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Lena (live in Frankfurt, 2017) © Leonard Kötters

Die "End Of Chapter One"-Tour bedeutet für Lena eine kleine Zäsur ihrer bisherigen Karriere. Das führt zu ungeplanten Gefühlsausbrüchen, Momenten großer Freude und Ehrlichkeit, aber auch unterhaltsamen Pannen.

Die große Aufregung vor der Tour mit der Verschiebung des neuen Albums und der Absage der damit verbundenen großen Tour 2018 hat Lena offensichtlich gut verkraftet. Im Reinen mit sich selbst und ihrer Entscheidung nimmt sie sich mit der kleinen "End Of Chapter One-Tour kurz vor Weihnachten die Zeit für einen Rückblick auf die ersten sieben Jahre ihrer Karriere.

Dazu wählt sie als Konzept eine chronologische Aufarbeitung, indem sie ihre Songs Album für Album angeht. Die Herangehensweise ist passend, wenn auch nicht ganz neu. Dieses Konzept haben Bands wie Marina & The Diamonds 2016 auch schon angewandt.

Zweimal ESC

Die ersten beiden Jahre wurde Lena vor allem durch die Teilnahme am Eurovision Song Contest geprägt. In Frankfurt wandelt sie wie schon 2015 viele Songs aus dieser Zeit stilistisch um. Im Gegensatz zu 2015 gelingt diese Variation diesmal wesentlich besser. Die ersten Songs "My Same" und "Satellite" sind geprägt von Elementen aus Jazz und Swing, mit einem Hauch von Big Band Style.

Ungeplant ist dagegen der emotionale Ausbruch während "Not Following". Mitten im Song übermannen Lena offenbar die Gefühle beim Anblick der alten Bilder, die hinten als Video durchlaufen. Sie bricht in Tränen aus und kann nicht richtig weitersingen. Unterstützt von ihrer Backgroundsängerin findet sie nach einigen Sekunden zurück in den Song und bringt ihn zu Ende. Lena erklärt den Gefühlsausbruch, will ihre Emotionen auch nicht zurückhalten. 

Mit dem zweiten Auftritt beim ESC und den Songs aus dem Album "Good News" geht sie 2017 ebenfalls besser um. So behält "Taken By A Stranger" durch die Streicher und die dunklen Töne seinen ursprünglichen Touch und die wunderschöne Ballade "Push Forward", verbreitet Kuschelatmosphäre und Wohlgefühl, obwohl sie (wie so oft) nicht jeden Ton sauber trifft.

Neue Wege

Mit dem dritten Album "Stardust" wollte Lena, die sich selbst als Quatschkopf bezeichnet, sich von der Rolle beim ESC lösen und ein Album machen, bei dem der Spaß im Vordergrund steht. So entstand der Song "Stardust". Die Freude und Lockerheit dieser Zeit greift Lena in Frankfurt wieder auf und verbreitet viel gute Laune im Publikum. Am Ende gibt es viel Applaus und zahlreiche Fingerpfiffe. Als Fanwunsch gibt es die Live-Premiere von "I'm Black" im Rahmen der Tour. Dieser rockige Song kommt beim Publikum sehr gut an und wird ebenso abgefeiert wie der kraftvolle Powersong "Neon (Lonely People)". 

Der nächste Abschnitt mit dem vierten Album "Crystal Sky" ist düsterer und geprägt von starken Melodien. Das gilt sowohl für "Traffic Lights" als auch für das dynamisch energetische "Crystal Sky", bei dem Lena stimmlich endlich mal richtig explodiert. Gefeiert wird dazwischen auch "Wild & Free", bei dem viele Zuschauer mitsingen und sich von der Energie dieses Up-Tempo Hits mitreißen lassen.

Sing Meinen Song

Lena hat neben der Teilnahme am Projekt Sing Meinen Song weitere eigene Songs geschrieben, die dennoch bislang zu keinem weiteren Album führen. Dazu gehört neben dem groovenden "Addict" auch die emotionale Ballade "If I Wasn't Your Daughter". Auf wenig Gegenliebe stößt der Gastauftritt von Genetikk, mit denen Lena den Song "Lang lebe die Gang" aufgenommen hat. Viele fragende und verstörte Gesichter im Publikum scheinen nur darauf zu warten, dass dieser grauenhafte Auftritt vorbei geht.

Gefeiert wird dagegen der Frankfurter Moses Pelham, der bei diesem Heimspiel mit großem Jubel empfangen wird. Die Kombination von Lena und Moses Pelham bei "Home/Meine Heimat" ist das Highlight des Abends und wird ausgiebig abgefeiert. Alle Musiker aus Sing Meinen Song 2017 haben sich anscheinend wirklich angefreundet und jeder präsentiert gerade live die Songs seiner Kollegen. So singt Lena auch noch "Superior" von Gentleman, der selbst gerade erst in Wiesbaden bei seiner MTV Unplugged Tour "Ich trink auf dich" von Mark Forster mit eingebaut hat.

Christmas Crash

Als Zugabe möchte Lena mit ihren Sängerinnen und einer Akustikgitarre noch Weihnachtslieder singen. Dabei gerät aber der erste Song "All I Want For Christmas Is You" zur ungewollten Slapstiknummer. Weder sie noch ihre Sängerinnen schaffen es trotz Textblatt, den Song von Mariah Carey unfallfrei zu singen. Immer wieder kommen sie in die falsche Strophe, müssen dreimal neu ansetzen.

Irgendwie ist das alles witzig und chaotisch, aber ganz sicher nicht weihnachtlich. Lena ist dieser Moment ungewohnt peinlich, denn ihre Hemmschwelle für solche Aktionen ist bekanntlich recht niedrig. Ein Grund, warum sie von vielen ihrer Fans so heiß geliebt wird, von ihren Hatern aber ebenso intensiv in den sozialen Netzwerken verfolgt wird.

Das deutsche Weihnachtslied "Stille Nacht" ist schön gesungen, kommt aber bei weitem nicht an andere Auftritte ähnlicher Art heran. Samu Haber hat mit Sunrise Avenue bei einer Akustiktour im Capitol Mannheim am Ende "Stille Nacht" in drei Sprachen gesungen und damit pure Gänsehaut erzeugt. Der beste Song der Zugabe, der tatsächlich diese besondere Emotionalität erzeugt, ist "Happy X-Mas (War Is Over)". Ein schöner Abschluss für ein Konzert mit vielen Wendungen und Überraschungen.

Setlist

My Same / Satellite / Not Following / Taken By A Stranger / Push Forward / (A Million And One/Bad Liar)  / Stardust / I'm Black / Day To Stay / Neon (Lonely People) / Traffic Lights / Sleep Now / Wild & Free / Crystal Sky / Addict / Lang lebe die Gang / Superior / (Home/Meine Heimat) / If I Wasn't Your Daughter // All I Want For Christmas Is You / Stille Nacht / Happy Xmas (War Is Over) 

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