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Erste Allgemeine Verunsicherung (live in Frankfurt 2019) © Torsten Reitz

Für viele Zuschauer war das Abschiedskonzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung in der ausverkauften Frankfurter Jahrhunderthalle eine Reise in ihre Jugend oder Kindheit. Doch die EAV sorgt dafür, dass die Nostalgie nicht zu weit geht. Hier bekommt jeder sein Fett weg – auch die Gegenwart.

Als Klaus Eberhartinger, Sänger der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, sich nach fast zweieinhalb Stunden Show zum Abschied in den Sarg legt, aus dem er sich zu Beginn des Konzerts erhoben hat, stehen die Zuschauer auf und spenden Standing Ovations.

Was aber bewegt mehrere tausend Zuschauer ein Konzert einer Band zu besuchen, die mit Liedern wie "Ba-Ba-Banküberfall" und "Küss die Hand, schöne Frau" vornehmlich als alberne Blödeltruppe bekannt ist? 

Durchgehend unterhaltsam

Die Antwort ist: So einfach ist es eben nicht. Die EAV kann albern sein und blödeln, ist aber auch eine ungemein politische Band. Im Lauf des Abends zählen zu ihren Zielen: korrupte Politiker, Ausländer- und Flüchtlingsfeinde, Rechtspopulisten, Islamisten, die katholische Kirche, die Atomenergie, Glyphosat, Peter Maffay, das österreichische Nationalheiligtum Falco und Donald Trump, der in Klaus Eberhartinger die Sehnsucht nach George W. Bush weckt.

Nur über die Innenpolitik ihres Heimatlandes Österreich äußern sie sich nicht direkt. Was der schwarze Kurz und der braune Strache dort verzapfen, ist ihnen vermutlich tatsächlich zu blöd.

Die andere berechtigte Frage lautet: Ist die EAV noch lustig? Die Antwort darauf ist einigermaßen kompliziert. Sicher hat sich der Humor seit Mitte der 1980er beträchtlich weiterentwickelt – auch persönlich, denn man ist nicht mehr zehn Jahre alt. Aber unterhaltsam ist das fast dreistündige Konzert durchgehend. 

Souveräne Performance

Das hat viele Gründe. Ein wichtiger ist Klaus Eberhartinger, der mit viel Humor und österreichischem Charme durch den Abend führt. Als er das Publikum nach Altersklassen eingeteilt jubeln lässt, kommentiert er bei der Gruppe Ü60 trocken: "Ambitioniertes Röcheln". 

Ansonsten ist er sich für keinen Blödsinn zu schade. Für "Only You" verkleidet er sich kurzerhand als Dame der Nacht, die seinen Partner Thomas Spitzer verrückt macht. Dazu trägt er bei gefühlt jedem Song ein anderes Kostüm. Ebenso variabel ist das Bühnenbild, das von fleißigen Händen immer wieder neu gestaltet wird. 

Quer durch alle Genre

Schließlich ist da die Musik. Im Vergleich zu den für heutige Hörgewohnheiten teilweise dünn klingenden Originalversionen ist der Sound der EAV im Jahr 2019 sehr rockig. Klaus Eberhartinger und Thomas Spitzer, der eigentliche Kopf der Band, haben die Songs gekonnt modernisiert und ausgeschiedene Bandmitglieder mit jungen Musikern ersetzt, die jede Menge Energie versprühen.

Zudem macht das Konzert klar, dass die EAV nicht nur eine große Zahl unverschämt eingängiger Lieder geschrieben hat, sondern sich auch stilsicher durch so ziemlich alle Genre der Popmusik bewegt. Von Hip-Hop (dem prophetischen "Alpenrap") über New Wave/NDW ("Tanz Tanz Tanz"), Hard Rock ("Im Himmel ist die Hölle los"), Volksmusik ("Heimatlied") bis zu Soul und Jazz wird alles an diesem Abend geboten.

Überzeugender Abschied

Als Kracher erweisen sich natürlich neben den großen Hits einige nicht ganz so bekannte Songs der 1980er, beispielsweise die Romeo & Julia-Adaption "Sandlerkönig Eberhard", vielleicht ihr bestes Lied, und "Der Tod", das ein wenig an Chris DeBurghs "Spanish Train" erinnert. Zum Abschluss gibt es wie immer "Morgen", die Hymne des sturen, veränderungsresistenten Mannes.

Am Ende wundert man sich doch, dass ein dreistündiges Konzert mit so viel 1980er-Jahre Alberheit so unterhaltsam ist. Die EAV ist aber eine Band mit richtig guten Musikern und einem überzeugenden Konzept, das mit viel Liebe zum Detail umgesetzt wird. So kann man sich beruhigt in den Sarg legen.

Setlist

Vorbei / Ba-Ba-Banküberfall / Tanz Tanz Tanz->Alpenrap->Schweinefunk / Go Karli Go / Johnny 1 - Fahrscheine / Heiße Nächte (in Palermo) / Trick der Politik / Geld oder Leben / God bless America / Am rechten Ort / 300 PS / An der Copacabana / Samurai / Burli  / Im Himmel ist die Hölle los / Der Teufel / Liebe, Tod & Teufel / Im Himmel ist die Hölle los (Reprise) / S'Muaterl / Das Wandern / Toleranz / Heimatlied / Rechts 2/3 / Neandertal 2016 / Only you / Küss die Hand, schöne Frau / Sandlerkönig Eberhard / Die Zeit / Austrorock Sanatorium / Der Tod // Küss die Hand, Herr Kerkermeister / Märchenprinz / Fata Morgana / Morgen

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