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George Harrison (Promofoto zu "Cloud Nine"-Zeiten) © georgeharrison.com

Am 25. Februar 2013 wäre er 70 Jahre alt geworden: George Harrison. Der 2001 an Lungenkrebs verstorbene Musiker stand während seiner Zeit bei den Beatles stets im Schatten von John Lennon und Paul McCartney. Erst nach der Auflösung der Beatles konnte er sich davon befreien und mit seinem dritten Album "All Things Must Pass" seine eigene Solo-Karriere starten. Wir blicken auf seine heute eher wenig beachteten beiden Erstlinge zurück, die noch während seiner Zeit bei den Beatles entstanden: "Wonderwall Music" und "Electronic Sound".

George Harrisons Zeit bei den Beatles hatte viel mit Enttäuschungen zu tun. Im Schatten von John Lennon und Paul McCartney konnte der Gitarrist wenig Songmaterial beisteuern, er war durchschnittlich für zwei Songs pro Platte verantwortlich. Der Rest wurde unter Lennon und McCartney aufgeteilt.

Trotzdem stieß Harrison die Band immer wieder in neue Sphären, indem er sie an die Folk-Klänge von Bob Dylan oder indische Musik und Gedankenwelten heranführte. Auch Hits wie While My Guitar Gently Weeps, Something, Here Comes The Sun und For You Blue stammten aus seiner Feder.

Harrisons späte Solowerke

Daher ist es erstaunlich, dass er sich erst Ende der 60er Jahre auch Soloprojekten widmete. Von da an, bis zur Auflösung der Beatles im Jahr 1970, arbeitete George Harrison nicht nur als Produzent und Tourmusiker, sondern veröffentlichte auch zwei eigene Werke: Wonderwall Music, ein Soundtrack zum Film Wonderwall, und Electronic Sound, ein Klangexperiment mit den damals brandneuen Synthesizern.

Beide Werke sind heute wenig beachtet, denn erst Harrisons drittes Album All Things Must Pass startete seine weltweite Solokarriere. Ein guter Grund, einmal einen Blick auf diese fast vergessenen Schätze zu werfen – gerade auch, weil beide Alben derzeit nicht mehr neu aufgelegt werden.

Der Filmsoundtrack Wonderwall Music

Das erste Album auf dem hauseigenen Beatles-Label Apple Records war zugleich auch das erste Soloalbum eines Beatles-Mitglied überhaupt: Wonderwall Music von George Harrison. Der kam dabei dazu wie die Jungfrau zum Kinde: Film-Regisseur Joe Massot war an Harrison herangetreten, damit dieser für den Film Wonderwall einen Soundtrack schreibt. Harrison wollte zwar erst ablehnen, da er nie zuvor Filmmusik geschrieben hatte, ließ sich dann aber doch überreden.

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Ein kurzer Blick durch die Mauer

Die Handlung des typischen 60ies-Film ist dabei schnell erklärt: Er dreht sich um den Wissenschaftler Oscar Collins, dargestellt von Jack McGrowan, der heute ansonsten wohl nur noch für seine Rolle in "Der Exorzist" und "Tanz der Vampire" bekannt ist.

Collins lebt neben einem Fotografen und dessen Freundin Penny Lane, dargestellt von Jane Birkin. Eines Tages bemerkt er ein Loch in der Wand, durch das er in die andere Wohnung spähen kann. Mit der Zeit nimmt er immer mehr am Leben seiner Nachbarn teil und schlägt weitere Löcher in die Wand, um mehr sehen zu können. Als sich das benachbarte Pärchen am Ende im Streit trennt, nimmt Penny Lane eine Überdosis Medikamente. Collins eilt herüber, um sie zu retten.

Nach seiner Veröffentlichung wurde der Film schnell wieder vergessen, auch weil er es nicht in die Filmtheater schaffte. Erst 1998, 30 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, holte ihn sein Regisseur Joe Massot wieder in das Licht der Öffentlichkeit zurück.

Heute noch lebt der Film vor allem von den psychedelischen Szenen und der Musik von George Harrison.

Aufnahmen mit der Stopuhr

Wonderwall Music vereint westliche und indische Musiker und Klänge. Im Grunde instrumental angelegt, findet hin und wieder ein "Gesang" statt, der aber keine wirklichen Worte enthält.

Die Aufnahmen, auf denen unter anderem auch Ringo Starr und Eric Clapton unter Pseudonymen teilnahmen, waren zweigeteilt: Acht Titel wurden 1967 in England aufgenommen, die restlichen elf 1968 in Indien.

George Harrison wirkte vor allem als Produzent, der die Musik dem Film entsprechend passgenau zusammenbrachte. Dabei nahm er es sehr genau: "I had a regular wind-up stopwatch and I watched the film to ‘spot-in’ the music with the watch. I wrote the timings down in my book, then I’d go to Abbey Road, make up a piece, record it." Das gilt vor allem für die indischen Titel, die genau für die jeweilige Szene geschnitten wurden.

Insgesamt war Wonderwall Music noch wenig experimentierfreudig, sieht man von der indischen Musik ab, die Harrison aber in ein enges Korsett sperrte. Der Nachfolger sollte sich dann in allen Belangen von einer ganz anderen Seite zeigen.

Electronic Sound geht viele Schritte weiter

Aus historischer Sicht ist seine zweite Veröffentlichung Electronic Sound daher auch weitaus interessanter und wichtiger als der Soundtrack zum Film Wonderwall.

Auf Electronic Sound reihte sich Harrison spielerisch und mit etwas fremder Hilfe in die Riege der Pioniere der elektronischen Musik ein. Denn für das Album, das aus nur zwei langen Titeln bestand, nutzte er den damals neuen Moog-Synthesizer.

Anstatt ihn aber nur am Rande einzusetzen und wieder im typischen Song-Schema wie noch bei Wonderwall Music zu bleiben, ging Harrison bei Electronic Sound weiter. Fast könnte man sagen, dass er die bereits auf Wonderwall Music vorhandenen psychedelischen Sounds auf die Spitze treiben wollte. Denn die zwei Titel auf Electronic Sound, Under the Mersey Wall und No Time or Space sind reine Klangexperimente, die keine Pop-Struktur mehr aufweisen.

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Faszination Moog

Auf den Moog-Synthesizer stieß Harrison, als er das Debütalbum des englischen Gitarristen Jackie Lomax produzierte. Auf diesem sollten einige Synthesizer-Klänge erscheinen, die ein gewisser Bernie Krause einspielte.

Krause hatte zuvor bereits die Synthie-Klänge beim Monkees-Titel Star Collector eingespielt, das heute als das erste Pop-Album angesehen wird, auf dem man einen Synthesizer hören kann.

George Harrison war scheinbar sofort vom Klang und den Möglichkeiten des Moog fasziniert und ließ sich von Bernie Krause eine Einführung geben.

Der Moog-Synthesizer hatte im Gegensatz zu früheren Synthesizern eine Klaviertastatur und konnte daher auch etwas einfacher gespielt werden. Wohl auch daher war es möglich, schon damals nach kurzer Einarbeitungszeit bereits hörbare Ergebnisse zu erzielen.

Song aus der Demonstrations-Session

Das Kuriose an der Geschichte, dass Harrison bei der Einführung scheinbar ein Tonband mitlaufen ließ, ohne dass Berne Krause dies wusste. Diese Aufnahmen bildeten auch die Grundlage für No Time or Space, den Titel, der heute von Kritikern als der bessere gewertet wird. Ihn nahm Harrison auch 1968 im Tonstudio in Kalifornien auf. Das kürzere Under the Mersey Wall entstand hingegen erst Monate später in seinem Haus Kinfauns im englischen Esher, wohin er sich einen eigenen Moog hatte liefern lassen.

Bei der Veröffentlichung wollte George Harrison eigentlich Bernie Krause als Mitverantwortlichen nennen. Der aber verweigerte dies, weil er von der Qualität der beiden Titel nicht überzeugt war. Auf den ersten Pressungen der LP kann man das noch heute erkennen: Dort ist Bernie Krauses Name übermalt.

Überhaupt ist das Cover von Electronic Sound sehr interessant. Das sehr kindliche Bild auf Vorder- und Rückseite, dass George Harrison selbst anfertigte, macht klar, dass es sich hier mehr um ein Experiment als um ein Pop-Album handelt.

Die verwechselten Titel

Daher war es dann wohl auch weniger tragisch, dass bei der ersten Pressung in Amerika die beiden Titel vertauscht wurden: Das fast 30 Minuten lange No Time or Space wurde zu Under the Mersey Wall und umgedreht. Dass dies erst auffiel, als es bereits zu spät war, zeigt noch heute, wie neu und unverständlich diese Musik damals erschienen haben muss.

Erwartungsgemäß war das Album wenig erfolgreich und erreichte wenn überhaupt nur sehr niedrige Chartpositionen. George Harrison selbst ließ vielleicht auch deshalb den Moog schnell stehen und widmete sich wieder mehr den alten Pfaden.

Ein letztes Erinnerungsstück der elektronischen Zeiten folgte mit einigen Klangelemente auf einem Jam-Titel auf Harrisons großem Solo-Album All Things Must Pass. Das zeigte sich ansonsten aber in einem ganz anderen Licht: Die Slide-Gitarre, die Harrisons Markenzeichen wurde, kam hier zum Einsatz.

Happy Birthday, George!

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