertrieb Indigo 2009 eigens für die Plattenladenwoche herausgegebene Veröffentlichungen. Leider war es mir in der Kürze der Zeit nicht möglich, hierzu Informationen aus erster Hand zu holen.
Bei aller Theorie wird deutlich: Plattenläden brauchen Publikum und das Publikum braucht Informationen. Die Labels, Vertriebe und damit die Musiker haben hier ihre Plattform für Verkauf und die Kunden Spaß beim ersten Kennenlernen und Entdecken der Musik. Dazu kommt das wunderbare Gefühl, an der Verpackung riechen zu können. Für den morgigen Tag reicht es ja schon, einen Gedanken daran zu "verschwenden" oder wirklich mal Musik erleben und einkaufen zu gehen. Längerfristig wäre es sinnvoll, den Record Store Day und die Plattenladenwoche zeitgleich stattfinden zu lassen und mit Veranstaltungen und ansprechender Promotion überhaupt erst auf die Aktionstage aufmerksam zu machen.
In jedem Falle haben sowohl der Record Store Day als auch die Plattenladenwoche Beachtung verdient und bergen viel Potenzial, sich über die Jahre stetig zu verbessern und an Attraktivität zu gewinnen.