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Thirty Seconds To Mars (live in Köln, 2018) © Peter H. Bauer

Thirty Seconds To Mars sind eine Showband - das ist klar. Das Konzert in der Kölner Lanxess Arena dreht sich hauptsächlich um Jared Leto, aber alle Huldigungen der Fans können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ganze Spektakel wenig Substanz besitzt.

Das Konzert von Thirty Seconds To Mars in Köln hätte eigentlich bereits Anfang März stattfinden sollen. Aus logistischen Gründen wurde es allerdings verschoben und fand nun etwa zwei Monate später im Mai statt.

In der kurzen Zeit ist viel passiert: Die Band veröffentlichte ihr neues Album "America" und ist nun ohne Gitarrist Tomislav Milicevic unterwegs, der sich aufgrund persönlicher Angelegenheiten von der Tour abmeldete. Dennoch, oder gerade wegen dieser Ereignisse, war die Lanxess Arena an diesem Freitagabend fast ausverkauft. Doch von vorne...

"Play" drücken und auf DJ machen

Gegen 19:30 betritt DJ Jamie Reed die Bühne und spielt ein paar Songs. Von "Auflegen" kann man nicht sprechen, denn Reed ging einfach nur zu seinem Rechner schaltete die Playlist an. Dazu vollführte er ein paar DJ-typische Aktionen wie das "Kopfhörer-nur-auf-ein-Ohr-aufsetzten" und fertig war die Performance.

Da er nur Remixe von bekanten Liedern wie "Humble" von Kendrick Lamar oder "Song 2" von Blur spielte, fühlte sich das Publikum auch einigermaßen unterhalten. Nach einer Stunde war es dann aber auch genug und es gab nicht mehr als Anstandsapplaus. Wer 60 Minuten so tut, als würde er auflegen, tut dies definitiv zu lange.

Das Zwischenspiel

In der nächsten halben Stunde passiert nichts, außer dass etwa sechs Mal in Folge der selbe Werbespot für eine Modemarke auf den Leinwänden läuft.

Interessanter ist hingegen die Bühne, die etwas in den Innenraum hinein gebaut und von einer Art Würfel bestehend aus Viedeoleinwänden verhüllt ist. Nette Idee, die jedoch nicht den Effekt erzeugt, den sich die Planer wohl erhofften. Denn es geht bald mit dem Mainact los.

Der Messias erscheint

Nach einer weiteren Viertelstunde wird es in der Arena schließlich dunkel und die beiden Leto-Brüder betreten von hinten die Bühne, um sich erstmal für kurze Zeit unter der Leinwandkonstruktion zu verstecken. Kurz darauf erheben sich diese Leinwände in die Luft und die beiden Hauptdarsteller erstrahlen in vollem Glanz im Scheinwerferlicht, begleitet vom Jubel der über 10.000 Fans. Als das Konzert dann mit "Monolith" losgeht, ist direkt klar, um wen sich die Show dreht: Jared und Shannon Leto und niemanden sonst.

Die Begleitband ist auf kaum sichtbare Plätze hinter der Bühne verbannt. Dafür befinden sich allein drei Kameraleute auf der Bühne, um Jared Leto unaufhörlich zu filmen. Nicht dass diese Aufnahmen für die Videoleinwände gedacht waren, sie dienten einzig und allein dem Zweck, Letos Instagram-Story mit bewegten Bildern zu füllen. Wenn eine Band mehr Leute für die Instagram-Story als Mitglieder auf der Bühne hat, sollte man sich Sorgen machen.

Das Konzert an sich ist weder außergewöhnlich noch schlecht. Gleich zu Beginn spielen Thirty Seconds To Mars bekannte Songs wie "Kings And Queens" oder "This Is War" gespielt. Angesichts des enthusiastischen Publikums sind diese Lieder Selbstläufer. Allerdings nimmt der schlechte Sound diesen Songs den letzten Funken Glanz, so dass Zuschauer, die nicht jedes Lied auswendig kennen, schnell an Spaß verlieren.

Es wird langweilig

Nach den ersten fünf Stücken verliert sich das Set in sich selbst und sorgt für viele gelangweilte Gesichter. Große Teile der Sitzplatzinhaber setzen sich wieder, nachdem sie am Anfang alle aufgestanden sind und müssen sich bis kurz vor der Zugabe gedulden, bis wieder etwas Spannenderes passiert. Daran ändert weder "The Kill (Bury Me)", einer der größten Hits der Band, noch das Rihanna-Cover "Stay" etwas.

Die nervenzerreißende Mischung aus Balladen und unstrukturiert klingenden Mitsingparts überzeugt einfach nicht und lässt den ohnehin wahnsinnig aufgesetzten Auftritt des Frontmanns fast schon lächerlich wirken.

Gegen Ende kratzt Jared Leto dann jedoch nochmal die Kurve und holt zum ersten Mal eine Handvoll Fans auf die Bühne, um bei "Rescue Me" mit ihnen zu tanzen. Das rettet die minutiös einstudierte Performance des Frontmanns, jedoch wird man das Gefühl nicht los, dass Leto nicht nur wie Jesus aussieht, sondern sich auch so fühlt.

Zugabe mit Fans

In der Zugabe werden dann noch die zwei Songs gespielt, die im Moment bei Thirty Seconds To Mars nicht fehlen dürfen: Die neuere Single "Walk On Water" und der Radiohit "Closer To The Edge" von 2009. Bei letzterem Lied dürfen dann nochmal ein paar Dutzend Fans auf die Bühne kommen, um so das Bild des fannahen Superstars zu bestätigen.

Fraglos besitzt Jared Leto Bezug zu seinen Fans. Wenn sie auf der Bühne sind, nimmt er sie auch mal in den Arm und nimmt sich die Zeit für einen kurzen Plausch mit ihnen. Als sich die Bühne jedoch mit drei Dutzend Fans füllt, wird klar, dass manche dieser Aktionen lediglich zur Inszenierung Letos auf Instagram dienen.

Im Vergleich zu vielen anderen Popstars, die gar keinen Kontakt zu ihren Fans zulassen, ist das definitiv ein gewaltiger Unterschied, nur wird die Fannähe hemmungslos zur Selbstinszenierung ausgeschlachtet.

Auch Jared Letos Ansagen sind direkt an die Zuschauer gerichtet, gehen aber über Sprüche wie "Germany is like a second home to us" oder "Thank you for beliving in us all the years" nicht hinaus. Und obwohl Leto ein renommierter Schauspieler ist, wirken diese Ansagen doch arg einstudiert.

Zu viel Hype

Alles in allem lässt sich sagen, dass Thirty Seconds To Mars in Köln besonders eines geschafft haben: sich in Szene zu setzten und ihre (vermeintlich) besten Seiten live auf Instagram zu präsentieren. Den hartgesottenen Fans macht das nichts aus. Wer kritisiert schon gerne seine Lieblingsband?

Die Leute, die eher aus Neugierde vorbeischauen, könnten dadurch jedoch ins Grübeln gekommen sein. Es bleibt abzuwarten, ob der Headliner-Auftritt bei Rock am Ring genauso ausfallen wird. Das Konzert in der Lanxess Arena war nämlich leider viel Bohei um etwas, das kaum Substanz besitzt.

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