Arun Ghosh

Arun Ghosh © Emile Holba

Der britische Jazz-Klarinettist Arun Ghosh überrumpelt bei Enjoy Jazz den Heidelberger Karlstorbahnhof mit seiner ungehemmten Spielfreude. Gemeinsam mit Alto-Saxophonist Chris Williams gelingt es ihm sogar, kleinere spielerische Schwächen der Backing-Band zu übertünchen.

Arun Ghosh ist zweifelsohne einer der charismatischeren Bandleader der jungen Jazz-Szene: Mit ärmellosem schwarzen Shirt und zerzausten Haaren hat er mehr etwas von einem Rockstar als von einem Jazz-Klarinettisten; seine Energie erfüllt die Bühne des ausverkauften Karlstorbahnhofes noch bevor er den Mund öffnet.

Kontrastreich

Als er es denn tut, erstaunt Ghosh durch das beinahe flüssige Deutsch, mit dem er das Publikum begrüßt. Die Freude, die er an dieser fremden Sprache zeigt – immer wieder wechselt er aus seinem sehr britischen Englisch für einige Sätze ins Deutsche – offenbart gleichwohl viel über Ghoshs Herangehensweise an Musik.

Denn auch hier vermischt Arun Ghosh das Nahe und das Ferne, das Eigene und das Fremde mit spielerischer Rücksichtslosigkeit: Ob orientalische Klarinettenmelodien vor tradiertem Rock-Instrumentarium oder die jazzigen Harmonien zwischen Ghoshs Klarinette und Chris Williams' Alto-Saxophon über krachenden Punk-Riffs – Ghosh und Band zelebrieren den Kontrast.

Übermütig

Auch die erwähnte Energie Ghoshs, der Übermut, der sich immer wieder in seinen Ansagen zeigt, übersetzt sich in die Musik. Und obwohl der Brite seine ganze Kraft in sein Spiel legt, schafft er es, eine bemerkenswerte Dynamik beizubehalten, wechselt mühelos zwischen ruhigeren Passagen und feurigen Soli.

Mit gleichsam übermütigen Gesten, die man anfangs noch für exaltiertes Tanzen halten könnte, dirigiert Arun Ghosh auch seine Band. Doch wenngleich diese ihm stets Folge leistet, in den besten Momenten mit Ghosh und Saxophonist Williams, die sich wortlos zu verstehen scheinen, zu einem Ganzen verschmilzt, ist doch auch hier der Grund dafür zu suchen, dass das Quintett nicht immer vollständig überzeugt. 

So wirken die Riffs der Gitarristin Shirley Tetteh hinter ihrem wuchtigen Sound manchmal etwas zu behäbig für Ghoshs Tempo, während das allzu virtuose Spiel des Bassisten Liran Donin dazu tendiert, die Songs streckenweise zu überladen. 

Anhänglich

Nichtsdestotrotz will das begeisterte Publikum Arun Ghosh und Band mit frenetischem Applaus einfach nicht von der Bühne lassen. Und das zu Recht, denn trotz der kleinen Kritikpunkte schaffen die Musiker es, über die dann insgesamt zwei Stunden Spielzeit nichts von ihrer treibenden Kraft zu verlieren.

Dies lässt sich schlussendlich wohl auf das so spannende wie abwechslungsreiche Songwriting zurückführen – und natürlich auf Ghosh selbst. Seine so sympathische Art und sein herausragendes Spiel ermöglichen es ihm sogar, einen Song zu wiederholen – laut eigener Aussage gefiel ihm das Tempo einfach nicht –, ohne dass sich dabei auch nur im Ansatz Langeweile einstellen würde.

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