Seit über einem Jahrzehnt touren die aus Funk und Fernsehen bekannten Castingshow-Juroren Xavier Naidoo, Rea Garvey und Sasha mitsamt Comedian Michael Mittermeier mittlerweile als “Rat Pack“-Hommage Alive and Swingin‘ in unregelmäßigen Abständen durch die Lande.

Aktuell ist es einmal wieder soweit. Vor vielen ausverkauften Häusern will das Quartett das Las Vegas der Ära von Frank Sinatra, Dean Martin und Co. in ihrer ganz eigenen Interpretation neu aufleben lassen, so auch am ersten ihrer vier Konzertabende in der Frankfurter Jahrhunderthalle.

Komischer Einstieg

Den Anfang macht der Komiker. Mittermeier darf als eine Art "Anheizer" die Joey Bishop-Rolle des "unbekannten Comedians" zwischen drei Gesangsstars bekleiden und das Publikum zunächst im Alleingang entsprechend auf den Abend einstimmen. Dazu bedient er sich Witzen über das Reality-TV-Format "Frauentausch", das Thema 500 Jahre Reformation und macht sich über seine Mitstreiter lustig. So nennt er Naidoo ein "Alien vom Planeten Mannheim" und bezeichnet Garvey als "Gesangs-Chewbacca". Das kann man lustig finden, muss es aber nicht unbedingt.

Für Mittermeier-Fans mag der Anfang vielleicht funktionieren. Man darf sich aber bereits an dieser Stelle fragen, ob etwas weniger an dieser Stelle nicht deutlich mehr gewesen wäre. Es dauert nämlich eine gefühlte Ewigkeit, bis die drei Sänger endlich zu den von der Tobias Kremer Big Band formidabel zum Besten gegebenen Klängen von "Ain’t That A Kick In The Head" gemeinsam die Bühne betreten. Wer jetzt denkt, ab sofort würde es mit viel Esprit weitergehen, sieht sich allerdings getäuscht. Das deutsche "Rat Pack" verfängt sich in allzu viel Gequatsche und albernem Klamauk.

Ein Königreich für schlechte Witze

Was die vier komödiantisch zum Besten geben, lässt sich über weite Strecken gut und gerne in die Rubrik "Altherrenwitze" einordnen. Rea Garvey kommt dabei die Rolle des armen Tropfs zu, der von seinen Freunden wegen seiner Deutschkenntnisse und seiner irischen Herkunft immer wieder auf die Schippe genommen wird. In den ersten Momenten mag das vielleicht noch ganz amüsant sein. Die Routine nutzt sich wegen ihrer ständigen Wiederholungen jedoch recht schnell ab. Gleiches gilt für Mittermeiers Stand-up-Einlagen, von denen man vieles irgendwo schon einmal gehört hat.

Auf der Strecke bleibt dabei an diesem Abend leider die Musik. Prinzipiell ist es ja kein schlechtes Konzept, die einzelnen Stücke durch Anekdoten oder komische Schlagabtausche einzuleiten. Wenn es aber bei einer Swing-Revue etwa eine halbe Stunde dauert, bis es den zweiten Song zu hören gibt, darf man das durchaus fragwürdig nennen. Da helfen dann auch Klassiker wie "Fly Me To The Moon", "Something Stupid" und "That’s Amore", bei dem alle vier gemeinsam zum Mikrofon greifen, nicht viel, wenn sie ein aufs andere Mal von deutlich zu lang gezogenen Dialogen unterbrochen werden.

Spione wie wir

Im Anschluss begibt sich das Alive and Swingin‘-Quartett auf gefährliche Mission, indem sich jeder von ihnen nacheinander dem Titelsong eines James Bond-Films widmet. Eröffnet wird der bunte Reigen von Rea Garvey, der sich Adeles "Skyfall" greift und damit nicht gerade die beste Wahl trifft. Er lässt nämlich den markantesten Moment des gesamten Stücks, die hohe Note, aus und raubt dem Lied dadurch viel seiner ursprünglichen Energie. Xavier Naidoos darauffolgende Interpretation von "Goldfinger" hingegen passt da schon deutlich besser zum Timbre des Mannheimers.

Das 007-Medley steigert sich mit Sasha und seiner Version von Paul McCartneys "Live & Let Die" weiter, eignet sich der beschwingte Song doch bestens für das Motto des Abends und die Stimme des Soesters. Der Höhepunkt dieses Teils der Show bildet aber Mittermeiers ganz eigene Fassung von "Another Day To Die", zu der der bayrische Komiker in einem Frauenkleid einem eigens dafür auf die Bühne gekarrten, überdimensionalen Fabergé-Ei entsteigt. Vom Publikum begeistert aufgenommen, endet damit die bestenfalls als durchwachsen zu bezeichnende erste Hälfte von Alive and Swingin‘.

 

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Nach der Pause darf Michael Mittermeier die Zuschauer zunächst wieder im Alleingang auf den Rest des Abends vorbereiten. Dann kommen die drei Sänger auf die Bühne zurück und liefern mit Rea Garveys "Can’t Take My Eyes Off You", Sashas "It’s Not Unusual" (Sasha) und Xavier Naidoos “(Your Love Keeps Lifting Me) Higher & Higher“ einen fulminanten Dreischlag zum Einstieg in den zweiten Teil, den das Publikum mit Standing Ovations quittiert. Nach Mittermeiers gar nicht einmal schlechter Version von "Ghost Riders In The Sky", denkt man: Warum nicht gleich so?

Leider verfallen die vier danach wieder in bekannte Verhaltensmuster und halten sich erneut mit zu viel Gerede und zu wenig Musik auf. Eine gelungene a capella-Interpretation des irischen Volksliedes "Danny Boy" durch Rea Garvey ist das Einzige, das die gefühlte Ewigkeiten andauernden Dialoge zunächst kurzzeitig unterbricht, bevor sich Xavier Naidoo und Sasha mit einer beswingten Fassung von "Über den Wolken" auf das Terrain der deutschen Liedermacher begeben und der Sänger aus dem Ruhrpott mithilfe einer Nickelbrille – zugegebenermaßen durchaus gelungen – Reinhard Mey imitiert.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Die auf eine nicht einmal schlechte Darbietung von "That’s Life" folgenden Komikeinlagen glücken dagegen nur teilweise. Sashas Nachahmung von Udo Lindenberg bei seinem eigenen Lied "Believe" funktioniert noch ganz gut, Mittermeiers Versuch, Jan Delay nachzuäffen, und in Naidoos Stücken schweinische Botschaften à la "Wenn ein Glied Deine Lippen verlässt…" oder Garveys Songtiteln Deutsches wie "Oma Love" zu finden, allerdings eher weniger. Diesen Exkurs hätte man sich, ebenso wie das fingierte Laserschwertduell zwischen ihm und Sasha, getrost schenken können.

Das Publikum nimmt diese Blödeleien dennoch begeistert zur Kenntnis und lacht, was das Zeug hält. Für die gewünschte Zielgruppe funktioniert die Revue scheinbar also, wie ja auch die Ticketverkäufe für die Tour eindrucksvoll demonstrieren. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich das deutsche Rat Pack den besten Teil ihrer Show für das Ende aufgespart haben. Unter dem von einer ihrer Castingshows abgeleiteten Motto "Swing My Song" greift sich jeder der drei Sänger ein Lied der jeweils anderen und interpretiert es nach seinem jeweiligen Geschmack neu.

Versöhnliches Finale

Sasha beginnt mit der von Mittermeier noch kurz zuvor verspotteten Rea Garvey-Nummer "Wild Love" und sieht dabei den Komiker kurz im heruntergekommenen Jogginganzug über die Bühne huschen. Xavier Naidoo nimmt sich Sashas "We Can Leave The World Behind" vor. Als dann der Ire Garvey seine Version von "Ich kenne nichts (das so schön ist wie du)" beendet hat, steht das Publikum beinahe geschlossen auf, genau wie beim von allen gesungenen Finale, dem durch Sinatra berühmt gewordenen Titelstück aus Martin Scorseses Musical "New York, New York".

Was am Ende einer nach Abzug der Pause etwa zweieinhalbstündigen Show bleibt, ist viel verschenktes Potential. Denn Alive and Swingin‘ hätte so viel mehr sein können. Den Fokus auf altbackene Komik zu setzen, war sicherlich nicht die glücklichste Entscheidung. Die musikalische Qualität der Beteiligten steht nämlich außer Zweifel. Leider geht sie inmitten schlechter Witze, die den Trumpisten gefallen und Frauenrechtler die Zornesröte ins Gesicht treiben dürften, zu sehr unter. Hartgesottenen Fans der vier Männer dürfte sie aber vermutlich dennoch zusagen. Restkarten für die übrigen Shows in der Jahrhunderthalle sind noch erhältlich.

 

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