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Carl Palmer's ELP Legacy (live in Rüsselsheim 2019) © Torsten Reitz

Nach dem Tod seiner früheren Mitstreiter Keith Emerson und Greg Lake hat Schlagzeuglegende Carl Palmer die Gruppe ELP Legacy gegründet. Bei ihrem Auftritt im Das Rind in Rüsselsheim demonstriert die neue Formation eindrucksvoll, dass die Stücke von Emerson Lake & Palmer live sogar ohne die virtuosen und dominanten Keyboards funktionieren können.

Carl Palmer darf mit Fug und Recht als lebende Legende des Progressive Rock bezeichnet werden. Seine größten Erfolge feierte er in den 1970ern mit der Supergroup Emerson Lake & Palmer, aber der renommierte Schlagzeuger spielte ebenso mit Acts wie The Crazy World Of Arthur Brown und war Gründungsmitglied der Gruppen Asia und Atomic Rooster.

Nach dem Tod seiner beiden früheren Mitstreiter Keith Emerson und Greg Lake im Jahr 2016 zieht Carl Palmer inzwischen mit seinem neuen Projekt ELP Legacy durch die Lande, um die alten Klassiker wiederaufleben zu lassen.

Alle Tasten im Schrank

Im Rüsselsheimer Rind trifft der Meisterdrummer dabei auf ein volles Haus. Zahlreiche Fans wollen sich den Auftritt des mittlerweile knapp 69-Jährigen und seiner aktuellen Kollegen Paul Bielatowicz an der Gitarre sowie Simon Fitzpatrick als Tieftöner nicht entgehen lassen.

Das gilt besonders deshalb, weil sich ELP Legacy, wie der Name verrät, auf die Fahne geschrieben haben, Palmers glorreiche Vergangenheit hochzuhalten. Interessant ist dabei, dass das ursprüngliche Supertrio ja in besonderem Maße von Keith Emersons virtuosem Keyboardspiel lebte, die neue Formation aber auf Tasteninstrumente verzichtet.

Neue Besen kehren gut

Weil ein Musiker seines Kalibers aber nicht einfach so zu ersetzen ist, haben sich Carl Palmer’s ELP Legacy einen völlig anderen Ansatz überlegt: Sie interpretieren die Stücke durch den Einsatz von Bielatowiczs Gitarre teilweise einfach rockiger.

Streckenweise übernimmt aber Fitzpatrick mit Chapman Stick und Sechs-Saiter-Bass und einer Reihe von Effekten die Rolle des "Tastendrückers". Was dabei herauskommt, sind nicht weniger progressive, aber doch hin und wieder völlig anders klingende Versionen von "Fanfare For The Common Man" oder Carl Orffs "Carmina Burana".

Da kommt Farbe ins Spiel

Hin und wieder greifen Palmer und seine beiden saitenspielenden Sidekicks die stimmliche Unterstützung von Lino Vairetti zurück. Der Italiener mit dem theatralischen Makeup übernimmt die Gesangsparts bei "Karn Evil 9: 1st Impression, Part 2", "Knife-Edge" und "Lucky Man" und gibt dabei – trotz der großen Fußstapfen von Greg Lake – gar keine schlechte Figur ab.

Bei der einst von Lake mitgeprägten King Crimson-Nummer "21st Century Schizoid Man", laut Carl Palmer das erste Stück, das die originalen ELP einst zusammen probten, greift Bielatowicz hingegen zum verzerrten Mikrofon.

Mannschaftliche Geschlossenheit

Obwohl Palmer ganz eindeutig der Star des Abends ist und die Formation mit seinem druckvollen Schlagzeugspiel zusammenhält, überlässt der Meisterdrummer seinen Mitmusikern jedoch genug Freiräume, um sich auszuzeichnen.

Simon Fitzpatrick etwa darf weitgehend im Alleingang Scott Joplins "Maple Leaf Rag" auf dem Chapman Stick zum Besten geben, während Paul Bielatowicz ein Solospot bei den Claude Debussy-Stücken "Arabesque" und "Clair de Lune" zuteilwird. Ansonsten agieren alle drei über weite Strecken mannschaftsdienlicher als vielleicht zu erwarten, aber nicht weniger virtuos.

Umjubelte Nachlassverwalter

Als ihr Auftritt nach gut anderthalb Stunden zu Ende geht, werden Carl Palmer und seine ELP Legacy vom Publikum zurecht gefeiert. Ungeachtet des kleinen Malheurs, dass ein Bass Drum-Pedal kurzerhand den Geist aufgibt und ersetzt werden muss, lassen sich die vier Musiker auf der Bühne nie aus der Ruhe bringen – ganz im Gegenteil.

Auch wenn speziell Palmer äußerst energiegeladen zu Werke geht, wirkt die gesamte Performance trotz der vielen komplexen Passagen und des meisterhaften Spiels aller Beteiligten immer entspannt. So sieht ein würdiges Erbe von Emerson Lake & Palmer aus.

Setlist

Peter Gunn / Karn Evil 9: 1st Impression, Part 2 (mit Lino Vairetti) / Knife-Edge (mit Lino Vairetti) / Trilogy / From The Beginning – Maple Leaf Rag (Simon Fitzpatrick und Carl Palmer alleine) / Fugue In D Minor / 21st Century Schizoid Man / Arabesque – Clair de Lune (Paul Bielatowicz solo) / Hoedown / Lucky Man (mit Lino Vairetti) / Carmina Burana – Rondo // Fanfare For The Common Man (inklusive Carl Palmer Schlagzeugsolo) / Nutrocker

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