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Impressionen vom Samstag (live bei Rock im Park, 2017) © Dominic Pencz

Die Rockfans bei Rock im Park lassen sich von der Terrorwarnung bei Rock Am Ring nicht irritieren: Drei Tage lang feiern die Zuschauer ausgiebig. Neben den großen Fischen wie Rammstein oder System Of A Down gibt es allerdings auch erfrischende Newcomer zu hören.

Im Vorfeld von Rock im Park wurden die Sicherheitsmaßnahmen deutlich verschärft: Die Festivalbesucher dürfen nur das Notwendigste mit aufs Gelände rund um das Zeppelinfeld in Nürnberg nehmen, Rucksäcke und Taschen sind verboten. Ebenso streng fallen auch die Sicherheitskontrollen an den Festivaleingängen aus. Jede Person wird gründlich abgetastet, schließlich wollen die Veranstalter nach den Ereignissen in Manchester kein Risiko eingehen.

Zum Glück lassen sich die Besucher von der derzeitigen Terrorgefahr und der erhöhten Polizeipräsenz vor Ort nicht aus der Ruhe bringen. Die Stimmung ist größtenteils ausgelassen und friedlich. Passend dazu ist am ersten Festivaltag keine einzige Wolke am Himmel zu sehen, die Sonne brennt. Es ist also kein Wunder, dass sich zahlreiche Menschen ein schattiges Plätzchen suchen, um der Mittagshitze zu entgehen.

Dat ist cool

Nur wenige versammeln sich daher für das Hip Hop-Trio Dat Adam vor der Park Stage - vermutlich sind daran aber auch die gleichzeitig spielenden Sum 41 schuld. Dat Adam erlangten durch YouTube größere Bekanntheit, im letzten Jahr starteten sie mit ihrem Debütalbum voll durch. Bei Rock im Park geben die drei Musiker alles und animieren mit ihrem Cloud Rap trotz der Hitze einige Besucher zum Mittanzen.

Wirtz noch was?

Gott sei Dank sind die Wege auf dem Festival relativ kurz, sofern man nicht in den vorderen Reihen stehen möchte. Binnen weniger Minuten gelangt man von einer Bühne zur anderen. Es zieht uns also gut gelaunt zur Zeppelin Stage. Dort unterhält gerade Wirtz die Massen. Seit 10 Jahren ist dieser bereits als Solo-Künstler unterwegs. Wirkliche Hits hat der ehemalige Sänger der Band Sub7even aber nicht anzubieten. Nur mit "Frei" setzt Wirtz nicht nur ein politisches Zeichen, sondern sorgt auch erstmals für richtige Begeisterungsstürme in der Zuschauermenge.

Eins - Acht - Sieben!

Auf der Park Stage haben es sich derweil 187 Strassenbande bequem gemacht. Abgesehen von den inflationär eingeforderten Zuschauergesängen "Eins-Acht-Sieben" überträgt sich der Flow der Gangsta-Rapper auf die Fans. Einer der Sänger, Bonez MC, steht auch später nochmal zusammen mit RAF Camora auf der Bühne. Die Reggaeton-Hymnen und die eingängigen Refrain-Melodien ihres in Kollaboration entstandenen Albums "Palmen Aus Plastik" besitzen live eine fesselnde Energie, die die Menge zum Ausrasten bringt.

As Long As You Sing

Später brennen die Beatsteaks auf der Zeppelin Stage ein wahres Punk-Feuerwerk mit ihren größten Klassikern, aber auch neuen Songs ab. Arnim Teutoburg-Weiß und seine Mitmusiker sind bekanntermaßen eine Festivalband in Reinform; sie wissen, wie man mehrere zehntausend Leute anfacht. Besonderes Highlight: Ein krachendes Motörhead-Cover von "Ace Of Spades" zu Lemmys Ehren. Wie erwartet beziehen die Berliner danach noch deutlich Stellung gegen Nazis und andere Extremisten. Begeistert feiern die Zuschauer mit ihnen über eine Stunde lang. 

Schockmeldung

Vor den Headlinern des ersten Tages, den Toten Hosen, informiert ein Moderator über die Terrorwarnung bei Rock Am Ring. Die Zuschauer zeigen tiefes Mitgefühl mit ihren Freunden am Ring, es sind wütende Ausrufe zu hören. Doch kurz darauf zollen die zehntausende Besucher mit langem Beifall den dortigen Sicherheitsbehörden ihren Respekt für die sehr schwierige Entscheidung des vorübergehenden Festivalabbruchs am Nürburgring.

Trotzige Stimmung bei den Hosen

Die Toten Hosen nehmen diese Meldung zum Anlass, dem Terrorismus den Kampf anzusagen. "Jetzt feiern wir erst recht" lautet die Botschaft von Campino und die Zuschauer leisten dieser nur zu gern Folge. Selbst als Nicht-Fan muss man sagen, dass es die Show der Punk-Veteranen wirklich in sich hat.

Jede einzelne Zeile wird von der Menge lauthals mitgesungen. Die alten Hasen haben immer noch jede Menge Energie in sich und es sieht so aus, als würde sich das so schnell nicht ändern. Ein würdiger Abschluss des ersten Festivaltages.

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Die Nachricht, dass Rock Am Ring fortgesetzt wird, sorgt für große Erleichterung, auch bei den Besuchern in Nürnberg. Mit frischem Elan geht es in den zweiten Tag. Der Samstag startet mit Regen. Und zwar kein leichter Nieselregen, sondern starker Platzregen. Unser erster Act des Tages passt perfekt zu dieser Wetterlage. Gojira bieten mit ihrem düsteren und schweren Progressive Metal die perfekte musikalische Untermalung. Der Regen peitscht der Menge ins Gesicht. Nun ja, Metal muss hin und wieder auch ein wenig wehtun.

Haste ma ne Mark?

Mit großem Interesse ziehen wir vor die Park Stage, um Henning Wehland zu sehen, bekannt als Sänger der H-Blockx und den Söhnen Mannheims. Musikalisch erweist sich diese Entscheidung als ein Glücksgriff, einige Textzeilen stechen den Zuschauern allerdings die Augen aus: "Der alte Mann und das Leergut, der nicht mehr kann wie er will und sich schwer tut." Soziales Engagement ist immer gut, aber damit schießt Wehland deutlich über das Ziel hinaus.

Schädel aus Stahl

Dann doch lieber zu Airbourne. Die australische Neuauflage von AC/DC legt auf der Zeppelin Stage einen wirklich sehenswerten Auftritt hin. Sänger Joel O'Keeffe verausgabt sich komplett. Mehrere Male öffnet er eine Bierdose durch mehrmaliges Schlagen an seinen Kopf.

Später muss ein Security-Mann (wir fühlen mit ihm) O'Keeffe auf seinen Schultern durch das Publikum tragen. Die Lautsprecherwände sind keine Attrappen, wie man annehmen könnte. Ein Tonmann teilt uns auf Anfrage mit, dass alle zwanzig Verstärker an die Anlage angeschlossen sind. Warum also nur einen Verstärker, wenn man mehrere haben kann?

Alles in Sahne

Mit Feine Sahne Fischfilet geht es feuchtfröhlich weiter. Der Hype um die Band aus Mecklenburg-Vorpommern ist mehr als berechtigt. Sänger Jan Gorkow treibt die Zuschauer bis zum Äußersten. Seine "Liebe Für Alle"-Brandrede sorgt für lauten Zuspruch. Feine Sahne Fischfilet sind eben noch eine Punkband, die den Namen auch verdient.

Chillen mit Jake

Während des Sonnenuntergangs relaxen wir dann zu den entspannten Garage Rock-/Blues-Songs von Jake Bugg. Die Stimme des Briten mag vielleicht nicht jedermanns Sache sein, eine willkommene Abwechslung zu den harten Rockacts auf der Zeppelin Stage ist er jedoch allemal.

Wut rauslassen

Dort geht es mit Prophets of Rage gleich von Beginn an ordentlich zur Sache. Im Grunde handelt es sich bei der Band schlichtweg um Rage Against The Machine mit den Rappern von Cypress Hill und Public Enemy am Mikro. Zu hören gibt es natürlich Hits von RATM, allerdings auch eigene Songs der Supergroup. Morellos fiepsende Soli zerreißen das Trommelfell. Es fehlt zwar ein wenig der Druck der einstigen Band, jedoch geben sich die Rapper alle Mühe.

Im Mittelteil geben diese sich mit einem Medley von Songs ihrer beiden Hip Hop-Gruppen die Ehre. Die Zuschauer bouncen von vorne bis hinten. Zu Ehren von Chris Cornell kommt später System Of A Down-Sänger Serj Tankian auf die Bühne, um "Like A Stone" von Audioslave zu singen. Die Menge spendet dieser Hommage großzügig Applaus.

Seltenheitswert

Zu System Of A Down feiern die Zuschauer eine einzige Party. Aus ihrem ergiebigen Hit-Katalog feuern die Alternative-Metaller ein Juwel nach dem anderen ab. Die Band gibt sich zudem noch ausgesprochen spielfreudig. Die Zuschauer sind sichtlich erfreut, Zeugen eines der seltenen SOAD-Konzerte zu sein.

Stimmung kann so einfach sein

Sonntag ist Rammstein-Tag. Zuvor jedoch gönnen wir uns entspannende Töne bei Simple Plan auf der Park Stage. Mit ihrem fröhlichen Pop-Punk sorgen die Kanadier für ausgelassene Stimmung, das Publikum haben sie spielend in der Hand. Da können sich manche Metal-Acts eine Scheibe von abschneiden.

Ebenso gemächlich geht es bei Rag'n'Bone Man weiter. Der bodenständige Brite besitzt die wohl schönste Stimme des gesamten Festivals. Zu "Skin" wird sein Gesang nur vom Piano begleitet. Eine wahre Gänsehautpartie, die das Publikum mit lautem Applaus belohnt.

Feuer, Feuer, Feuer

Danach geht es zu Rammstein. Wie erwartet ist das Zeppelinfeld proppenvoll. Man spürt die Vorfreude auf die wohl bekannteste deutsche Band. Die Zuschauer werden nach einem einminütigem Countdown reichlich entlohnt: Mit lautem Feuerwerk starten die Berliner ihr 90-minütiges Set, in dessen Lauf sie gefühlt eine Tonne Pyro verfeuern. Von einer gigantischen Lichtshow untermalt, spielen Rammstein alle bekannten Songs wie "Du hast", "Amerika", "Engel", "Keine Lust" und viele mehr.

Zu gigantisch

A Propos Gigantomanie: Gerade aufgrund der riesigen Menge an Pyro-Material und des enormen Bühnen-Zubehörs war es leider nicht möglich, die Rammstein-Show von Freitag bei Rock Am Ring nachzuholen. Bereits um drei Uhr in der Nacht zum Sonntag (!) wurden die Rammstein-Gerätschaften in Nürnberg angeliefert.

Der Abbau bei Rock im Park und der Wiederaufbau am Nürburgring in derselben Nacht wären demnach ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Der Aufwand lohnt sich jedenfalls. Die Bühnenshow auf dem Zeppelinfeld sorgt für pure Euphorie. Auf ein Statement von Rammstein bezüglich der Terrorwarnung, von der gerade sie betroffen waren, wartet man allerdings vergebens.

In guter Hoffnung

Von den drei Festivaltagen bleiben schöne Erinnerungen zurück, wenn auch mit kurzem Dämpfer aufgrund der Terrorwarnung bei Rock Am Ring. Wir freuen uns jedenfalls auf das nächste Jahr, in dem hoffentlich sowohl im Park als auch am Ring gänzlich ohne Zwischenfälle gefeiert werden kann. 

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