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"Manche Dinge habe ich vielleicht zu spontan gemacht"

Interview mit Siggi Loch, Labelchef, Produzent und Musikmanager-Legende

Interview von Jan Paersch
veröffentlicht am 29.09.2020

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Interview mit Siggi Loch, Labelchef, Produzent und Musikmanager-Legende

Siggi Loch. © Anja Grabert

2020 feiert Siggi Loch 60-jähriges Branchenjubiläum und seinen 80. Geburtstag. Im Gespräch mit Backstage PRO-Autor Jan Paersch gibt er wertvolle Einblicke ins Musikbusiness und verrät zahlreiche Anekdoten von beruflichen Highlights.

Siggi Loch, geboren 1940 im heutigen Polen, wuchs in Sachsen-Anhalt auf, nach der DDR-Flucht im Jahr 1951 lebte die Familie in Hannover. Loch spielte selbst Schlagzeug in einer Jazzband, ehe er Schallplattenvertreter wurde.

Als Produzent zeichnete er für frühe Aufnahmen von Klaus Doldinger und Rockbands aus dem Hamburger Star Club verantwortlich. Als Gründungsgeschäftsführer von WEA Music (später Warner) betreute er Künstler wie Led Zeppelin und AC/DC, und er verhalf Marius Müller-Westernhagen und Heinz Rudolf Kunze zum kommerziellen Durchbruch. 1992 erfüllte er sich den seit langem gehegten Traum eines eigenen Jazzlabels und gründete ACT – heute eines der erfolgreichsten Jazz-Labels in Europa, mit KünstlerInnen wie Nils Landgren, Esbjörn Svensson, Michael Wollny, Wolfgang Haffner, Vincent Peirani und Viktoria Tolstoy.

Der Produzent empfängt in seinem Arbeitszimmer in seinem Haus in Berlin-Grunewald, zwischen zimmerhohen Regalen mit Kunst-Bänden und erzählt freimütig über das im Wandel befindliche Musik-Business, die Arbeit mit Westernhagen, Phil Collins und „Ein Bett im Kornfeld“.

"Der Dialog zwischen Produzent und Musiker ist entscheidend"

Backstage PRO: Siggi Loch, was ist die Aufgabe eines Produzenten?

Siggi Loch: Die ersten wirklich einflussreichen Produzenten waren leidenschaftliche Musikfans. Die Brüder Ahmet und Nesuhi Ertegün haben mit geliehenem Geld das Label Atlantic Records gegründet, das später zu Warner gehören sollte. Das war die Umsetzung einer Leidenschaft, um die Musik einem größeren Publikum zu vermitteln. Diese Leute waren in der Regel keine Musiker, sie waren Musik-Ermöglicher. Es ging nur darum, Leute zusammenzubringen. Die besten jeweils ihres Fachs, damit etwas Großes entstehen kann. Der Producer saß nicht nur im Studio und begleitete die Aufnahmen, seine Hauptaufgabe bestand darin, die Musik zu verbreiten. So habe ich auch immer meine Rolle verstanden.

Backstage PRO: Mussten Sie sich dafür mit Aufnahmetechniken befassen?

Siggi Loch: Das war nicht nötig. Genauso wenig wie ich dem Musiker erklären muss, was er spielen soll, muss ich dem Toningenieur erklären, wie er aufnehmen soll. Ich muss mir schon vorher Gedanken machen: Was will ich aufnehmen, was will der Musiker aufnehmen? Ist das umsetzbar? Denn solange ich in diesem Business tätig bin, sind Schallplatten nur aus einem einzigen Grund gemacht worden: um verkauft zu werden. Als Unternehmer muss ich wirtschaften können, sonst habe ich keine Existenzberechtigung.

Backstage PRO: Sehen Sie sich als Kulturschaffenden?

Siggi Loch: Wir Produzenten sind durchaus Kulturarbeiter und haben ein Interesse, einen Beitrag zum kulturellen Geschehen zu leisten. Der Dialog zwischen Produzent und Musiker ist entscheidend. Wenn der Künstler alles alleine macht, was heute normal ist, findet das nicht mehr statt. Man darf wohl sagen, dass die Beatles niemals die Beatles geworden wären, wenn sie nicht George Martin gehabt hätten.

Backstage PRO: Sie sind Jahrgang 1940. In Ihrer Biographie beschreiben Sie die harte Zeit nach dem Krieg, in dem Ihre Familie vor der Sowjetarmee flüchtete. Hat Musik für Sie da schon eine Rolle gespielt?

Siggi Loch: Mein erstes musikalisches Erlebnis war kurz nach Kriegsende. Wir landeten in einem ausgebombten Haus in Halle. Die Vorderseite des Hauses existierte nicht, man musste bei manchen Türen aufpassen, dass man nicht auf die Straße fiel. Eines Tages wurde ein russischer General im offenen Sarg durch die Straßen getragen. Dazu spielte eine Militärkapelle tieftraurige Musik – einen Klang, den ich zutiefst verinnerlicht habe. Später hat mich vor allem Melancholisches berührt, erst Sidney Bechet, dann Esbjörn Svensson. So etwas spricht die Harfensaiten in meinem Herzen an.

Backstage PRO: Damals kam man nicht leicht an Musik. Als Jugendlicher konnten Sie sich nicht einmal das Eintrittsgeld für Konzerte leisten.

Siggi Loch: Das Wort Taschengeld kannte ich nicht. Um den Saxophonisten Sidney Bechet zu sehen, musste ich durchs Kellerfenster in den Konzertsaal einsteigen. Und für meine erste Platte musste ich irgendwie 7,50 DM beschaffen!

Backstage PRO: 1960 fingen Sie an, mit einem randvoll mit Vinyl beladenen VW Käfer die norddeutschen Plattenläden als Vertreter abzuklappern. Heuer sind Sie 60 Jahre im Musik-Business, ihre besondere Liebe galt immer dem Jazz. Was gibt Ihnen diese Musik?

Siggi Loch: Als ich damals Sidney Bechet hörte, war da dieses eine bestimmende Gefühl: Freiheit! In einer geordneten Situation allerdings. Am Anfang des Jazz stand der Gedanke an die Befreiung von den Fesseln der Sklaverei. In New Orleans war der Jazz die Musik, die in Bordellen gespielt wurde. Das Ausleben der größtmöglichen Freiheit in einer Gruppe von Gleichgesinnten! In einem ähnlichen Spirit wurde im Star Club der Rock’n’Roll gespielt.

"Ich hatte immer den Traum vom eigenen Jazz-Label"

Backstage PRO: Der Erfolg der Star-Club-Alben legte die Grundlage für Ihre Karriere als internationaler Label-Manager. 1971 wurden Sie Gründungsgeschäftsführer des Labels Warner. Sie haben gutes Geld als Angestellter verdient. War es nicht riskant, diesen Job an den Nagel zu hängen?

Siggi Loch: Als ich 1987 bei Warner aufhörte, hatte ich eine Karriere hingelegt, die zu dem Zeitpunkt kein Deutscher erreicht hatte. Ich war der zweite Mann im größten Musikkonzern der Welt. Es gab dann einen Wechsel dort, mein väterlicher Freund und Mentor Nesuhi Ertegün trat aus Altersgründen ab. Mir wurde ein neuer Vertrag angeboten, aber mir war klar, dass ich einen Großteil meiner Energie dafür hätte aufwenden müssen, nur um meine Position zu halten. Und das wollte ich nicht. Ich hatte immer den Traum vom eigenen Jazz-Label.

Backstage PRO: Das war die Firma ACT, die sie 1992 ins Leben riefen, um später Künstler wie Nils Landgren und Michael Wollny bekannt zu machen.

Siggi Loch: Das war schon mutig. Aber weil ich zunächst doch nicht mutig genug war, habe ich mir das Label zunächst von anderen finanzieren lassen. Das ging nicht lange gut. Aber dann habe ich den harten Schnitt gemacht und nur noch das gemacht, was ich selbst kontrollieren und finanzieren konnte. Ich konnte davon schließlich doch sehr gut leben. Ich habe in meinem ganzen Leben schließlich viel gearbeitet.

Backstage PRO: Heute lässt sich mit Jazz kaum noch Geld machen, oder?

Siggi Loch: Die Rolle des Jazz im Wirtschaftsgefüge hat sich kaum geändert. „There’s no money in Jazz“, sagte schon Nesuhi Ertegün. Der Jazz war – von der Zeit des Swing abgesehen – eine Nischen- und Kunst-Musik. Nur wenige Jazzmusiker haben sehr gut verdient, die meisten führen ein hartes Leben. Es ist schwer, sich davon zu ernähren, damals wie heute. Das wird jedoch niemandem davon abhalten, Jazz zu spielen. Es geht um den Spirit! Jazz ist längst keine Stilrichtung mehr, dafür gibt es viel zu viele Formen. Jazz ist eine Auffassung, eine Lebensphilosophie.

Backstage PRO: Die allerdings keine Platten verkauft. Wie sehr hat die Digitalisierung die Labelarbeit verändert?

Siggi Loch: 1992 war das Jahr, indem die Musikindustrie den höchsten Umsatz ihrer Geschichte eingefahren hat. Danach gings bergab, heute wird weniger als die Hälfte umgesetzt.

Der Tonträgermarkt ist eingebrochen. CDs werden nur noch benötigt, um Gigs zu akquirieren und um als Souvenir bei Konzerten verkauft zu werden. Die Tochter meines Neffen liebt Billie Eilish – sie besitzt von ihr Merchandise-Produkte im Wert von 200 Euro. Aber keine CD! Das Geschäft hat sich verlagert.

Backstage PRO: Kann man mit Streaming Geld verdienen?

Siggi Loch: Die Industrie wächst seit ein paar Jahren wieder. Die Majors verdienen gut am Streaming. Sie müssen keine Platten mehr durch die Gegend schicken, Tonträger sind nur ein Promotion-Vehikel. Aber die Klientel kleinerer Firmen sind noch nicht so weit wie der Massenmarkt. Unsere Kunden geben sich nicht zufrieden mit dem, was sie über Streaming abrufen können. Der deutsche Konsument ist treuer gegenüber traditionellen Medien. In Schweden wurde Spotify erfunden, heute spielen dort Tonträger nicht einmal für Jazzmusiker eine Rolle.

Backstage PRO: Was sich auch verändert hat: die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums.

Siggi Loch: Als ich jung war, gab es noch Schellack-Platten. Anfangs gab es nur vier Minuten pro Seite, dann emanzipierte die Musik sich von der zeitlichen Begrenzung: erst gab es Singles, dann EPs, dann Langspielplatten. Heute sind wir wieder an dem Punkt, an dem die Pop-Künstler nicht mehr an Alben denken. Sie promoten sich selbst online, und was sie zu sagen haben, müssen sie in wenigen Minuten unterbringen. Wir sind also wieder da, wo wir vor 100 Jahren waren, als es mit der Schallplatte losging.

"Ein Flop ist nur ein Flop, wenn es künstlerisch und kommerziell unbefriedigend ist"

Backstage PRO: Kann man einen Künstler heute noch behutsam aufbauen, wie Sie es früher gemacht haben?

Siggi Loch: Bei ACT machen wir doch nichts anderes! Aber lassen Sie mich zunächst von Westernhagen erzählen. Es war ein langer Prozess, ihn bekannt zu machen. Es gab schon einen kleinen Medienrummel um ihn, aber die ersten drei Alben waren nicht erfolgreich. Und dann wollte Marius sich selbst produzieren. Ich musste ihn auf unseren gültigen Vertrag hinweisen, nach dem wir den Produzenten gemeinsam bestimmten. Und dann machte ich ihn mit Lothar Meid bekannt, dem Bassisten von Klaus Doldinger. Und heraus kam „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“. Besser geht’s doch gar nicht!

Backstage PRO: Und heute?

Siggi Loch: Wir haben von Michael Wollny zunächst drei Alben veröffentlicht, mit denen wir weder Geld verloren noch verdient haben. Damit konnte ich nicht zufrieden sein. Ich schlug Michaels Trio also vor, etwas anderes zu machen, und auch einmal Coversongs zu spielen. Ich buchte einen weiteren Tag im Studio, um noch drei Songs einzuspielen. Und das Album wurde ein Hit!

Backstage PRO: Das heißt, dass Sie Ihre Meinung manchmal über die des Künstlers stellen?

Siggi Loch: Ich muss auf Meinungen Rücksicht nehmen. Wenn der Künstler eine überzeugende Vision hat, und ich dennoch zweifele, kommt es darauf an, wie sehr ich ihm vertraue. Nach Wollnys ersten drei Platten hatte er die Idee eines Duo-Albums mit der israelischen Cembalistin Tamar Halperin. Ich dachte: das ist kontraproduktiv. Ich hatte mir anderes vorgestellt, aber ich spürte, wie wichtig diese Platte für ihn war. Ich habe Produktionskosten von 15.000 Euro zugestimmt, fünfmal mehr als für jedes seiner Alben zuvor. Obwohl ich dagegen war! Das Album wurde nicht erfolgreich, aber es war so wichtig für ihn! Wenn ich Vertrauen in den Künstler habe, würde ich nie versuchen, ihm etwas auszureden.

Backstage PRO: Ein großer Künstler darf sich also Flops erlauben?

Siggi Loch: „Wunderkammer“ war kein Flop, es war ein künstlerischer Quantensprung. Es hat sich nur nicht gut verkauft. Aus Kaufmannssicht ist es natürlich umgekehrt besser (lacht). Aber ein Flop ist nur ein Flop, wenn es künstlerisch und kommerziell unbefriedigend ist.

Mick Jagger and Siggi Loch, 1974

Mick Jagger and Siggi Loch, 1974, © (Archiv Siggi Loch)

Backstage PRO: Was war denn kommerziell am befriedigendsten für Sie?

Siggi Loch: Der größte Erfolg, mit dem ich es je zu tun hatte, war „Ein Bett im Kornfeld“. Die Aufnahme ist gegen den erklärten Willen von Jürgen Drews entstanden. Wir haben viel Geld in ihn investiert und mehrere LPs produziert, aber wir hatten keinen Erfolg. Dann kam „Let Your Love Flow“ von den Bellamy Brothers auf meinen Schreibtisch. Ich wusste: das ist ein Hit. Aber Drews wollte eine deutsche Version davon partout nicht singen! Am Ende habe ich ihn doch dazu bekommen, und er tourt damit heute noch durch die Einkaufszentren und lebt gut davon.

Backstage PRO: Wer Musik verkaufen will, muss manchmal für den Künstler unangenehme Entscheidungen treffen. Richtig?

Siggi Loch: Ich erinnere mich an eine Diskussion mit Eric Clapton Anfang der Achtziger Jahre. Phil Collins hatte gerade einen Hit mit „In the Air Tonight“ gehabt, er sollte dessen neues Album produzieren. Ich war zufälligerweise in LA, als Claptons Manager es dem Warner-Chef vorspielte. Der hat es abgelehnt, weil er keine Single darauf hörte. Einer der Warner-Hausproduzenten hat dann drei Titel nachproduziert, und alle drei wurden Hits. Damals hatte ein Label noch den Mut, einem Superstar wie Phil Collins Paroli zu bieten. Wer einen Millionen-Vorschuss will, muss ein entsprechendes Produkt abliefern! Heute ist so ein Mut bei Entscheidungsträgern kaum noch vorhanden.

Backstage PRO: In ihrer Biographie geben Sie sich selbstkritisch. Sie schreiben, Sie seien zum Teil zu hart mit Ihren Mitarbeitern umgegangen.

Siggi Loch: Ich bin heute noch dankbar, dass mir die Chance gegeben wurde, das zu tun, wovon ich immer geträumt habe. Die Tatsache, dass mir jemand als 26-jährigem das Vertrauen als Labelchef geschenkt hat, hat mir meine wichtigste Aufgabe gegeben: diesen Mann wollte ich nicht enttäuschen. Ich war der Meinung, dass jeder, der in der Musikindustrie arbeiten durfte, sich darüber freuen sollte. Ein Künstler orientiert sich auch nicht an einer 40-Stunden-Woche – er hat eine Vision, und die setzt er durch. Und er lässt sich nicht vom Weg abbringen! Ich habe dieselbe Einstellung entwickelt. Ich habe von keinem Mitarbeiter mehr als von mir selbst erwartet. Als ich in den Siebziger Jahren Chef von Warner wurde, potenzierte sich das noch. Wir durften mit den größten Stars der Welt arbeiten

Backstage PRO: Darunter AC/DC, Fleetwood Mac, die Eagles…

Siggi Loch: Genau! Aber es gab Mitarbeiter, die selbstgefällig der Meinung waren, dass der Erfolg von ihnen abhinge. Ich wusste: entscheidend ist die kreative Leistungsfähigkeit unserer Künstler. Das war mein Problem: ich sah den goldenen Löffel im Mund der anderen, und ich dachte: ihr solltet glücklich sein, dass ihr den Job überhaupt machen dürft.

Backstage PRO: Eine Dankbarkeit, die sich aus Ihrer Kindheit speist?

Siggi Loch: Ich habe als Kind in einer Laube gelebt, mit Klo im Garten, die ganze Familie schlief in einem Raum. Wer das erlebt hat, hat eine andere Einstellung zu seinem Beruf. Ich habe nur einen Volksschulabschluss. Alles, was ich für meinen Beruf wissen muss, habe ich mir selbst erarbeitet. Gott sei Dank wurde ich bei meinem ersten Vorstellungsgespräch als Label-Manager nicht gefragt, ob ich Englisch kann. Ich musste monatelang die Nächte durchlernen, um den Meetings einigermaßen folgen zu können.

"…alle Sicherungen durchgebrannt…"

Backstage PRO: Ihr ACT-Geschäftsführer Andreas Brandis sagt über Sie: „Siggi ist direkt und manchmal hart in der Sache.“ Wann waren Sie zu streng?

Siggi Loch: Es gibt nur eine Situation, die ich im Nachhinein bedauert habe, da ging es um die Band Ideal. Bands wie Kraftwerk haben die Grundlage für elektronische Musik gelegt. Das wollte ich abbilden und arbeitete dafür mit IC zusammen, dem Label von Klaus Schulze, der bei Tangerine Dream gespielt hatte. Die Zusammenarbeit war aber leider nicht erfolgreich, nach zwei Jahren hatten wir schon viel Geld verbrannt. Als ich dann im Urlaub war, riefen mich meine Kollegen an, und sagten, sie hätten schon wieder drei Alben auf dem Tisch gehabt, eines schlechter als das andere. Aber IC hätte ihnen angeboten, für eine Abfindung von 200.000 Mark den Vertrag ruhen zu lassen. Ich war auf einem Segeltörn und habe das aus der Ferne abgesegnet. Zwei Monate später sah ich Ideal im Fernsehen mit „Berlin“ und flippte fast aus. Ich wusste sofort: das isses!

Backstage PRO: Sie haben sofort zum Telefonhörer gegriffen, nehme ich an?

Siggi Loch: Ich ließ mir von meinem A&R-Chef das Album besorgen, und sah, dass es auf dem Label IC herausgekommen ist! Das Album von Ideal war eines der drei, die meine Mitarbeiter abgelehnt hatten. Und wir hatten obendrein 200.000 drauf gelegt! Und dann sagte der A&R-Chef noch: „Es war wohl ein Fehler, aber ich würde es jederzeit wieder so machen.“ Daraufhin habe ich ihn auf der Stelle entlassen. Und er war einer unserer beliebtesten Mitarbeiter. Eine typische Situation, in der mir alle Sicherungen durchgebrannt sind. Sachlich war es richtig, aber die Form war falsch.

Backstage PRO: Sie sind nun 60 Jahre im Business – würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?

Siggi Loch: Nein. Ich wäre äußerst undankbar, wenn ich mit meinem Leben unzufrieden wäre. Ich war, das kann man so sagen, ein Triebtäter. Wenn ich auf einer Spur war, hat mich niemand davon abgebracht. Das war natürlich ein Risiko: manche Dinge habe ich vielleicht zu spontan gemacht. Aber ich bin nun mal so gestrickt.

Backstage PRO: Wie sieht die Zukunft Ihres Labels aus?      

Siggi Loch: Nur als Musikverlag und Label kann ACT nicht überleben. Wir haben uns etwas einfallen lassen, damit es eine Zeit nach mir geben kann. Deshalb haben wir eine Management-Agentur aufgebaut, um die Künstler zu begleiten. Es geht nicht um den Tonträgerverkauf, es geht mehr denn je ums Livespielen.

Backstage PRO: Siggi Loch, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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