Prong (2017)

Prong (2017) © Delta Konzerte

Prong grooven und prügeln sich bei infernalischen Temperaturen im Café Central in Weinheim durch Material aus über 30 Jahren Bandgeschichte. Trotzdem stellt sich Prong-Chef Tommy Victor anschließend für ein spontanes Kurzinterview zur Verfügung.

Prong-Mastermind Tommy Victor ist unermüdlich: Prong sind seit Jahren ständig auf Tour, haben seit 2012 jedes Jahr in Folge ein Album veröffentlicht. Zwischendurch steuert Victor dann mal eben noch die Gitarrenarbeit für das neue Danzig-Album bei.

Im Verlauf der aktuellen Tour, genau pünktlich zum Auftritt im Café Central, erscheint das neue, von Victor co-produzierte Prong-Album "Zero Days", das der geneigte Fan noch ein paar Mal vor dem Konzert rotieren lassen kann, um sich mit einem starken Ersteindruck auf die Show einzustimmen. 

Belgisch-niederländische Präszisionsarbeit

Den Anfang macht jedoch die fünfköpfige belgisch-niederländische Formation Spoil Engine, die sich auch hierzulande wachsender Beliebtheit erfreut. Die Band spielt Modern Metal, der zuweilen deutlich an Arch Enemy erinnert, scheut sich aber auch nicht davor, über den Genre-Tellerrand hinauszuschauen und auch Groove-Metal- und Core-Elemente einfließen zu lassen.

Auf der Bühne drischt Drummer Matthijs Quaars mit der Präzision eines Uhrwerks auf sein Schlagzeug ein, und auch der Rest der Instrumentalfraktion spielt auf den Punkt zusammen, bis hin zum Judas-Priest-Gedächtnis-Synchron-Headbangen. Währenddessen growlt sich die junge Sängerin Iris Goessens in beeindruckender Weise durch sämtliche Tonlagen.

Am meisten Wirksamkeit scheinen die Songs paradoxerweise jedoch zu entfalten, wenn die Band ruhigere Töne anschlägt, wie etwa gegen Ende von "Hollow Crown" und "Silence Will Fall". Dabei glänzt die Sängerin durch gefühlvollen Klargesang und das Publikum frisst ihr aus der Hand.

Stell dir vor, es ist Hardcore – und keiner tanzt Pogo

Nach kurzer Umbaupause betreten Prong die Bühne. Anstatt mit Material vom neuen Album zu eröffnen, machen sie genau das Gegenteil: Sie greifen weit zurück auf ihre Hardcore-Wurzeln und zeigen den Zuschauern erst einmal wo der Hammer hängt, indem sie ihnen das nicht ganz zweiminütige "Disbelief" von der 1987 veröffentlichten Debüt-EP "Primitive Origins" um die Ohren hauen. Ein überzeugender Einstand, von dessen Brachialgewalt sich das Publikum erst einmal überrollen lässt; nur hier und da werden erste Köpfe im Takt geschüttelt.

Was folgt, ist eine bunte Mischung aus Alt und Neu: Gleich beim zweiten Song, dem aggressiv groovenden "Ultimate Authority" vom letztjährigen Album "X – No Absolutes", stellt das Publikum zum ersten Mal seine ausgeprägte Leidenschaft zum Mitgrölen unter Beweis. Das ist auch bei den nachfolgenden Klassikern "Beg to Differ", "Unconditional", "Lost and Found" und dem herrlich schrägen "Prove You Wrong" immer wieder deutlich zu hören.

Thrashen macht Freude

Von der ersten Minute an merkt man der Band die Spielfreude deutlich an, allen voran Riffmeister Victor selbst, der offenbar bestens aufgelegt ist und unentwegt vor sich hinlächelt, während er eine Riffsalve nach der anderen abfeuert und zwischendurch immer wieder das Publikum anheizt. Auch der ehemalige Prong-Bassist Jason Christopher, der kurzfristig für Mike Longworth einspringen musste (siehe Interview unten) groovt lässig vor sich hin, als hätte er nie eine Probe verpasst – und unterhält zudem bestens mit leicht irrer Mimik.

Einziger Wermutstropfen: Bei den Basstönen scheint irgendwie so einiges mitzuresonieren, was nicht resonieren sollte, wodurch der Sound etwas undifferenziert wird und sich ausgerechnet Victors berühmtes Rhythmusspiel nicht immer richtig durchsetzen kann. Band und Publikum lassen sich dadurch jedoch keinesfalls den Spaß verderben.

Der Backofen ist vorgeheizt

Ironischerweise hat man schließlich ausgerechnet bei "Revenge Best Served Cold" das Gefühl, als könnte man bei den stetig steigenden Temperaturen auch eine Tiefkühlpizza aufbacken – der Schweiß läuft mittlerweile in Strömen, und dabei ist es ganz egal, ob man sich bewegt oder nicht.

Diese Erkenntnis sorgt offenbar beim Publikum dafür, dass es auf einmal kein Halten mehr gibt, so dass sich die gesamte vordere Hälfte des Café Central in eine Moshpit verwandelt, die beinahe durchgehend bis zum Ende des Konzerts weiterwütet.

Die Pizza ist durchgebacken

Selbstverständlich dürfen auch Songs vom bis dato erfolgreichsten Prong-Album "Cleansing" aus dem Jahre 1994 nicht fehlen; von diesem haut die Band gleich drei Songs hintereinander heraus, das mächtig donnernde "Another Worldly Device" (mit überraschend heftigem Tempowechsel im Chorus) und natürlich die Groove-Kracher "Whose Fist is This Anyway" und "Snap Your Fingers, Snap Your Neck", bevor schließlich mit der melodiösen Mitsinghymne "Divide and Conquer", dem einzigen Song des neuen Albums an diesem Abend, das reguläre Set beendet wird.

Gegen Ende macht sich die Anstrengung verständlicherweise doch bei der Band bemerkbar. Dementsprechend lässt sie sich genügend Zeit, bevor als Zugabe "For Dear Life" zum Besten gegeben wird, bei dem sowohl Band als auch Publikum noch einmal alles geben. Nach dem absolut gelungenen Konzert nimmt sich die Band trotz Erschöpfung noch reichlich Zeit, um Hab und Gut der glücklichen Fans zu signieren. Hut ab!

Interview mit Tommy Victor nach der Show

Tommy, es war eine großartige Show...

(auf Deutsch:) Dankeschön!

Wie hat es sich angefühlt bei der Hitze auf der Bühne zu stehen?

Ich bin fast umgekippt. Es war wirklich heftig, unglaublich heiß. Ich habe zwischendurch kaum Luft bekommen, aber wir sind durchgekommen. Wir mussten eben ein paar Pausen einlegen.

Ich habe gesehen, dass du dir zwischendurch den Schweiß aus den Augen wischen musstest.

Oh, Mann, absolut. Es war wirklich total verrückt.

Aber du hast dennoch die ganze Zeit gelächelt. Hat es dir Spaß gemacht?

Klar hat es mir gefallen, es war eine tolle Show, das macht total Spaß.

Wie gefällt es dir denn in Deutschland?

Oh mein Gott, ich liebe es! Es ist wirklich fantastisch hier. Ich liebe dieses Land. Diese Stadt, Weinheim, ist wirklich sehr schön. Ich bin hier herumgelaufen und fand es unglaublich toll. Die Leute hier sind fantastisch.

Ihr habt heute ein sehr starkes neues Album veröffentlicht. Warum habt ihr davon kaum etwas gespielt?

Wir standen etwas unter Zeitdruck. Wir waren im Studio, wir waren auf Tour... und wir müssen die Songs erst noch mehr üben, ganz ehrlich gesagt (lacht).

Ich dachte, ihr spielt vielleicht nicht mehr davon, weil das Publikum das Material noch nicht gut kennt.

Nein, wir versuchen es schon. Aber wir werden die Songs erst nach und nach ins Programm aufnehmen.

Du hast gestern gepostet, dass euer Bassist Mike Longworth aufgrund eines familiären Notfalls die Tour leider nicht zu Ende spielen kann...

Ja, unser ehemaliger Bassist Jason ist nun eingesprungen. Er beendet die Tour mit uns.

Er hat das super gemacht heute Abend.

Klar, er hat ja auch fünf Jahre bei Prong gespielt.

Was sind nun die nächsten Stationen der Tour?

Als Nächstes spielen wir beim Nord Open Air Festival in Essen. Dann Wiegen, Potsdam, dann Wacken, und so weiter... Außerdem spielen wir noch in Polen, Österreich und der Tschechischen Republik.

Vielen Dank für deine Zeit. Ich wünsche euch weiterhin eine tolle Tour.

Dankeschön! Bis bald!

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