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Demons & Wizards (live in Frankfurt 2019) © Torsten Reitz

Iced Earth-Gitarrist Jon Schaffer und Blind Guardian-Fronter Hansi Kürsch kehren als Demons & Wizards zurück und gastieren in der Frankfurter Batschkapp. Beim Best Of-Programm darf natürlich auch eine Handvoll Klassiker ihrer Hauptbands nicht fehlen.

Demons & Wizards vereinen das Beste zweier Metal-Welten. Iced Earth und Blind Guardian zählen seit dreißig Jahren zu den Genre-Kings, die mit Talent, Eifer und eisernem Willen qualitativ hochwertigen Stahl zelebrieren. Deren prominenteste Mitglieder, der US-amerikanische Gitarrist Jon Schaffer und der deutsche Sänger Hansi Kürsch, pflegen seit Anfang der Neunziger eine Männerfreundschaft, die neben den Hauptaktivitäten ihrer Stammbands auch zwei formidable Alben unter dem Banner Demons & Wizards hervorbrachte.

Die neunzehnjährige Bühnenabstinenz ist sehr zur Freude des Hartwurst-affinen Publikums nun zu Ende. In der gut gefüllten Batschkapp steht der dritte Gig der "A Magical Encounter"-Tour an, die ihren Höhepunkt auf dem Wacken Open-Air erlebt, dem Metal-Mekka schlechthin.

Sommer, Sonne, Heavy Metal

Mitnichten präsentiert das Duo ein neues Album – dieses soll erst im kommenden Jahr folgen. Aber Wiedersehen macht bekanntlich Freude, und so tummeln sich zahlreiche Headbanger in der Halle. Angesichts der prallsommerlichen Temperaturen hängen bei Beginn der Vorband Asylum Pyre gerade mal eine Lederjacke und eine Kutte am Haken der Garderobe; der Mitarbeiter macht heute sicherlich keine Überstunden. Die Getränkestände freuen sich umso mehr über den Andrang.

Ansonsten gilt die Devise: Nach dem Freibad ist vor dem schwülen Schwitzen im Headbangers Heaven. Die französischen Crossover-Metaller Asylum Pyre sind ein zünftiger Opener. Mit Mundschutz bekleidet, der bei Frontfrau Ombeline "Oxy" Duprat glücklicherweise beim Gesangseinsatz fällt, betritt die Band die Bühne und zockt eine knappe dreiviertel Stunde aus ihrem Nähkästchen irgendwo zwischen Evanescence und Avantasia. Der female-fronted Fünfer erhält Höflichkeitsapplaus, der sich zum Ende nochmals steigert.

Bühne frei für Demons & Wizards

Das Backdrop auf der Bühne ziert das Cover des selbstbetitelten Debütalbums von Demons & Wizards. Stilecht flankieren ein paar Friedhofs-Devotionalien die Bühne. "Life after Death“ von Maiden erklingt im Hintergrund. Um kurz nach neun erlischt das Licht und der Reigen beginnt. Das Intro kommt zum Teil vom Band, dann erscheint die Band im schummrigen Ambiente und spielt das atmosphärische „Rites of Passage“ zu Ende.

"Heaven Denies“ sprengt die Ketten und markiert die Rollen der Protagonisten. Hier der grimmige, bärbeißig schauende Schaffer als Dämon, dort der mit einer ikonischen Power Metal-Stimme gesegnete Kürsch als Zauberer. Nach dem frenetisch umjubelten Beginn schickt das Sextett "Poor Man‘s Crusade“ auf die Reise, bei der Guardian-Drummer Frederik Ehmke an der Double Bass dem Galopper des Jahres Konkurrenz macht. Der Mr. Impossible des Schlagwerks widersetzt sich dem Kleiderzwang der Kollegen, die mit schwarzem Hemd auftreten, und trotzt der Hitze oberkörperfrei.

Ein langer, harter Abend

"Wir haben Großes vor. Es wird ein langer und harter Abend“, kündigt Kürsch an. Den Sonntags-Blues knüppelt "Crimson King“ aus dem Gemüt. Hier zeigt sich besonders das Mischungsverhältnis. Musikalisch gibt das machtvolle Riffing von Downstroke-Wunder Schaffer den Ton an. Die Voices klingen selbstsingend nach der Krefelder Metal-Hochburg.

Dabei merkt man dem Sänger von Beginn an die gelösten Fesseln im Vergleich zur sinfonischen und theatralischen Stammband an. Natürlich regiert hier das technische Niveau, und doch klingt alles basischer und weniger überladen. Iced Guardian trifft es ziemlich gut.

Gourmethappen für den Qualitäts-Metaller

"Love‘s Tragedy Asunder“ nimmt danach den Fuß vom Gas. Ein wenig mehr Epik, ein hardrockendes Strophen-Riff im Judas Priest-Stil und ein hymnischer Refrain flankiert von einer Bridge die auch von Queensryche stammen könnte, fertig ist der Gourmethappen für jeden Qualitätsmetaller. Zum ersten Mal stellt sich hier auch Gitarrero Jake Dreyer, der in allen Belangen eine gute Figur macht, in den Mittelpunkt.

Ein toller Solospot, den der Flitzfinger da zaubert. Neben Iced Earth spielt Dreyer auch bei dem grandiosen Prog Metal-Newcomer Witherfall, die im Winter mit "A Prelude To Sorrow“ ein kleines Meisterwerk releasten.

Iced Guardian, Blind Earth

"Ihr seid auf dem besten Wege, das hier zu einem legendären Abend werden zu lassen“, teasert Kürsch den ersten von zwei Stammband-Blöcken an. Eröffnet wird dieser von "Burning Times“, der Opener des Something Wicked This Way Comes-Albums von Iced Earth. Dieser Midtempo-Brecher brennt auch heute noch lichterloh. "You are a sinner“ heißt es im Refrain. Die Glocken vom Band geben das letzte Geläut.

"Welcome to Dying“ übernimmt den Staffelstab und bringt die Kulisse ins Stimmungsziel. Wer hier nicht mitgrölt, hat nicht mehr alle Patches auffer Kutte. Die Blind Guardian-Fraktion bekommt Zuwachs in der Form von Rampensau Markus Siepen, seines Zeichens Guardian Rhythmus-Klampfer, in der heutigen Konstellation Bassist. Zwar weist Kürsch ihm kurz danach den Platz des Bassisten im hinteren Teil der Bühne zu, aber natürlich geschieht dies mit Augenzwinkern.

Das Beste aus Holland seit Cruyff

Danach setzen sich Schaffer und Kürsch und intonieren das gefühlvoll, folkige "Wicked Witch“. Hier hört man auch zum ersten Mal die Keys von Tastenmann Joest Van den Broek, der ansonsten zwar die Finger bewegt, aber soundtechnisch ignoriert wird. Schön gerät seine Ankündigung als "das beste was Holland seit Johann Cruyff passiert ist". Leider kommt bei der Nummer viel Background vom Band, was die Nähe zum Original beschwört, aber weniger authentisch wirkt.

"Beneath These Waves“ ist eine coole Hymne mit einem typischen Kürsch-Refrain. Hier trifft es wiederum "Blind Earth" ziemlich genau. Lyrisch fußt "The Gunslinger“ auf Steven Kings Buch der schwarze Turm, musikalisch klingt es wie Iced Earth auf "Horror Show“ oder "The Glorious Burden“. Blind Guardian zu "A Night At The Opera“-Zeiten lassen grüßen.

Schüttelt mehr als dass es rührt

Bei "Terror Train“ ist der Name Programm. Die trashige Nummer schüttelt mehr, als dass sie rührt; so soll es sein. Im Folgenden wird es besinnlich: Im Iced Earth-Klassiker "I Died For You" vom 1996er Konzeptalbum "The Dark Saga" lamentiert Kürsch als Spawn, der seine Seele an den Teufel verkaufte, um seine Frau wiedersehen zu können. Die Melodie-Dopplung der Lead Gitarre übernimmt Van den Broek, der nun besser zur Geltung kommt.

"Valhalla“ ist klassischer Spätachtziger Speed Stoff in bester Helloween-Manier. Es fällt auf, dass die Spots der beiden Hauptbands vor allem aus der Trademark-generierenden Phase der Neunziger stammen, auch wenn es deutlich geilere Nummern aus dem Iced Earth-Fundus wie "Pure Evil“, "Stormrider“ oder "A Question Of Heaven“ gibt. Diese rootige Attidüde unterstreicht die Tatsache, dass tatsächlich kein Song des Sets nach 2005 entstand. Die Guardian-Auswahl geht in Ordnung. Siepen bangt wie ein Duracell Hase. Jeder, aber wirklich jeder grölt den Refrain mit, gekrönt von einem atmosphärischen Mitsingpart am Schluss.

Metal Heart, was willst du mehr?

Die graue Eminenz John Schaffer besetzt den rechten Bühnenrand und haut stoisch seine Riffs raus. "Tear Down the Wall“ und "Gallows Pole“ tragen seine berühmte Rhythmus-Handschrift, die dem üblichen Power Chord-Geknüppel auch ein paar harmonisch ausgefallene Töne beifügt. "My Last Sunrise“ beschließt das reguläre Set.

Bei diesen drei letztgenannten Songs feuern Demons & Wizards ihr gesamtes Arsenal ab: Hooks vom Feinsten, in Headbang-kompatible Formen gegossener Stahl, epische Einsprengsel, Tempo-Wechsel, Helden-Soli. Metal Heart, was willst du mehr?

Wie Richard Wagner auf Speed

"Blood on My Hands“ crasht die Metal-Party als erste Zugabe. Die Lyrics referieren die Siegfried-Story und mit diesem Wissen klingt der Track wie der olle Wagner auf Speed. Der Griff in die Maiden-Klamottenkiste im Mittelteil ruft frenetische Begeisterung hervor. Nicht zum ersten Mal lobt Kürsch das Frankfurter Publikum mit "Ihr seid die Geilsten“.

Generell ist der Sound absolut ohrentauglich. Für Metal-Verhältnisse glasklar, nicht zu laut und nur mit wenig Nachregelungen. Dass die Keys weitestgehend untern Tisch fallen, macht das Ganze fast noch symphatischer. Ok, das balladesk beginnende „Fiddler on the Green“ verträgt die spookige Synthie-Atmo ganz gut, ansonsten fühlen sich die meisten Anwesenden mit der Knüppel aus dem Sack-Methode wesentlich besser unterhalten.

Gesangliche Meisterleistung

Gesanglich markiert dieser Song kurz vorm Ende des Abends eine Meisterleistung. Hut ab, Herr Kürsch, so lässt sich dem Sensemann ein Schnippchen schlagen. Die minutenlang gefeierten Herren lassen sich auf ein letztes Stelldichein ein. "Ihr habt alle unsere Liebe, was wollt ihr noch?“, fragt der Sänger. "ZUGABE“ schallt es dem Sextett entgegen.

Das epische "Dorian“ setzt mit einem markerschütternden Schrei den Schlusspunkt. Man kann nur hoffen, dass die dämonische Zauberei auch mit neuem Material im Gepäck im nächsten Jahr auf Tour geht, sofern es der Terminkalender der beiden Hauptkapellen zulässt. Ansonsten gebührt der deutsch-amerikanischen Freundschaft Respekt vor der spielerischen Leistung und den State Of The Art-Metal-Krachern.

Setlist

Rites of Passage / Heaven Denies / Poor Man‘s Crusade/ Crimson King / Love‘s Tragedy Asunder / Burning Times /  Welcome to Dying / Wicked Witch / Beneath These Waves / The Gunslinger / I Died for You/ Valhalla /  Tear Down the Wall / Gallows Pole / My Last Sunrise / Blood on My Hands / Fiddler on the Green / Dorian