Die Kutschenhalle auf den Campbell-Baracks (2017)

Die Kutschenhalle auf den Campbell-Baracks (2017) © Daniel Nagel

2015 fällte der Heidelberger Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss über den Umzug des Karlstorbahnhofs auf die Campbell-Barracks in die Südstadt. Seitdem ist wenig geschehen. Was ist da los?

Der Karlstorbahnhof Heidelberg ist ein vielfach ausgezeichnetes und weit über die Rhein-Neckar-Region hinaus berühmtes Veranstaltungshaus. Nur in Heidelberg verkennt man offensichtlich die Bedeutung dieser Kulturinstitution.

Die Entscheidung für den Umzug?

Seit Ende 2011 ist klar, dass entweder das ehemalige Bahnhofsgebäude am Rande der Altstadt saniert und umgebaut oder der nach diesem Gebäude benannte Karlstorbahnhof in neue Räumlichkeiten umziehen muss.

2015 beschloss der Heidelberger Gemeinderat, dass der Karlstorbahnhof mit allen Bestandteilen in die ehemalige Kutschenhalle auf den Campbell-Barracks in der Heidelberger Südstadt umziehen soll. Diese Lösung wurde von der städtischen Verwaltung aufgrund der angeblich niedrigeren Kosten gegenüber dem Umbau des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Bahnhofsgebäudes favorisiert.

In der Kostenfalle

Davon kann inzwischen keine Rede mehr sein, denn die aktuellen Kosten belaufen sich mindestens auf 13 Millionen Euro – und liegen damit höher als die eines Umbaus nach damaliger Planung. Die Ursache der Mehrkosten besteht darin, dass die Kutschenhalle 150 qm kleiner und 1,20 m niedriger ist als ursprünglich angenommen. Dass dieser Umstand den Verantwortlichen bei der Erstellung der Machbarkeitsstudie nicht auffiel, ist symptomatisch für die gesamte Thematik.

Für ein Haus mit einer so herausragenden kulturellen Bedeutung wie den Karlstorbahnhof wäre ein zweistelliger Millionenbetrag mit Sicherheit gut investiert, aber nur wenn das neue Gebäude tatsächlich substantielle Verbesserungen für die Kulturinstitution Karlstorbahnhof nach sich zieht.

Eine widersprüchliche Empfehlung

Das ist aber nach aktueller Planung fraglich. Im Juli 2017 empfahl die Verwaltung dem Gemeinderat die Annahme einer Beschlussvorlage, die zwar den Kostenrahmen von 13 Millionen einhält, aber den Umzug des Karlstorbahnhofs ohne Karlstorkino und Medienforum vorsieht. Damit widerspricht diese Planung dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats, der sich explizit für einen vollständigen Umzug des Karlstorbahnhofs ausgesprochen hatte.

Auf Nachfrage bei der Stadt Heidelberg, warum die Verwaltung dem Gemeinderat diese Lösung unterbreitete, erklärt die Pressestelle, es handle sich um einen "Versuch, einen Kompromiss zwischen dem Kostenrahmen, der schlicht nicht eingehalten werden kann und der Funktionalität zu finden." Außerdem sei es das Ziel gewesen, "einen Lösungsvorschlag zu bringen, der dem Beschluss des Gemeinderates am nächsten kommt."

Widersprüchliche Argumentation

Das steht aber in direktem Widerspruch zur gleichzeitgen Erklärung der Stadt, dass "Kosten und Funktionalität im Beschluss [des Gemeinderats] gleichwertig nebeneinander" stehen. Aus diesem Grund hätte die Stadt Heidelberg gut daran getan, dem Gemeinderat mehrere gleichberechtigte Lösungen anzubieten, nämlich solche, die im Kostenrahmen bleiben und solche, die den Komplettumzug des Karlstorbahnhofs mit allen Bestandteilen verwirklichen – einschließlich der geschätzten Kosten.

Stattdessen empfahl die Stadt dem Gemeinderat einen Plan, der weder auf Zustimmung des Gemeinderats noch des Karlstorbahnhofs stieß. So dauert die unbefriedigende Situation des Karlstorbahnhofs in den alten Räumlichkeiten an, ohne dass ein verbindlicher Zeitplan oder Planungssicherheit existieren.

Darüber hinaus ist keineswegs klar, dass die von der Stadt vorgeschlagene Lösung am Ende günstiger ist, denn für das Kino müssen ja zusätzlich Räumlichkeiten gefunden werden, die mit Sicherheit nicht kostenlos sein werden. Wenn die Stadt davon spricht, dass die von ihr vorgeschlagene Lösung den "Kostenrahmen" einhält, so ist das kein seriöses Argument.

Es ist nicht überraschend, dass der Gemeinderat sich dem Ansinnen der Verwaltung verweigerte. Ein "runder Tisch" zwischen den Beteiligten soll jetzt nach Lösungen suchen, wie der Umzug innerhalb des finanziellen Rahmens bewältigt werden kann. Immerhin – aber man fragt sich, weshalb das nicht schon viel früher geschehen ist, schließlich ist die Problematik seit sechs Jahren bekannt.

Passive Haltung der Stadt

In diesem Zusammenhang ist die passive Haltung der politischen Spitze der Stadt und der Verwaltung auffällig. Das Verhalten der Verwaltung mutet so an, als schiebe man dem Gemeinderat in zentralen Punkten die Verantwortung zu. So lässt sich jedenfalls folgende Aussage der Stadt interpretieren: "Es ist die politische Entscheidung des Gemeinderates, in welcher Variante man das Haus verlagern will und welche Mittel man bereit ist dafür auszugeben."

Wäre es nicht zweckmäßig, wenn die Verwaltung in einer für das kulturelle Leben der Stadt Heidelberg so zentralen Frage ein erkennbares Konzept verfolgte? Stattdessen verharrt die Verwaltung in Passivität und verweist immer wieder auf den Gemeinderat. Gleichzeitig versucht die Stadt Heidelberg den Grundsatzbeschluss des Gemeinderats aufzuweichen, wie die Empfehlung vom Juli 2017 zeigt. Was hält die Stadt eigentlich davon ab, sich zum Beschluss des Gemeinderats zu bekennen und nach einer Lösung zu suchen, die den Umzug des gesamten Karlstorbahnhofs vorsieht?

Abgesehen von Allgemeinplätzen und Selbstverständlichkeiten äußern sich weder das Kulturamt der Stadt noch Kulturdezernent Dr. Gerner substantiell zur Zukunft des Karlstorbahnhofs. Warum?

Eine Lösung, die nichts löst

Es ist unbestreitbar, dass der Gemeinderat die finanziellen Mittel für den Umzug bereitstellen muss, aber das sollte die Stadt nicht veranlassen, fragwürdige Kompromisse einzugehen. Die Ausgabe von mindestens 13 Millionen Euro ist schwer zu rechtfertigen, wenn der einzige Ertrag im Teilumzug des Karlstorbahnhofs besteht, der die grundsätzlichen Probleme der Kulturinstitution nicht löst.

Eine millionenschwere Investition sollte einen Komplettumzug finanzieren, eindeutige Verbesserungen für das Veranstaltungshaus mit sich bringen und den Bestand der Kulturinstitution auf Jahrzehnte sichern. Die aktuellen Pläne der Stadt Heidelberg werden dieser Anforderung nicht im Ansatz gerecht.

Alle Freunde des Karlstorbahnhofs und alle Bürger der Rhein-Neckar-Region können nur hoffen, dass der lähmende Stillstand durch den runden Tisch im Herbst überwunden werden kann. Vor allem die Stadt muss sich endlich zu einer eindeutigen Haltung durchringen, die den Wert und die Interessen des Karlstorbahnhofs und die Willensäußerungen des Gemeinderats respektiert. Nur dann kann eine Entscheidung getroffen werden, die sowohl dem Karlstorbahnhof als auch der Stadt und der ganzen Rhein-Neckar-Region nützt.

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