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In Flames (live in Offenbach, 2017) © Leonard Kötters

Die Melodic-Metal-Schwergewichte In Flames laden im ausverkauften Capitol in Offenbach in ihr kuscheliges Wohnzimmer ein und stellen dabei ihre Fans auf eine harte Geduldsprobe.

Stellt euch vor, ihr sitzt in einem Rennwagen, brettert die Autobahn mit 200 Sachen entlang und plötzlich wird eure Fahrfreude von einer Spielstrasse mitten auf der Autobahn unterbrochen. Exakt so fühlt sich das "In Our Room"-Konzert zum zwölften Studioalbum "Battles" von In Flames im rappelvollen Capitol Offenbach an. Da hilft auch der schnittigste Rennwagen nicht.

"It will be different from what you've seen before", lässt In Flames-Frontmann Anders Fridén verlauten. Ja, anders ist es definitiv. Dabei fängt der Abend sehr vielversprechend an...

Willkommen im Wohnzimmer

Als sich der Vorhang lüftet, könnte man meinen, gleich taucht Tim Bendzko auf: gemäß dem Tournamen "In Our Room" ist die Bühne mit Teppich, Sofa und Sesseln, ein paar Lampen und einem Kühlschrank wie eine Wohnung dekoriert. In der Ecke betätigt sich ein Maler, dessen während des Konzerts entstandenes Werk für Charity-Zwecke beim Merch versteigert wird. Ziemlich coole Idee, aber wo bleibt der harte Metal?

Statt einer Vorband wird die wartende Meute von einem Streicherquartett inklusive In Flames-Medley begrüßt, bis die Band endlich selbst in "ihrem Wohnzimmer" steht und den Abend mit dem brachialen "Alias" eröffnet.

Brett bleibt Brett

Vorne weg: In Flames klingen live deutlich druckvoller als auf Platte und überzeugen durch spielerische Raffinesse und den nötigen Pop-Appeal, um nachhaltig beim Hörer im Kopf zu bleiben. Das massive "All For Me", Dampfhämmer wie "The Quiet Place", "Come Clarity", "Cloud Conntected" und natürlich der "Clayman"-Klassiker "Only For The Weak" lassen jedes metallische Herz höher schlagen.

Auch das Licht in Kombination mit den Nebelschwaden – mal schummrig-düster, mal mit aggressiven Spots und Strobo-Effekten – kommt passend zum Einsatz. Wenn da nicht dieses gewöhnungsbedürftige Wohnzimmerkonzept wäre...

Stop talking, play music!

Fannähe ist wichtig, keine Frage. Das dachten sich auch In Flames. So wird auf jedem aktuellen Tour-Konzert mitten im Set ein Fan inklusive Begleitung auf die Bühne geholt. Dieser darf vom gemütlichen Sofa aus seinen Idolen beim Musizieren zuschauen, uninteressante Fragen mit alberner Helium-Stimme stellen, den Bier-Kühlschrank mit der Band plündern und bekommt obendrauf ein Akustik-Set gewidmet (die "Hurt"-Misshandlung lassen wir unkommentiert).

Neu-Schlagzeuger Joe Rickard und Neu-Basser Håkan Skoger haben jedenfalls fünf komplette Songs lang Pause, was einem Drittel des Konzertes entspricht. Zeit zum Bier holen haben aber nicht nur die Bandmitglieder reichlich.

Der Akustikblock zieht sich durch zusätzlichen, meist belanglosen Small-Talk inklusive einzelner Vorstellungen der Streicher (ja, die haben einen guten Job gemacht) und mehr oder weniger gelungener Versionen der eigenen Songs wie Kaugummi und strapaziert die Nerven der Metaler. Gut gemeint ist eben nicht immer gut.

Auf Sparflamme

Da wirkt "Come Clarity" in voller Besetzung im Anschluss wie ein Befreiungsschlag. So lassen In Flames mit dem "Battles"-Track "Wallflower" am Ende doch nochmal die Metal-Muskeln spielen und entlassen ihr Publikum ohne Zugabe in die Offenbacher Nacht.

"Wenn ich gewusst hätte, dass das eine Spoken-Word-Show ist, hätte ich die Nacht damit verbracht, Tauben im Park zu füttern.*", echauffiert sich ein Fan auf der Facebook-Seite der Band. Mit ihrem Wohnzimmerkonzept haben sich In Flames keinen Gefallen getan und sich als grandiose Liveband selbst ausgebremst. Das Feuer lodert noch, aber auf Sparflamme springt der Funken eben nicht über!

Setlist

Alias / Before I Fall / All For Me / Moonshield / The Jester's Dance / Only For The Weak / Like Sand / In My Room / Hurt / Through Oblivion / Dawn Of A New Day / Come Clarity / The Truth / Paralyzed / Cloud Connected / The Quiet Place / The End / Wallflower

*"If I had knewn before that this is a spoken words show, I would have spent the night feeding pigeons in the park."

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