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Anna Depenbusch (live in Mannheim, 2017) © Mathias Utz

Die grazile Hamburgerin stellt in Mannheim ihr fünftes Album vor. Dabei überzeugt sie mit einer brillianten Begleitband und einer homogenen, zweistündigen Werkschau ihres bisherigen Schaffens.

Anna Depenbusch hat nach dem Verkauf ihrer Plattenfirma verhältnismäßig lange gebraucht, um den Nachfolger ihrer beiden Erfolgsplatten "Die Mathematik der Anna Depenbusch" aus dem Jahr 2011 und "Sommer aus Papier" von 2012 an den Start zu bringen.

Neustart mit "Alphabet"

Der Neustart mit "Das Alphabet der Anna Depenbusch" fällt auf Tonträger schwieriger aus als bei der sehr gelungenen Livepräsentation im altehrwürdigen Mannheimer Capitol. Die Chansonnette stellt selbstbewusst zehn neue Songs in den Mittelpunkt der Show.

Dabei überzeugen vor allem das tiefgehende "Frauen wie Sterne", das euphorisch-aufgekratzte "Alles über Bord", der weltmusikalische Einfluss von "Kopf frei" und "Fürimmersekunde", bei der laute 80s- Gitarren auf donnernde Drums treffen und an die Simple Minds während ihrer "Street Fighting Years"-Phase erinnern.

Starke Begleitband

Keine Frage, die Hamburgerin hat ihren Sound erweitert und das charmant-leichte Chanson der ersten Platten um griffigeren Pop erweitert. Live funktioniert das mit dem BAP-Musikerehepaar Anne de Wolff an Blasinstrumenten und Geige sowie Ehemann und Gitarrist Ulrich Rode sehr gut.

Der ebenfalls von Niedeckens BAP ausgeliehene Sönke Reich sorgt mit homogenem Schlagzeugspiel, bei dem sogar eine Schreibmaschine zum Einsatz kommt, zusammen mit Bassist Oliver Karstens für die nötige Erdung der Songs. Zusammen lässt die Band die oftmals maritimen und von Hamburg geprägten Stücke der Protagonistin unter einer Zirkuskuppel aus Lichtern noch heller strahlen.

Eine gewachsene Künstlerin

Anna Depenbusch ist mit lindfarbener Bluse inkl. Schleife, blauem 50s-Rock und Pferdeschwanz der Inbegriff einer anachronistischen Künstlerin. Sie transportiert wunderbar aufrecht und elegant die Haltung und Leichtigkeit ihrer Popchansons.

Egal ob sie mit dem Start in das Konzert und "Madame Cliquot" Tangoklänge anstimmt, bei "Astronaut" solo am Klavier mit prächtigen Metaphern Tiefgang erzeugt oder sich nach dem tieftraurigen "Kommando Untergang" dankbar vor ihrer Entdeckerin Ina Müller verneigt – die 39-Jährige ist mit größter Selbstdisziplin immer Herrin der Lage.

Sie versprüht Charme, wenn ihr "Ilse Werner Pfeifen" aus dem Takt gerät oder sie bei den Ansagen und Geschichten zwischen den Songs kichert wie ein kleines Mädchen. Man merkt ihr den Spaß an der eigenen Musik an und ihre glockenklare Stimme stellt sie gekonnt im den Mittelpunkt.

Ein vielfältiges Programm

Die Sängerin und Multiinstrumentalistin spielt nur von der Ukulele begleitet "Tretboot nach Hawaii", dem alten Sehnsuchtsort der 1950er und nötigt den Männern im Saal bei "Cowboy" einen Gesangseinsatz ab. Dazu jongliert sie bei "Wenn du nach Hause kommst" wunderbar mit dem alten Bluesschema, dass es Lokalmatadorin Joy Flemming eine Freude gewesen wäre.

Depenbusch greift bei "Engel" auf ihr erstes Album aus dem Jahr 2005 zurück und arrangiert den Song aufbrausend und dramatisch inklusive eines rockenden Schlussteils von Uli Rode an der Gitarre.

Finale und Fazit

Das relativ junge Publikum im Capitol ist vollends angetan und erhält vier Zugaben, bei der besonders "Tim liebt Tina" und "Benjamin" für größte Freude sorgen. Die Sängerin verabschiedet sich unter stehenden Ovationen vom Mannheimer Publikum.

Am Ende verfestigt sich der Eindruck, dass sich Anna Depenbusch zur festen Größe im deutschsprachigen Popchanson entwickelt hat und sie ihr Mannheimer Publikum gekonnt auf eine musikalische Zeitreise der letzten 50 Jahren mitnimmt.

Setlist

Madame Clicquot / Alphabet / Immer wenn / Schönste Melodie / Kopf frei / Sommer aus Papier / Liebe kaputt / Astronaut / Wenn du nach Hause kommst / Tanz mit mir (Haifischbarpolka) / Frauen wie Sterne / Du und die Nacht / /Cowboy / Was wäre wenn / Fürimmersekunde / Stadt Land Fluss / Engel / Kommando Untergang / Alles über Bord / Zugaben: Tim liebt Tina / Glücklich in Berlin / Tretboot nach Hawaii / Benjamin

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