Catrolin Kebekus (2017)

Catrolin Kebekus (2017) © Axl Klein

In einer immer chaotischer wirkenden Welt bringt Carolin Kebekus mit ihrem besonderen Humor das Licht in viele dunkle Ecken. Sie spricht alle peinlichen Themen an und bedient dabei die Männer ebenso wie ihre zahlreichen weiblichen Fans.

Die Mannheimer SAP Arena ist bei abgehängtem Oberrang restlos ausverkauft. Mit lautem Rocksound kommt AlphaPussy Carolin Kebekus auf die Bühne. Ohne Umschweife kommt sie sofort zur Sache. In der unverblümten Sprache der Straße geht es um das allseits bekannte Wegbier. Eben das Bier, das in Städten wie München eben nicht in der Kneipe getrunken wird, sondern draußen auf der Straße auf dem Heimweg.

Unter großem Gelächter schildert sie ihre alkoholischen Jugendexzesse, die vor allem im Kölner Karneval stark ausgeprägt vorkommen. Der Karneval, die große Institution, die nicht einmal ein Terrorist stoppen kann. Nur der Sturm ist dazu fähig, wie man 2016 gesehen hat. Daher auch der Rat an die Terroristen: "Schmeißt die Bombengürtel weg, kauft Windmaschinen – da kann dann auch der Vollbart so schön wehen:"

Klare Signale

Vom Karneval in Köln ist der thematische Sprung zum Sex-Mob an Silvester nur kurz. Die oft für ihre Aussagen attackierte Feministin bleibt bei ihrer Haltung, dass es höchste Zeit war, einige Gesetze hinsichtlich des Grapschens zu verbessern. Dafür erntet sie viel Applaus und Unterstützung in der Halle ebenso wie für den Satz: "Erst wenn er die Faust in der Fresse hat, merkt er, die meint wirklich Nein." Den Satz "Nein heißt Nein" kann man nur unterstützen.

Wünschenswert wäre an dieser Stelle nur, dass sie gleichzeitig Sätzen wie: "Ja, wenn er beim ersten Nein gleich aufgibt" ebenso eine klare Absage erteilt. Von einer starken, selbstbewussten Frau sollten eher Aussagen kommen wie: "Du willst etwas von mir. So einfach geht das nicht. Zeig mir, dass Du ein Kämpfer bist." Das wäre dann eine faire Kommunikation auf Augenhöhe. Wenn Carolin Kebekus es zukünftig schafft, hier noch für etwas mehr Ausgewogenheit zu sorgen, würde sie dieses ihr offenbar wichtige Thema inhaltlich noch weiter aufwerten.

Schlager als Rebellion

Vom Karneval mit all seinen peinlichen Auswüchsen landet sie jetzt beim Thema: "Mädels pubsen nicht". Sie schildert unter dem Johlen des Publikums, was Mädels angeblich alles nicht machen. Carolin Kebekus ernennt sich selbst zum Furzias mit den Worten: "Lasset die Damen zu mir kommen." Mit dem Folgesatz: "Das Niveau des Abends ist klar" wendet sie sich jetzt dem deutschen Schlager und vor allem der omnipräsenten Helene Fischer zu.

Die macht ihr ebenso Angst wie die Tatsache, dass die Kids heute statt Drogen zu nehmen lieber Helene Fischer laut auf der Straße hören. Aus Verzweiflung werden Kinder heute zu Spießern, um gegen ihre immer cooler werdenden Eltern zu rebellieren. In dieser aus ihrer Sicht verdrehten Welt wird die Mutter zur besten Freundin der Tochter. Sie gehen gemeinsam in die Disko und am Ende quatschen die Jungs die Tochter an, um an die Mutter ranzukommen. So enden die Girls als Wingman ihrer Mum.

Liebe in Zeiten von WhatsApp

Nach der Pause kreisen die Gedanken von Carolin Kebekus rund um das Thema Neue Medien. Die innere Hysterie der Girls bricht aus, wenn sie sehen, ihr Freund ist bei WhatsApp online, schreibt ihr aber nicht. Das rationale Gehirn hat keine Chance mehr. Ebenso ist es völlig unmöglich, so etwas wie Langeweile zuzulassen. Jede Gehirnaktivität verkommt zur Länge eines 1 Minute 30 langen Youtube-Clips. Dann braucht das Hirn neuen Input, frisches Entertainment.

Auch persönliche Gespräche sind kaum noch möglich. Innerlich wünschen sich viele eine Wischfunktion wie bei einem Smartphone für das Gesicht gegenüber, um auf ein anderes Thema zu wechseln. Dieses plakative Bild sorgt für größte Erheiterung. In den sozialen Medien sind Shitstorms alltäglich geworden und für jede Gruppe, die man auch nur ansatzweise kritisieren könnte, gibt es einen Interessenverband, der sich falsch dargestellt fühlt. Laut Kebekus haben sogar die Crack-Nutten inzwischen einen eigenen Verband.

Opfer der Konsumindustrie

Das Internet mit seinen absurden Tutorials ist die perfekte Überleitung zu einer beißenden Konsumkritik, in der vor allem die Mädels Opfer einer bewussten Verunsicherung sind. Angestachelt von Mädchen und Frauen, die in Clips ihre Einkaufstüten auspacken und dabei klingen wie eine 50-jährige Douglas-Henne, werden die Girls laut Kebekus systematisch zu Sklaven der Konsumindustrie gemacht. Ohne sich selbst dabei auszunehmen gibt Kebekus zu: "Weiber kaufen Bullshit".

So muss ein Girl heute eine Skinny Bitch sein, eine Frau mit einer bestimmten Idealfigur, die nur noch Smoothies trinkt. Das Ideal wird natürlich permanent verändert, damit sich dieses Karussell immer weiter drehen kann. Mittlerweile geraten auch die Jungs ins Fadenkreuz. So gibt es für die hippen Bartträger Produkte wie das Bartshampoo.

Starke Themen in harten Worten

Am Ende der Show AlphaPussy erhält Carolin Kebekus mehrere Minuten Applaus. Ihr Programm bietet viele Themen. Ihre Sprache ist oft hart, für manche Zuschauer vielleicht sogar grenzwertig. Aber vielleicht ist genau diese Ansprache, die oft die niederen Instinkte anspricht, langfristig effektiver als das moralisch-hochtrabende Geblubber.

Carolin Kebekus spielt gekonnt die Rolle einer Tussi, die zwischen weiblichem Feminismus und psychopathischem Kopfkinogewirr hin- und her gerissen wird. Sie entführt die Zuschauer in ihre wirre Welt, die oft doch so nah an der eigenen Wirklichkeit jedes Zuschauers liegt. Der von ihr im Programm geäußerte Satz: "Jetzt ist es nicht nur in meinem Kopf" passt exakt zu diesem Abend.

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