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Jools Holland & Marc Almond (live in Mannheim 2019) © Rudi Brand

Der britische Ausnahmemusiker und TV-Moderator Jools Holland bringt neben seinen angestammten Sängerinnen auch die 80er-Legende Marc Almond für einen viel umjubelten Kurzauftritt auf die Bretter des Mannheimer Capitols.

Jools Holland ist im Vereinigten Königreich eine Legende. Nach seinen Popanfängen als Keyboarder bei Squeeze zog es den Londoner schon in den 80er zurück zu seinen Wurzeln, dem Rhythm & Blues in all seinen Schattierungen. Mit seinem Rhythm & Blues Orchestra tourt er bis heute weltweit.

Daneben ist er seit 1992 mit seiner Sendung "Later ... with Jools Holland", bei der sich aktuelle Musikgrößen die Klinke in die Hand geben, eine Institution im britischen Fernsehen. Unzählige bedeutende Musiker der vergangenen Jahrzehnte sind dort aufgetreten.

Ein Conférencier durch und durch

Genauso nonchalant wie in seiner TV-Sendung begrüßt der 61-Jährige dann am Mittwochabend auch die Gäste des bestens gefüllten Capitols. Die wunderbar anachronistische Atmosphäre des ehemaligen Kinos passt optimal zum kleinen Mann im etwas zu großen Anzug.

Jools Holland schlendert immer wieder zwischen Piano und Bühnenmitte hin- und her, wenn er Gäste begrüßt, kleine Anekdoten erzählt oder augenzwinkernd von einer langen schwierigen Beziehungen berichtet und damit sein Instrument meint.

Der Piano-Mann

Zunächst sind es auch die Solostücke auf dem geliebten Piano, mit denen Jools Holland seine Fans begeistert. Egal ob Rhythm & Blues, Blues, Shuffle oder Boogie Woogie, der Ausnahmepianist lässt die Finger im variationsreichen Tempo über die Tasten gleiten und serviert Eigenkomposition seiner Studioalben, aber auch Standards.

Dabei wird er lediglich von jungen Klaxons-Schlagzeuger George Latham begleitet, der den Meister sachdienlich in Sachen Takt unterstützt. Ein wahrhaft puristisches Konzept, das auf Dauer dann doch ein paar Farbtupfer mehr vertragen könnte.

Backgroundsängerinnen = Gäste

Beth Rowley und Louise Marshall werden sodann auch nicht nur als Background-Sängerinnen vorgestellt, die Jools bei seinen eigenen Gesangseinlagen unterstützen, sie erhalten auch beide eigene Sets, bei denen sie den Lead-Gesang übernehmen.

Beth Rowley kann bei einem Song, den Holland mit der Witwe von George Harrison über Billie Holiday schrieb, kollektive Gänsehaut erzeugen während Louis Marshall mit ihrer klassischen Soulstimme der Holland-Komposition "Waterloo Bridge" ihren eigenen Stempel aufdrückt. Dazu gibt es Allen Toussaints "Working In A Coal Mine" und weitere Instrumentalstücke, bevor dieser einen "very special guest" ankündigt.

Die dunkle Ikone

Marc Almond startet dann bei seinen fünf Songs sofort von null auf hundert durch. "Say Hello, Wave Goodbye" von Soft Cell wird bestens von Holland adaptiert und funktioniert in seiner reduzierten Form hervorragend.

Viele sind nur wegen Marc Almond gekommen und dieser weiß, was von ihm erwartet wird. Er wirft sich mit voller Wucht in einige Songs des aktuellen Albums "A Lovely Life To Live" von 2018, das er gemeinsam mit Jools Holland aufgenommen und veröffentlicht hat.

Er singt mit "Hymn To Love" eine schmachtende Ode an die Liebe, teils ohne Mikrofon am Bühnenrand und shuffelt dekadent-zynisch durch "Big Black Mercedes 600". Das Capitol ist elektrifiziert und hängt an den Lippen des mittlerweile 61-Jährigen, der natürlich ganz in Schwarz gekleidet ist.

"Tainted Love" als Highlight

Almond war einer der wichtigsten Künstler, der zusammen mit Dave Ball als Soft Cell mit dem Album "Non-Stop Erotic Cabaret" 1981 dafür sorgte, dass gleichgeschlechtliche Liebe und dunkles Verlangen nicht länger unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sondern als Popsong im Radio stattfand.

Zum Abschluss steht das ganze Capitol auf, um "Tainted Love" abzufeiern und Marc Almond ist voll in seinem Element. Er animiert die Zuschauer, klatscht im Takt und begeistert immer wieder mit seiner wahnsinnig ausdrucksstarken Stimme, die nichts von ihrer Strahlkraft und dunklen Magie verloren hat.

Finale mit Ruby Turner

Nach dieser Euphorie und dem Kurzausflug in die Welt der Popmusik, hat es Hollands angestammte Sängerin Ruby Turner schwer, das Publikum sofort auf ihre Seite zu ziehen. Doch die "Wuchtbrumme" legt sich voll ins Zeug und verfügt über die große klassische R&B Stimme um mit "Honey Hush" das Publikum nochmals von den Sitzen zu reißen und den "Abend mit Jools Holland" auf einem hohen Begeisterungslevel zu beenden.

Der Meister gibt zwei kurze Zugaben und bedankt sich bei den Fans sowie den Gastsängerinnen. Das alles unaufgeregt, mit britischer Zurückhaltung und im Stil eines Gentleman. Thanks for coming, Jools!

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