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Prophets Of Rage (live in Wiesbaden, 2019) © Leonard Kötters

Eigentlich liefern die aus Mitgliedern von Rage Against The Machine, Public Enemy und Cypress Hill bestehenden Prophets Of Rage im prall gefüllten Wiesbadener Schlachthof einen vollends überragenden Auftritt ab – wenn da nur nicht die Spielzeit wäre...

Wenn sich Mitglieder von Rage Against The Machine bzw. Audioslave, Public Enemy und Cypress Hill zusammentun, kann dabei entweder Großartiges entstehen oder das ganze Unterfangen in einem völligen Desaster münden.

Ersteres ist bei den Prophets Of Rage der Fall, die seit ihrer Gründung vor gut drei Jahren schon im Rahmen ihrer ersten Auftritte hierzulande wie dem bei Rock am Ring 2017 und ebenso mit ihrem Debütalbum zu überzeugen wussten.

Enorme Vorfreude

Dementsprechend groß sind die Erwartungen an ihre Headliner-Show im Wiesbadener Schlachthof, dessen Halle angesichts der Namen Tom Morello, Tim Commerford, Brad Wilk, B-Real, Chuck D und DJ Lord beinahe aus allen Nähten platzt.

Schließlich bieten die Prophets Of Rage die einzigartige Gelegenheit, frühere Klassiker der Musiker in neuer Form zu bewundern – oder, wie bei den ewig unbeständigen Rage Against The Machine, überhaupt live hören zu können.

Neues von der Insel

Bevor es allerdings so weit ist, betritt erst einmal der Support die Bühne. Die Nova Twins aus London geben sich redlich Mühe, die zahlreichen Fans auf Betriebstemperatur zu hieven. Energiegeladen gehen Gitarristin und Sängerin Amy Love sowie Bassistin Georgia South mit Unterstützung eines Drummers zu Werke.

So richtig überzeugen können sie dabei jedoch nicht, auch wenn sie ganz nett anzuschauen sind. Dafür wirken ihre Stücke in der Summe zu monoton. Die Zuschauer im Schlachthof sehen es ähnlich: Die Reaktionen seitens des Publikums bleiben verhalten.

Geradlinig

Anders sieht die Sache da schon aus, als DJ Lord von Public Enemy die Bühne betritt: Er heizt der Menge mit einem Mix aus Rockklassikern ein. Der Mann an den Turntables beginnt mit der Hendrixschen Interpretation der US-Nationalhymne beim Woodstock Festival und arbeitet sich über Black Sabbaths "War Pigs" bis zu Queens "Flash Gordon"-Thema und diversen anderen bekannten Stücken vor, bis sich schließlich der Rest der Prophets Of Rage zu ihm gesellt.

Groß ist der Jubel, als die Band mit dem gleichnamigen Public Enemy-Stück beginnt und mit "Testify" von Rage Against The Machine direkt das nächste Crossover-Brett hinterherschiebt. In der Halle duftet es derweil nach Saftigem vom frisch gemähten Rasen. Doch B-Real, Chuck D und Co. wollen kein Gras über die Sache wachsen lassen. Ohne große Reden zu schwingen, gehen sie in die erste Nummer ihres Debütalbums, "Unfuck The World", über. Das Publikum ist sofort voll dabei.

In Rage geraten

Generell erinnert der Auftritt der Prophets eher an ein Rage Against The Machine-Konzert, bei dem statt Zack de la Rocha nun zwei legendäre Rapper an den Mikrofonen stehen.

Der beste Beweis dafür ist die Setlist, die zur Hälfte aus Stücken der früheren Band von Tom Morello, Tim Commerford und Brad Wilk besteht. Das tut dem Vergnügen jedoch keinerlei Abbruch, denn die Performance der Prophets in ihrer aktuellen Besetzung ist über jeden Zweifel erhaben.

Die wenigen wirklich neuen Stücke à la "Hail To The Chief" oder "Living On The 110" fügen sich nahtlos in den Reigen der restlichen revolutionären Nummern ein, durch die sich die ursprünglichen Rage in den 1990er Jahren auszeichnen. Auch ist die Energie der Fans im Schlachthof auf einem ganz ähnlichen Niveau wie man sie von den früheren Auftritten von Tom Morello und Co. kennt: Das Publikum feiert, tanzt und singt mit.

Wie die Faust aufs Auge…

Zudem passen die Stimmen von Chuck D und B-Real (dem gefühlt der größere Rap-Anteil zukommt) sehr gut zur Musik, die das instrumentale Trio den Zuschauern gemeinsam mit DJ Lord auftischt. Das ist eigentlich keine große Überraschung, denn sowohl Cypress Hill als auch Public Enemy haben über die Jahre hinweg immer wieder mit Rock-Elementen geflirtet, während sich Rage Against The Machine ja gerade durch Rap-Elemente hervortaten.

Wie bereits bei den Festivalauftritten vor zwei Jahren, bleibt Tom Morello der nicht ganz so geheime Star der gespickten Truppe. Der Gitarrist besitzt einfach seinen ganz eigenen, unvergleichlichen Stil – ganz egal, mit welchem Körperteil er nun die Saiten und Effekte seines Instruments bedient. Natürlich lässt er es sich dabei einmal mehr nicht nehmen, eine politische Botschaft da zu lassen: Die Rückseite einer seiner Streitäxte ziert ein durchgestrichenes Hakenkreuz.

Kurz und prägnant

Überhaupt geben die Prophets Of Rage in Wiesbaden ein Konzert, das sich guten Gewissens als 'No Nonsense' bezeichnen lässt. Ansagen bleiben rar gesät, wenn es nicht gerade um B-Reals Plädoyer gegen Rassismus vor “Killing In The Name Of“ oder das von DJ Lord gemixte Hip-Hop-Medley geht, bei dem sich die beiden Rapper zum Jubel der Fans an Stücken ihrer Stammbands à la "Insane In The Brain", "Welcome To The Terrordome" oder House Of Pains "Jump Around" austoben dürfen.

Hier liegt aber auch das Problem an ihrer Performance: So gut und mit Höhepunkten wie "Know Your Enemy", "How I Could Just Kill A Man" und "Bullet In Your Head" gespickt der Auftritt im Schlachthof auch sein mag – nach knapp 80 Minuten ist der ganze Spaß vorbei. Ohne eine einzige Zugabe verabschiedet sich die All-Star-Band nach ihrer (zugegeben energiegeladenen) Version des ultimativen Rage-Klassikers "Killing In The Name Of" von ihrem Publikum.

Da bleibt etwas hängen…

Am Ende eines musikalisch grandiosen Abends bleibt daher ein fader Beigeschmack. Denn die Kataloge der drei Stammbands der sechs Musiker hätten noch so viele weitere Highlights geboten, um die Show ohne große Probleme auf zwei Stunden zu verlängern. Wo sind zum Beispiel "Bombtrack" oder "Fight The Power", das lediglich angedeutet wird, aus der Setlist von vor zwei Jahren geblieben?

Man kann die Prophets Of Rage dafür bewundern, wie konsequent sie ihren Stiefel durchziehen und das Publikum zu berechtigten Jubelstürmen hinreißen. Vielleicht haben sie sich in den etwa 80 schweißtreibenden Minuten auch einfach völlig verausgabt. Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass sich die Rebellen, die praktisch immer den "Kampf" propagieren, bei ihren aktuellen Auftritten den einfachen Ausweg gewählt haben.

Setlist

Prophets Of Rage / Testify / Unfuck The World / Guerrilla Radio / Made With Hate / Know Your Enemy / Hail To The Chief / Heart Afire / Take The Power Back / Hip-Hop Medley: Hand On The Pump – Can’t Truss It – Insane In The Brain – Bring The Noise – I Ain’t Goin’ Out Like That – Welcome To The Terrordome – Jump Around / Sleep Now In The Fire (inklusive Cochise) / Living On The 110 / Bullet In The Head / How I Could Just Kill A Man / Bulls On Parade / Killing In The Name Of (mit Fight The Power-Intro)

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