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Bonnie Prince Billy (live in Frankfurt, 2022) © Johannes Rehorst

Mit Spannung erwartet wurde das einzige Deutschlandkonzert von Bonnie "Prince" Billy im Zoom in Frankfurt. Und die Zuschauer werden nicht enttäuscht: Der Solo-Auftritt bietet neue Einblicke in das komplexe musikalische Werk des US-Amerikaners.

Aber zunächst vorweg: Bekanntlich musste der Zoom Club (davor Sinkkasten) aus seinem angestammten Domizil nahe der Zeil in die alten Räumlichkeiten von Sven Väths seit 2012 geschlossenem Cocoon Club in Fechenheim umziehen. 

So sehr traditionsbewusste Besucher das alte Zoom vielleicht vermissen, das neue Zoom bietet völlig neue Möglichkeiten, zum Beispiel für die Durchführung bestuhlter Konzerte, was im alten Club eine Unmöglichkeit gewesen wäre. Außerdem sind Sound und Sicht auf die Bühne exzellent.

Seltene Gelegenheit

Bestuhlt ist auch das einzige Deutschlandkonzert von Bonnie "Prince" Billy, der im Dezember eine kurze Solo-Europa-Tour spielt, was vielleicht finanziellen Zwängen genötigt ist.

Diese Tour bietet Gelegenheit, den US-Amerikaner aus Louisville, Kentucky überhaupt mal wieder auf einer deutschen Bühne zu erleben. Die letzten Konzerte hierzulande fanden 2014 statt, eines davon übrigens im alten Zoom. 

Überraschende Einblicke

Eine Solo-Show besitzt natürlich den Vorzug besonderer Intimität und die Chance, dem Künstler dadurch näher zu kommen als bei einem Bandauftritt.

Obwohl sich der Auftritt durchaus auch dadurch auszeichnet, sticht eine andere Erkenntnis hervor, nämlich was für ein ausgezeichneter, technisch starker und kreativer Sänger Bonnie "Prince" Billy ist.

Während des gesamten Konzerts variiert er ständig den Abstand zum Mikrofon, die Stimmlage und die Betonung, so dass sein Gesang eine Vielfalt gewinnt, die auf den Studioaufnahmen so nicht zu hören ist. Auch die Texte sind dadurch wesentlich besser zu verstehen.

Dass seine – sowieso etwas brüchige Stimme – bisweilen kurz entgleist, stört dabei nur wenig, im Gegenteil sie verleihen dem ganzen Auftritt umso mehr Authentizität.

Die frühen Jahre

Musikalisch bietet Will Oldham, wie BPB eigentlich heißt, einen Querschnitt durch seine gesamte Karriere. Einer der Höhepunkte des Abends ist die Performance des Palace-Songs "New Partner", das eine eindrucksvolle Tiefe und Aufrichtigkeit besitzt.

"West Palm Beach", ein weiterer Palace-Song, überzeugt mit seinem glaubhaften Florida-Feeling und wärmt dadurch ein wenig im kalten Dezember.

Die vier "großen" Alben

Viele der Höhepunkt des Abends stammen von den vier großen Alben, die Bonnie "Prince" Billy zwischen 1999 und 2006 veröffentlicht hat: "I See A Darkness", "Ease Down The Road", "Master and Everyone" und "The Letting Go". 

Die Liebeslieder "Love Comes To Me", "Hard Life" und "At Break of Day" haben selten so klar und eindringlich geklungen wie an diesem Abend. Gerade die "intimeren" Songs profitieren außerordentlich von der reduzierten Form.

Das immer noch rätselhafte "Death To Everone" hat sich überraschend in die Setlist geschmuggelt, während der Buddy-Song "I See A Darkness" trotz brüchiger Stimme natürlich mit großer Begeisterung aufgenommen wird.

Andere Akzente

Bleiben die neuen Songs, die teilweise einfacher und nicht so tiefgründig wirken wie die Klassiker.  Im Falle der kindlichen "Squid Song" und "Shorty's Ark" ist das fraglos gewollt, in anderen Fällen scheint es an den Songs an sich zu liegen.

Hörenswert ist aber der "Tree Song", in dem Bonnie Prince Billy drei Arten von Bäumen (Weide, Pinie und Eiche) gegenüberstellt, um sich schließlich für die Eiche zu entscheiden.

Das abschließende "Good To My Girls" stammt wie "Shorty's Ark" von "Superwolves", der Fortsetzung des Kollaborations-Albums mit Matt Sweeney. Ohne den Gitarristen klingt es naturgemäßig völlig anders, aber nicht minder "creepy." 

Die Persönlichkeit

Bonnie Prince Billy wirkt oft unnahbar, obwohl er das Eis durch humorvolle Kommentare zu brechen versucht. So stellt er fest, dass er nach Ansehen des Elvis-Films realisiert habe, dass der King nie in Europa aufgetreten sei. Das habe er ihm voraus, stellt er unter dem Gelächter des Publikums fest.

Höhepunkt in Sachen Zuschauerinteraktion ist aber ein kurzes, frisch geschriebenes Lied (den Titel habe ich leider vergessen), das er so lange performt, bis es die Zuschauer mitsingen können. Das sorgt für einen schönen Moment, in dem Künstler und Publikum ganz vereint sind.

Die Zuschauer sind jedenfalls vom Auftritt restlos überzeugt und spenden sogar Standing Ovations. Bonnie "Prince" Billy freut sich über die Zuneigung, dankt den Veranstaltern Bertold (Seliger) und Markus (Gardian) und verschwindet nach der zweiten und letzten Zugabe blitzschnell hinter dem Vorhang. Es wäre schön, wenn es ein baldiges Wiedersehen gäbe.

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